Bob-Seriensieger im Wintersport-Podcast "Bis Cortina alles zerrocken" - Friedrich/Margis und der große Hunger
Rekord-Weltmeister, Weltcupsieg-Rekordhalter und Gesichter des deutschen Bobsports: Francesco Friedrich und Thorsten Margis haben eine beeindruckende Karriere hinter sich. Der Fokus des Duos liegt dennoch klar auf den kommenden Zielen. Im Sommer-Special des Wintersport-Podcasts sprechen die beiden über die laufende Saisonvorbereitung, aktuelle Herausforderungen und über die Zukunft des Bobsports.
Sportschau: Francesco Friedrich, du hast im Februar bei uns am Mikrofon gesagt, dass du im Vergleich zum Vorjahr besser vorbereitet in die Saison starten willst. Die Sommer-Vorbereitung ist voll im Gange. Wie sieht es aktuell aus?
Francesco Friedrich: Es sieht alles gut aus. Wir haben auf unserer Heim-Bahn in Riesa ziemlich gut geschoben. Da trainieren wir im Sommer und schieben so ein Gestell, das so aussieht wie ein Bob, aber auf Schienen fährt. Da läuft es schon ziemlich gut.
Die letzte Saison war ja auch aufgrund deiner Verletzung etwas schwierig. Ist das noch im Hinterkopf oder hakt man das direkt ab?
Friedrich: Das muss man abhaken. Das ist halt passiert, das war ein Muskelfaseriss, der ist aber komplett abgeheilt. Deswegen konnte ich im Mai wieder gut ins Training einsteigen. Das Bein hat natürlich am Anfang nicht die gleiche Leistung wie das linke Bein gehabt. Aber das ist mittlerweile komplett ausgeglichen und ich merke da keinen Unterschied mehr.
Du hast mal gesagt, Bob ist ein Drittel Start, ein Drittel Fahrt und ein Drittel Material. Wie sieht diese Verteilung im Sommertraining aus? Unterscheidet sich das vom Winter?
Friedrich: Das Training macht man sowieso, das ist im Sommer aber die Hauptaufgabe. Und das ist auch im Winter die Hauptaufgabe, da kommen dann aber die Materialgeschichten noch dazu. Im Sommer kümmern wir uns den ganzen Tag um unseren Körper.
Was die Zukunft des Bobsports angeht, hast du dich in der Vergangenheit häufig besorgt gezeigt - warum?
Friedrich: Es ist ja allgemein so, dass, außer beim Fußball, zu wenige Sportler da sind. Und wir sind eine Quereinsteiger-Sportart. Wenn in den Sportarten, aus denen dann Athleten zu uns wechseln, schon zu wenig da sind, kommen natürlich auch weniger bei uns an. Dann haben wir das Thema mit der Klimaerwärmung. Wir fangen jetzt erst im November an, weil die Energiekosten im Oktober zu hoch sind. Und so haben wir ganz viele Punkte - und wir müssen aufpassen, dass es den Sport vielleicht so bald nicht mehr gibt.
Es werden neue Bahnen gebaut, die dann zum Teil nicht mehr gefahren werden, weil die Spiele zuletzt immer in utopischen Regionen waren, wo vorher noch kein Wintersport gemacht wurde. Jetzt müssen wir gucken, wie wir den gesamten Leistungssport in eine nachhaltige Schiene bekommen. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg. Mit Cortina bei den nächsten Olympischen Spielen sind wir in einer Wintersportregion. Und ich denke, dass auch der Herr Bach (IOC-Präsident, Anm. d. Red.), mit dem wir geredet haben, so langsam begriffen hat, dass das so nicht weitergehen kann.
Und mit der Vermarktung ist es im Bobsport ebenfalls schwierig ...
Thorsten Margis: Ja, das ist klassisches Klinken putzen.
Friedrich: Ja genau. Es ist erst zwei, drei Mal passiert, dass wir eine E-Mail bekommen haben, dass uns jemand unterstützen würde. Es ist viel Arbeit. Wenn man jemanden kennenlernt und den begeistern kann, dann entsteht eine Partnerschaft. Aber wenn jemand einen gar nicht kennt, ist das ganz, ganz schwer.
Seriensieger: Pilot Francesco Friedrich (l.) und Anschieber Thorsten Margis
Thorsten, du hast dich vor Jahren schon als krankhaft ehrgeizig bezeichnet. Wie äußert sich das?
Margis: Man macht halt Abstriche. Man hat den Fokus auf das, was man erreichen möchte. Andere Dinge stehen dann hinten an, die bei anderen nicht hintenanstehen würden. Das ist eher das, was ich mit 'krankhaft ehrgeizig' meine. Das kennt aber mein Umfeld - und wenn es in Richtung Olympische Spiele geht, dann ist der Plan festgelegt und dann gibt es nichts anderes.
Friedrich: Im Leistungssport ist der Zeitraum, in dem Körper und Geist die Leistung erbringen können, wirklich begrenzt. Und wenn man die Zeit nicht zu 110 Prozent nutzt, ärgert man sich später wahrscheinlich enorm.
Margis: Ich bin mir auch sicher, dass wir diese Erfolge nicht feiern würden, wenn wir nicht so wären. Das habe ich schon bei vielen erlebt, die weit mehr Talent hatten als ich. Die haben es dann aber doch nicht geschafft. Und so muss man hart arbeiten. Ich bin zwar ganz gut, aber es gibt viele, die mehr Talent haben und vielleicht auch besser gewesen wären, aber da hat es dann vielleicht in der Einstellung gefehlt.
Friedrich: Hansi (Johannes Lochner, Anm. d. Red) ist auch ein begnadetes Pilotentalent. Aber zum Höhepunkt hatte ich das Momentum meistens auf unserer Seite. Aber von dem fahrerischen Talent ist, glaube ich, Hansi ein ganzes Stück über mir. Ich erarbeite mir das immer.
Margis: Die Olympischen Spiele in Peking hätte Hansi eigentlich gewinnen müssen. Aber in den Momenten, in denen es drauf ankam, haben wir es wieder hingebogen.
Was sind eure Ziele für eure restliche Karriere?
Margis: Ich habe den Wunsch, dass wir jetzt drei Jahre verletzungsfrei bis Cortina alles zerrocken (lacht).
Friedrich: Man guckt von Jahr zu Jahr. In der nächsten Saison haben wir die WM in Winterberg. Das ist auch wieder ein riesiges Highlight für uns. Nächstes Jahr haben wir die WM in Lake Placid, wo es wieder ganz anders zur Sache geht. Der Blick geht die ganze Zeit nach Cortina (zu den Olympischen Spielen 2026, Anm. der. Red.), aber man hat die zwei großen Abschnitte dazwischen.
Und Doppel-Gold wäre bei Olympia nochmal schön, oder?
Friedrich: Auf jeden Fall. Und das hoffentlich mit ganz vielen Familien-Mitgliedern, Freunden und Sponsoren. Mit allen, die uns über so viele Jahre unterstützt haben. Weil jede Hand, die da irgendwann geholfen hat, war die ganze Zeit wichtig.
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