Volleyball-Olympiasiegerin Sarah Fahr Italienisches Gold mit deutschem Farbschimmer
Alle Wege führen nach Rom. Der von Sarah Fahr sogar bis in den Quirinals-Palast zum Präsidenten der italienischen Republik Sergio Mattarella. Am vergangenen Wochenende wurde sie dort wie das gesamte Olympia-Team Italiens vom Staatsoberhaupt empfangen und für die sportlichen Leistungen bei den Olympischen Spielen in Paris geehrt. In ihrem Fall war diese Leistung sogar überragend: Sie holte mit dem Volleyball-Team Italiens sensationell Gold. Ein wenig schimmern im Edelmetall aber auch die deutschen Farben durch: Sarah Fahr erblickte im fränkischen Kulmbach das Licht der Welt.
Im September 2001 kam ihre Mutter von Elba für etwa zwei Monate zur Geburt und die ersten Lebenswochen der da noch kleinen Sarah nach Kulmbach. Deswegen, weil dort Sarahs deutsche Großeltern leben.
Auch, wenn es im selben Jahr noch zurück geht auf die Insel, auf der der aus Kiel stammende Vater als Skipper arbeitet: Sarah hat eine sehr starke Bindung zu Deutschland sowie Oma und Opa: Als Kind verbringt sie jeden Sommer und die großen Feste wie Ostern und Weihnachten in Oberfranken. Sie lernt spielerisch beide Sprachen. Und sicher auch beide Mentalitäten. Ihr Großvater – selbst Sportlehrer – ist es auch, der bei Sarah das Interesse am Sport weckt. Zuerst schwimmt sie, dann wird geturnt, Pferdecamps stehen auch auf der Tagesordnung.
Erster Profivertrag in Florenz
Volleyball beginnt Sarah Fahr mit zehn. Ihre Eltern sind mittlerweile von Elba aufs Festland nach Piombino gezogen. Dass das genau ihre Sportart ist, wird schnell klar. Trainerinnen und Trainer erkennen ihr Talent, sie durchläuft Auswahlteams, schaffte es ins Juniorinnen-Nationalteam Italiens. Eine der Voraussetzungen dafür, nämlich einen italienischen Pass zu haben, erfüllt sie mit 13. "Das war auch das Alter, ab dem ich Profispielerin werden wollte", sagt sie. Und ab da verfolgt sie ihr Ziel ehrgeizig: "Wenn ich etwas mache, mache ich es mit vollem Elan!"
In dieser Zeit verlässt sie ihr Zuhause und geht nach Novara. Kein leichter Schritt. Ihr Leben besteht aus Volleyball und Schule. Schnell wird sie besser, spielt zweite Liga, dann erste. Mit 17 der Sprung ins Nationalteam, quasi zeitgleich der erste Profivertrag in Florenz - und das in der vielleicht besten Liga der Welt. "Volleyball ist in Italien enorm beliebt. Viel mehr als in Deutschland. Vor allem bei den Frauen. Die besten Spielerinnen kommen nach Italien, die Arenen sind voll", sagt Fahr, die parallel zum Sport ihr Abitur schafft.
Volleyballerin Sarah Fahr jubelt
Comeback nach doppeltem Kreuzbandriss
2020 – nach nur einem Jahr in Florenz – wechselt sie zu Conegliano. Mit Conegliano gewinnt sie so gut wie alles. Bis auf die Klub-WM. Trotz aller Erfolge: Ihre Karriere hängt am seidenen Faden: Zwei Kreuzbandrisse im selben Knie kurz nach den Olympischen Spielen in Tokio 2021setzen sie über anderthalb Jahre außer Gefecht: Zwischen Riss eins und zwei liegen nur vier Spiele. Manche wollen oder müssen in einem solchen Moment ihre sportliche Laufbahn beenden. Sie schafft das Comeback und den Sprung auf den Olympia-Zug mit dem italienischen Team, das bis dahin fast alles gewonnen hat. Nur Gold bei den Spielen nicht.
Das wurde jetzt nachgeholt. Und wie! Alle Spiele gewonnen, nur einen einzigen Satz verloren. Das Finale gegen die USA endet in drei Sätzen. Gold. Und Sarah Fahr hat auch ihren großen Moment: Im Halbfinale gegen die Türkei sorgt sie hintereinander für genau die drei Punkte, die zum Matchball führen: Zwei Blocks und ein Smash - in der absoluten Crunchtime.
Gold: Eine Bestätigung für alles
"Es war ein unfassbarer Moment! Die Medaillenübergabe, die italienische Hymne mit geschlossenen Augen: Einerseits ein Moment zum Genießen. Aber mir lief auch der ganze Film meiner Karriere wie im Zeitraffer vor Augen ab und es machte sich ein ganz starkes Gefühl breit: Alles hat sich gelohnt!" Seitdem hat Sarah Fahr kaum mehr eine freie Minute. Medienrummel, Ehrungen, erst in Paris, dann in ganz Italien. Von den zehn Tagen Urlaub kurz nach den Spielen, blieben nur zwei, drei Tage Wandern in den Bergen übrig. Nur da blieb sie mit ihrem Freund halbwegs unerkannt. Aber sie freut sich darüber: "Das ist eine Bestätigung für alles!"
Und jetzt: Die Saisonvorbereitung ist so gut wie zu Ende. Am Wochenende geht's wieder los. Erst der Super Cup, dann eine Woche später der Liga-Auftakt. "Fünf Titel sind in dieser Spielzeit zu vergeben. Wir wollen alle gewinnen." Sarah Fahr schielt vor allem auf zwei Titel: Die Klub-WM und die WM mit der Nationalmannschaft. Die beiden einzigen Trophäen, die ihr noch fehlen. Ob sie sich eine Rückkehr nach Deutschland vorstellen kann? "Sportlich sicher nicht", so die Olympiasiegerin. Aber nach der Karriere kann das schon sein. "Chissà", lächelt sie. Und das heißt: Wer weiß.