Alexander Zverev beim Training

Comeback bei Australian Open Alexander Zverev - harte Arbeit gegen die Zweifel

Stand: 14.01.2023 12:05 Uhr

2022 schied er als hoch gehandelter Titelfavorit überraschend früh aus. Dieses Jahr sind die Erwartungen an Alexander Zverev bei den Australian Open in Melbourne nach langer Verletzungspause ungleich niedriger. Der Fokus vor dem Start liegt auf harter Arbeit.

Von Jannik Schneider, Melbourne

Rafael Nadal ist ein guter, wohlmöglich der beste Ratgeber in der gesamten Sportwelt, wenn es um die richtige Arbeitseinstellung geht. Wo der Mallorquiner am Rande von Grand-Slam-Turnieren trainiert, da tropft der Schweiß nicht nur, er fließt in Strömen. Und die Intensität der Trainingseinheiten sucht ihresgleichen.

Nur folgerichtig also, dass Zverev nach mehr als siebenmonatiger Verletzungsabstinenz auf der Anlage der Australian Open auch mit dem Spanier am Feinschliff für das erste Highlight des Tennisjahres arbeitete. Am Samstag (14.01.2023) absolvierte Zverev im drittgrößten Stadion der Anlage bereits die zweite Einheit mit Nadal seit der Ankunft in Australien. Am bislang heißesten Tag der Woche mit Temperaturen von bis zu 38 Grad schufteten beide ausgerechnet in der Nachmittagssonne. Nach intensiven Ballwechseln und Drills lagen der Fokus unter der Aufsicht von Nadal-Coach Carlos Moya und seinem Landsmann Sergi Bruguera, der an der Seite von Zverevs Vater nach der Verletzung wieder zurück im Team des Deutschen ist, auf dem Return und Aufschlagwiederholungen. Letzterer gehört noch zu den sportlichen Hauptbaustellen von Deutschlands bestem Tennisspieler und ist einer der Gründe, warum in diesen Tagen niemand wirklich etwas erwartet von Zverev.

Alexander Zverev bei einer Trainingseinheit

Zverev beim Training in Melbourne

Zverev-Verletzung: Das Drama von Paris

Mehr als sieben Monate ist es her, dass sich Zverev während eines Abnutzungskampfes auf Augenhöhe mit eben jenem Nadal im Halbfinale der French Open drei Bänder im rechten Sprunggelenk riss. Im Bruchteil einer Sekunde platzte nicht nur der Traum vom langersehnten ersten Grand-Slam-Titel. Noch schlimmer: Die Rückkehr im September beim Davis Cup in Hamburg verhinderte ein Knochenödem. Jetzt, vier Monate später am anderen Ende der Welt, sagt Zverev: "Ich habe damals wahrscheinlich zu viel getan, um zurückzukommen und mir die neue Verletzung eingehandelt."

Auf einen erneuten Formaufbau in Monte Carlo folgten vielversprechende sportliche Auftritte beim sportpolitisch umstrittenen Showevent in Saudi Arabien – in Dubai schlug er sogar Novak Djokovic. Unter der Anspannung von richtigen Tourmatches folgten beim United Cup in Sydney allerdings zwei klare Niederlagen.

Schmerzfreier Zverev: "Form kommt nur mit mehr Zeit"

Zverev ist dieser Tage in Melbourne zuversichtlich, dass er sich bereits auf einem höheren Level bewegt als noch in der Olympiastadt von 2000. Das wichtigste: Zverev ist "Down Under" schmerzfrei. "Meinem Fuß geht es gut, ich bin gesund. Meine Form ist noch nicht da, wo ich sie haben möchte. Aber die kommt nur mit mehr Zeit auf dem Platz", sagte der 25-Jährige im Interview mit der Sportschau. "Schön ist es, wieder da zu sein - um ehrlich zu sein. Natürlich habe ich die Tour vermisst. Natürlich möchte ich wieder auf dem Platz sein und mit diesen Spielern trainieren und spielen. Das ist etwas, was man als Sportler vermisst."

Zverev - "Ich bin gesund, das ist die Hauptsache"

Sportschau, 14.01.2023 11:40 Uhr

Das Interesse am offiziellen Medientag an dem Rückkehrer war groß. TV-Sender durften jeweils nur drei schnelle Fragen auf der wunderschönen Medienterrasse an der Rod-Laver-Arena stellen. Auf der offiziellen Pressekonferenz berichtete Zverev zuvor ausführlicher, dass sich seine Schläge am Anfang seiner Comebackversuche sehr gut angefühlt hätten.

Zverev: "Tempo ist nochmal ein ganz anderes"

"Aber es ist nochmal etwas ganz anderes, wenn man wieder mit den Jungs hier spielt. Das Tempo ist ein ganz anderes. Das realisiert man eigentlich gar nicht, wenn man davor immer die ganze Zeit da war, wie schnell das eigentlich auf dem Platz passiert."

Alexander Zverev bei der Pressekonferenz vor dem Turnier in Melbourne

Alexander Zverev bei der Pressekonferenz in Melbourne

Zverev trainierte diese Woche bis zu drei-, viermal täglich hart an der Form vergangener Tage mit bekannten Gesichtern wie Stan Wawrinka, Dominic Thiem, Daniel Altmaier und eben Nadal. Gute Phasen und Weltklasseschläge wechselten sich noch mit überhasteten Aktionen und einfachen Fehlern ab. Beim Aufschlag gab es Anzeichen leichter Verbesserungen. Während sein Vater mehr beobachtete, griff Bruguera fast minütlich ein. Der French-Open-Sieger von 1994 und 1995 korrigierte vor allem den Return und die Aufschlagbewegungen.

Kohlmann wirbt für Geduld

Was Zverev für den einstigen Status als Top-5-Spieler noch abgeht, sind Matches und die Gewissheit, dass jene Dinge, die in den Einheiten besser klappten, auch im Match abrufbar sind. "Nach so einer langen Pause ist es immer so, dass gewisse Sachen unter Matchdruck noch nicht funktionieren", erklärte Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann der Sportschau in Melbourne. Zverev mache einen durchweg positiven Eindruck in der Kabine. "Er war immer ein Spieler, der sich extrem gut bewegt hat. Er braucht die Sicherheit im Anlaufen und Rutschen", sagte Kohlmann und wirbt wie Zverev selbst ebenfalls um Geduld.

Zverev denke nicht mehr täglich an die Verletzung. "Meine Gedanken drehen sich eher darum, was ich verbessern kann und wie ich wieder in Form komme, was ich noch trainieren kann." Er sei sicher nicht in der Form von Paris. "In Paris hätte ich die French Open gewinnen können, hätte ich die Nummer eins werden können. Das heißt aber nicht, dass ich das nicht verändern kann, dass sich das nach ein paar Matches ändert und ich mich wohlfühle", erklärte Zverev, der in der ersten Runde auf den peruanischen Qualifikanten und Sandplatzspezialisten Juan Pablo Varillas trifft - ein auch in Zverevs Situation machbares Los.