US Open John Isner - der US-Aufschlagriese nimmt seinen Hut
Der letzte seiner Art macht nach den US Open Schluss: John Isner gilt als Aufschlagriese, den es in dieser Form sonst kaum mehr auf der ATP-Tour gibt.
So manch ein Tennisprofi dürfte nach dieser Nachricht erst einmal aufgeatmet haben. Denn mit John Isners jüngster Bekanntgabe, dass er nach den US Open in New York seine Tenniskarriere beenden werde, wird ein Spieler-Typus von der großen ATP-Bühne verschwinden, der so manchen Kontrahenten schier in den Wahnsinn getrieben hat.
Wenig Ballwechsel, kein Spiel-Rythmus, fast nur Return-Spiel. Für die allermeisten Profis eine echte Zumutung. Doch damit ist bald Schluss. "Nach mehr als 17 Jahren auf der ATP-Tour ist es Zeit, sich vom professionellen Tennis zu verabschieden", schreib Isner unter anderem auf der vormals als Twitter bekannten Plattform x.
In einem weltweiten Tenniszirkus, in dem seit einigen Jahren selbst auf dem "heiligen Rasen" in Wimbledon ständig ausdauernde Ballwechsel stattfinden, sind sogenannte Aufschlagriesen ohnehin eine aussterbende Spezies.
Deutliche Führung vor Karlovic
Isner ist - ohne ihm zu nahe zu treten - eines der imposantesten Exemplare dieser sehr speziellen Kategorie. Dazu zählen auch Spieler wie der US-Amerikaner Roscoe Tanner, der Engländer Greg Rusedski, die Kroaten Goran Ivanisevic und Ivo Karlovic, um nur einige zu nennen, die die gelbe Filzkugel regelmäßig mit mehr als 240 km/h über das Netz gedroschen haben. Aber Isner (schnellster gemessener Aufschlag: 253 km/h) hat diese Aufschlagstärke in seiner Karriere auf die Spitze getrieben.
Dem mittlerweile 38-Jährigen sind bis zu den US Open sage und schreibe 14.411 Asse - direkte Aufschlagpunkte ohne gegnerische Gegenwehr - gelungen. Damit führt er die Wertung mit deutlichem Vorsprung vor Karlovic (13.728) an, der seine Karriere bereits beendet hat.
Wie bedeutend diese Stärke für Isner ist, zeigte sich im Jahr 2017 beim ATP-Turnier im amerikanischen Newport. Er gewann ein Turnier, ohne auch nur einen einzigen Breakpunkt zugelassen zu haben. Diesen Rekord teilt sich Isner übrigens mit dem ehemaligen deutschen Weltklassespieler Tommy Haas, dem dieses Kunststück einst ebenfalls gelang.
Sieg gegen den besten Freund Zverev
Insgesamt 16 Tour-Titel konnte der Mann aus North Carolina, der einst über die Universität von Georgia in den Profizirkus eintrat, gewinnen. Über 22 Millionen US-Dollar hat der 2,08 Meter lange Mann mit der Schuhgröße 52 bislang an Siegprämien eingespielt. Seinen größten Erfolg feierte Isner, der es bis auf Platz acht der Weltrangliste brachte, gegen seinen wohl besten Freund im Tenniszirkus, Alexander Zverev.
Ist besonders für seine knallharten Aufschläge bekannt: John Isner
Im Jahr 2018 gewann er beim 1.000er-Turnier in Miami gegen den Deutschen, mit dem er zuvor über viele Jahre im floridianischen Tenniscamp in Saddlebrook - nur rund 500 Kilometer entfernt - gemeinsam trainierte. Zverev dankte Isner damals bei der Siegerehrung für viele gemeinsame Trainingsstunden "schon in der Zeit, als ich noch ein kleiner Bursche von zwölf Jahren war. Du warst so oft für mich da."
Für noch größere Erfolge wie einen Sieg bei einem der vier Grand-Slam-Turniere (Australian Open, French Open, Wimbledon, US Open) reichten die Fähigkeiten Isners aber dann doch nicht nicht aus. Seine Grundschläge sind grundsolide, aufgrund seiner Größe fehlt ihm allerdings die nötige Beweglichkeit, sich auf höchstem Niveau dauerhaft zu behaupten.
Noch ein Rekord
Und dennoch hat Isner in Wimbledon und auf der gesamten Tour für eine weitere Besonderheit gesorgt und Geschichte geschrieben. Im Jahr 2010 gewann Isner er im traditionsreichen All England Club den Marathon aller Spiele gegen den Franzosen Nicolas Mahut. Auch wegen des wechselhaften Wetters an drei Tagen ausgetragen, verließ Isner nach elf Stunden und fünf Minuten den Platz als überglücklicher Sieger.
Den letzten Satz, der allein 8:11 Stunden dauerte, gewann der US-Amerikaner mit 70:68 Spielen auf Rasenplatz 14. Das bis dahin längste Match aller Zeiten wurde 2004 in Roland Garros mit einer Dauer von 6 Stunden und 33 Minuten zwischen Fabrice Santoro und Arnaud Clément ausgetragen. "Dieses Spiel wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Es war im Tennis ein Erlebnis wie kein anderes", sagte Isner über seinen geschichtsträchtigen Triumph in London.
Was jetzt kommt? Ein völlig anderes Leben mit seiner Frau Madison McKinley und seinen vier Kindern. Aber zuvor wohl noch ein paar Asse auf den Hartplätzen der US Open.