Karel Geraerts (l.) und Marc Wilmots auf dem Trainingsplatz von Schalke 04 (Archivfoto)

Nach 3:5-Niederlage Schalke 04 trennt sich von Geraerts und Wilmots

Stand: 21.09.2024 11:30 Uhr

Fußball-Zweitligist Schalke 04 hat auf die sportliche Misere reagiert und seinen Trainer Karel Geraerts sowie Sportdirektor Marc Wilmots freigestellt.

Das teilte der Verein am Samstagvormittag (21.09.2024) mit. Am Abend zuvor hatte Schalke eine 3:0-Führung gegen Darmstadt 98 verspielt und ein 3:5-Debakel erlebt.

"Die Entscheidung des Vorstands, den Weg mit Karel Geraerts nicht fortzusetzen, beruht nicht allein auf den ausbleibenden Resultaten und der Niederlage gegen Darmstadt, sondern vielmehr auf der negativen Gesamtentwicklung der vergangenen Wochen", wird der Vorstandsvorsitzende Matthias Tillmann in der Vereinsmitteilung zitiert. "Taktisch und fußballerisch haben wir nicht die notwendigen Schritte gemacht, weder als Mannschaft noch mit Blick auf die Einzelspieler. Im Ergebnis stecken wir nach einem Drittel der Hinrunde im Tabellenkeller fest."

U23-Trainer Jakob Fimpel übernimmt die S04-Profis

Als Interimstrainer soll Jakob Fimpel, bisher Cheftrainer der Schalker U23, die S04-Profis betreuen. "Wir kennen seine Arbeit in der U23 seit langem sehr gut, er wird die Mannschaft gut auf die beiden Spiele vor der Länderspielpause vorbereiten", sagte Tillmann.

Schalke-Trainer Karel Geraerts (Archivfoto)

Karel Geraerts

Geraerts hatte den Posten im Oktober 2023 übernommen, in der Vorsaison belegte er mit Schalke in der 2. Bundesliga den zehnten Platz. In dieser Spielzeit holte S04 unter dem Belgier nur einen Sieg aus den ersten sechs Partien, Schalke steckt im Tabellenkeller. Dazu hatte jüngst ein öffentlich ausgetragener Streit zwischen Geraerts und Kaderplaner Ben Manga für Aufsehen gesorgt.

Nach Angaben der Schalker ist auch Geraerts‘ Assistent Tim Smolders freigestellt worden.

Trennung von Wilmots wegen unterschiedlicher Ansichten

Marc Wilmots, Sportdirektor des FC Schalke 04

Marc Wilmots

Das Aus von Wilmots kam durchaus überraschender als das seines belgischen Landsmanns. "In den vergangenen Wochen mussten wir feststellen, dass es unterschiedliche Ansichten darüber gab, wie und in welche Richtung wir den Fußball auf Schalke entwickeln wollen", sagte Tillmann. Eine gemeinsame Linie sei aus Sicht des Vorstands allerdings "elementar wichtig". Bis auf Weiteres übernehme Kaderplaner Ben Manga die sportliche Verantwortung.

Desolate Abwehrfehler gegen Darmstadt

Vier Punkte nach sechs Spieltagen in der 2. Fußball-Bundesliga - das ist ein neuer Negativrekord für den FC Schalke 04. Nach der 3:5 (3:1)-Niederlage in der eigenen Arena gegen Darmstadt 98, bei der die Schalker durch desolate Abwehrfehler eine Drei-Tore-Führung verspielten, ist die Stimmung am Berger Feld auf dem Tiefpunkt.

Karel Geraerts, der beim zwischenzeitlichen 3:0 von Ron Schallenberg für Schalke, das wegen eines Stromausfalls in der Gelsenkirchener Arena gar nicht im Fernsehen zu sehen war, noch groß jubelte, äußerte sich nach dem Spiel am Sportschau-Mikrofon kurz angebunden und ernüchtert: "Das Spiel war in der ersten Halbzeit sehr gut. Die zweite Halbzeit war das Gegenteil von gut." Inzwischen musste der 42-jährige Belgier gehen.

Schalke-Trainer greift zu Durchhalteparolen

Nach der denkwürdigen Abwehrleistung der Gelsenkirchener, die nun gemeinsam mit Braunschweig als einziges Team schon 16 Gegentreffer kassiert haben, bemühte Geraerts Durchhalteparolen: "Das ist Teil des Fußballs. Du gewinnst, du verlierst. Im Fußball ist mein Motto: Immer weitergehen - wenn es gut geht, aber auch, wenn es nicht gut geht." Der Druck sei bei einem großen Klub wie Schalke normal: "Das ist kein Problem für mich."

Angesprochen auf seine Person und den Umstand, dass nach Medienberichten die Spiele gegen Darmstadt und in Münster (Samstag, 20.30 Uhr) für ihn Endspiele seien, sagte der belgische Fußballlehrer der Sportschau: "Für mich war es kein 'Final Game'. Ich habe das Spiel genau wie alle anderen Spieler vorbereitet. Morgen ist ein neuer Tag für mich."

Auf der Pressekonferenz sagte er nachher auf die Frage, ob er das Gefühl habe, dass die entscheidenden Personen noch hinter ihm stünden: "Das ist eine Frage für den Kaderplaner, Aufsichtsrat oder andere Personen." Die Entscheidung, ob er im nächsten Spiel noch auf der Bank sitzt, sei nicht seine. Nun ist die Entscheidung schon gefallen.

Desolate Abwehrfehler bereiten Schalke Sorgen

Besonders in der S04-Abwehr krankt es, das zeigten auch die Gegentore gegen Darmstadt. Mal war ein individueller Fehler der Grund, mal die insgesamt heillose Unordnung im Schalker Strafraum.

Dabei sollte gerade die Abwehrbilanz eigentlich besser werden. In der nervenzehrenden letzten Saison, als Schalke auf den letzten Metern dem Abstieg in die Drittklassigkeit noch entging, hatten die "Königsblauen" bereits die fünftschlechteste Abwehr gestellt.

Die Hoffnung auf Besserung nährte im Sommer dann der neue Kaderplaner Ben Manga, der sich in Deutschland besonders bei Eintracht Frankfurt als Scout und Direktor Profifußball einen Namen gemacht hatte. Er krempelte Schalkes Kader um, holte einige junge Talente, auch für die Abwehr.

Geraerts verliert Streit mit Kaderplaner Ben Manga

Doch Geraerts ist offenbar kein Fan der Defensiv-Zugänge, die Manga an Land gezogen hat. Die jungen Innenverteidiger Felipe Sanchez und Martin Wasinski (beide 20 Jahre alt) spielten bislang keine Rolle, von Perspektivspieler Steve Noode (19) ganz zu schweigen.

Darüber war zuletzt öffentlich ein Streit entbrannt. Manga, dessen Philosophie es ist, junge Talente günstig zu verpflichten und dann für viel Geld weiterzuverkaufen, hatte den Einsatz der neuen Spieler gefordert: "Er hat Alternativen, er kann basteln." Geraerts konterte: "Ich gebe alles für Schalke, ich mache keine Politik."

Nun setzte Geraerts gegen Darmstadt erneut nicht auf die von Manga geforderten "Alternativen". Er wünscht sich stattdessen gestandene Spieler. Damit rechtfertigte Geraerts auch die Einsätze der Innenverteidiger Marcin Kaminski und Tomas Kalas: "Beide Spieler haben Erfahrung. Ich glaube, uns nützt in dieser Situation Erfahrung. Kalas hat über einen Monat nicht mit der Gruppe trainiert, aber für mich ist er ein sehr wichtiger Spieler in unserer Mannschaft."

Überhaupt standen in der Startelf mit Moussa Sylla, Amin Younes und Christopher Antwi-Adjej lediglich drei von 15 Neuzugängen, die Manga verpflichtet hat.