Ansagen auf dem Prüfstand SC Freiburg: Fanbeirat fordert sachlichere Stadionmoderation - und erntet dafür viel Kritik
Der SC-Fanbeirat hat sich eine zurückhaltende Stadionmoderation gewünscht. Die Stadionsprecherin passte ihre Ansagen an. Nicht alle Fans sind begeistert. Im Netz gibt es Kritik.
Es geht um Stilfragen und Rituale, die viele Fans umtreiben: Welche Ansage folgt auf ein Tor? Wie oft soll der Torschütze ausgerufen werden? Wie emotional soll die Ansprache sein? Über die Stadionmoderation bei Heimspielen des SC Freiburg hat sich eine Diskussion entfacht.
Vor einigen Monaten gab es dazu ein Treffen zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Vereins, des Fanbeirates sowie dem Stadionmoderator und der Stadionsprecherin. Bei dem Gespräch wurde seitens des Fanbeirates der Wunsch geäußert, die Stadionmoderation sachlicher zu halten. Seitdem tritt die Stadionsprecherin zurückhaltender auf, was einige Fans scharf kritisieren - unter anderem in Zuschriften und Kommentaren im Netz.
Sachlichere Stadionmoderation bei mehreren Heimspielen
Rückblick: DFB-Pokalspiel gegen den HSV im Europa-Park-Stadion Ende Oktober. In der 19. Minute köpfte Innenverteidiger Matthias Ginter den Sport-Club zum 1:0. Nach dem Führungstreffer rief Stadionsprecherin Julica Goldschmidt den Namen des Torschützen einmal, statt wie früher dreimal, aus. Sie folgte damit dem Wunsch des Fanbeirates aus dem Sommer, die Ansagen sachlicher zu gestalten. In dieser Saison bei Heimspielen gegen den VfB Stuttgart, den VfL Bochum und den FC Augsburg wurde dieser Stil bereits umgesetzt.
DFB-Pokalspiel gegen den HSV: Torschütze Vincenzo Grifo (SC Freiburg) jubelt nach seinem Tor zum 2:0. Die Stadionsprecherin sagte den Namen des Torschützen einmal durch.
SC-Fanbeirat lehnt anheizende Moderation ab
Das Thema "Stadionprogramm und Stadionmoderation" war laut Verein im Vorfeld der Saison Schwerpunkt der Fanbeiratssitzung am 3. Juli dieses Jahres. Dabei tauschten sich Stadionmoderator Stefan Mayer und Stadionsprecherin Julica Goldschmidt mit einigen Mitgliedern des Fanbeirates aus.
In einer Mitteilung des Sport-Clubs heißt es dazu: "Insbesondere ein „Anpeitschen“ des Publikums über die Stadionmikrofone werde abgelehnt. Explizit erwähnt wurde hierbei, dass der Torjubel über Heimtreffer den Fans überlassen werden sollte. Ein Torschrei über die Lautsprecher werde ebenso kritisch gesehen wie das dreimalige Ausrufen des Torschützen." Eine Stellungnahme mehrerer Fan-Zusammenschlüsse unterstreicht das Bedürfnis nach einer sachlicheren Stadionmoderation.
Mit dem Titel "Stimmung gestalten, statt konsumieren!" setzen sich die Corrillo Ultras, Immmer Wieder Freiburg, die SC Freiburg Fangemeinschaft e.V., die Supporters Crew Freiburg e.V. und die Synthesia Ultras 79 für zurückgenommene Ansagen ein: "Hier einen authentischen Weg zu finden und nicht in den Bereich der Animation oder des Anheizens zu rutschen, stellt mit Sicherheit die größte Herausforderung dar."
Teil der Fans will mehr Emotionen und "alte" Rituale
Die Meinungen zur nüchterneren Stadionmoderation gehen auseinander. Der Sport-Club gibt in einer vereinsinternen Mitteilung bekannt, dass er nach den vergangenen Heimspielen viele kritische Zuschriften erhalten habe. Auch in Foren, Instagram-Posts und E-Mails äußern Fans ihren Ärger. Ein User schreibt: "Ein Stadion ist doch kein Friedhof oder eine Bibliothek. Ich will dort eine stimmungsgeladene Atmosphäre vorfinden. Ich frage mich, wer sich etwas anderes wünscht!?" Ein anderer User meint: "U15 Volleyballer der FT oder Schach der SK Zähringen, Stimmung ist ja bald überall besser als beim SC".
Einige Fans kritisieren deutlich den Fanbeirat. Dieser sei nicht repräsentativ und könne nicht ganze (Meinungs-)Vielfalt der SC-Fans im Stadion abdecken. Ein Fan ist der Meinung: "Wenn sich der Verein von so einem woke-idealistischen Fanbeirat (von dem ich mich in keinster Weise vertreten sehe) dirigieren lässt, bin ich zukünftig andernorts, wo Stimmung und Emotionen noch gern gesehen sind und dazugehören, besser aufgehoben."
Zur Einordnung: Der Fanbeirat setzt sich den Angaben zufolge aus Vertreterinnen und Vertretern des Vereins, der aktiven Fanszene, der SC Freiburg Fangemeinschaft e.V. und diverser Fanclubs zusammen. Auch Vertreter für Menschen mit Behinderung sowie des sozialpädagogischen Fanprojektes Freiburg sind dabei. Insgesamt repräsentiert das Gremium rund 5.000 Menschen. Zum Vergleich: Der Sport-Club hat über 70.000 Mitglieder.
Um den gesamten Prozess "transparent zu schildern", sind Stadionbesucherinnen und -besucher derzeit eingeladen, sich am Meinungsbild zu beteiligen. Der Fanbeirat steht für Rückmeldungen unter der E-Mail-Adresse fanbeirat@scfreiburg.com zur Verfügung.
Wie geht es nun in Freiburg weiter?
Ob der Torschütze künftig immer dreimal genannt wird oder je nach Spielverlauf und -stand, bleibt unklar. Vertreter des SC Freiburg, der Fanbeirat und die Stadionsprecherin äußerten sich auf SWR-Anfrage nicht. Das Thema Stadionmoderation wird den Sport-Club aber voraussichtlich weiter beschäftigen und möglicherweise wird ein weiteres Treffen dazu stattfinden.
Sendung am Do., 7.11.2024 16:30 Uhr, SWR4 BW Studio Südbaden