Eisbären-Frauen Zwischen Zuschauerrekord und fehlenden Hallenzeiten

Stand: 16.11.2023 14:14 Uhr

Die Frauenmannschaft der Eisbären Berlin kämpft um Aufmerksamkeit. Während sie beim Doppelspieltag mit den Männern am Samstag auf einen Zuschauerrekord hoffen, wird die Entwicklung ihres Sports von strukturellen Problemen behindert. Von Till Oppermann

Laute Rufe, kratzende Kufen auf dem Eis und das dumpfe Geräusch, wenn eine Spielerin mit ihrem Schläger satt den Puck trifft: Das ist die Geräuschkulisse, wenn die Eishockeyfrauen der Eisbären im Wellblechpalast trainieren. Leider klingt es bei den meisten Spielen der Frauen ähnlich. Im Schnitt verirren sich nämlich nur ungefähr 150 hartgesottene Fans zu ihren Spielen in den "Welli". Richtig Lärm können die nicht machen, Kulissen wie bei den Herren sind Kapitänin Anna-Maria Nickisch und ihre Mitspielerinnen nicht gewohnt.
 
Vor dem Doppelspieltag mit den Eisbären-Profis am Samstag in der Mercedes Benz-Arena ist die Vorfreude also groß: "Das könnte ein Ausrufezeichen für die Liga sein", sagt Nickisch. Bisher liegt der Zuschauerrekord beim Fraueneishockey in Deutschland bei etwa 1.600 Zuschauern, aber das soll sich ändern, wünscht sich der Geschäftsführer der Eisbären-Männer Thomas Bothstede: "Das Ziel ist es, den Rekord zu brechen."

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Eisbärinnen wollen mehr Aufmerksamkeit

Am Samstag um 15:00 Uhr werden die Frauen ihr Ligaspiel gegen die Bergkamener Bären in der Arena austragen. Am Abend treffen dann die DEL-Herren auf demselben Eis auf die Grizzlies Wolfsburg. Damit das auch für die Frauen ein bärenstarker Tag wird, ist der Eintritt für alle frei. Das Kalkül erklärt Frauen Co-Trainerin Kathrin Fring: "Wir hoffen, dass Fans hängen bleiben, auch mal zu unseren Spielen in den Welli kommen."
 
Eine ähnliche Aktion als Dauerkarteninhaber kostenlos zu den Frauenspielen eingeladen wurden, habe bereits Erfolg gehabt: "Da sind immerhin ein paar Fans hängen geblieben, die jetzt immer kommen", erinnert sich Fring. Während sich andere weibliche Spitzensportteams wie Alba Berlin in den letzten Jahren rasant entwickelt haben und jetzt deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen, müssen die Eisbärinnen um jeden Zuschauer kämpfen. Das wirkt sich auch auf die Sponsorensuche aus. Erstklassiges Fraueneishockey sei auch auf dem jetzigen Stand schon eine große finanzielle Herausforderung, weiß Kathrin Fring: "Wir bewegen uns hier im Ehrenamt und haben alle noch einen anderen Job."

Aktion seit Jahren geplant

Als Teil des Eisbären-Stammvereins Eisbären Juniors ist die Frauenmannschaft der Eisbären organisatorisch von den DEL-Herren getrennt. Bei der Planung des Spieltags musste sich die Juniors-Geschäftsleistung um Rekordspieler Sven Felski also mit Bothstede koordinieren: "Wir als Geschäftsführung haben mit der Eisbären Management GmbH drüber gersprochen und die waren sofort im Boot", erklärt Felski. Bothstede ergänzt: "Das ist seit Jahren in Planung."
 
Bisher sei das Projekt aber an verschiedenen Faktoren gescheitert: der Corona-Pandemie und den Spielplänen beispielsweise, aber weil die Eisbären am Samstag zur Primetime um 20:00 Uhr Spielen, habe endlich alles gepasst: "Und dann haben wir mit der Arena, mit den Gegnern und mit der Liga gesprochen und das tatsächlich alles organisiert bekommen", sagt Bothstede, der sich eine Wiederholung der Aktion gut vorstellen kann, weil er großen Sport erwartet: "Vorspiel würde es nicht treffen, das ist ja auch ein Mainevent für die Frauen."

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Frauensport leidet unter fehlenden Eiszeiten

Damit die Spiele der Frauen auch über den Samstag hinaus zum sportlichen "Mainevent" werden, muss sich nach Meinung von Fring auf struktureller Ebene viel verändern: "In den letzten 30 Jahren wurde keine neue Eishalle eröffnet, aber dafür einige zugemacht." Solange es geht, spielen Mädchen mit Jungen zusammen. Sobald es ihnen in der Pubertät schwerer fällt, körperlich mitzuhalten, fehlen den Vereinen die Eiszeiten, um reine Mädchenmannschaften zu gründen. Auch den Eisbären Juniors, die bisher keine eigenen Mannschaften für Mädchen haben, die für das Frauenteam zu jung sind.
 
Ähnlich erging es auch Anna-Maria Nickisch, die schließlich aus Crimmitschau nach Berlin wechseln musste, damit sie dann bei den Eisbären-Frauen weiterspielen konnte. Diese Möglichkeit haben nicht alle jungen Frauen. Viele hören deshalb auf. Selbst Bundesligamannschaften der Frauen müssen um feste Zeiten auf dem Eis kämpfen. "Wir haben Glück, dass wir hier in Berlin den Wellblechpalast haben", sagt Nickisch. Ihre vier festen Trainingszeiten in der Woche sind im deutschen Fraueneishockey keine Selbstverständlichkeit.

Frauen in den Fokus

Umso wichtiger ist für sie der Doppelspieltag mit den Herren, um ihren Sport in den Fokus zu rücken. "Wir wollen etwas von der Popularität abhaben", wünscht sich Nickisch. Fring ist sich sicher, dass ihre Mannschaft für Begeisterung sorgen wird: "Eishockey ist einfach so ein guter Sport, da ist es völlig egal, ob ein Mann oder eine Frau spielt", so die Co-Trainerin. "Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn wir noch mehr Mädchen zu diesem geilen Sport bewegen können", sagt auch Felski.
 
Womöglich schaut auch der ein oder andere Sportpolitiker vorbei, wenn die Eisbären zum Doppelspieltag einladen. Denn ohne neue Eishallen wird es auch in Zukunft schwer sein, den Mädchen auch dann genug Eiszeiten anzubieten, wenn sie nicht mehr mit den Jungs zusammenspielen können: "Wir hoffen, dass wir dann genug Ressourcen haben, auch einzelne Mannschaften anmelden zu können", so Felski.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13:15 Uhr, 16.11.2023.