Vor Trainingslager in Österreich Vor Trainingslager in Österreich: Worauf es für Bo Svensson und den 1. FC Union Berlin in der Vorbereitung ankommt
Die Bundesliga-Vorbereitung nimmt Fahrt auf: Am Samstag reist der 1. FC Union für ein Trainingslager ins österreichische Längenfeld. Coach Bo Svensson will flexibel sein, zumal personelle Fragezeichen bleiben. Worauf es für die Eisernen ankommen wird.
Eine Binsenweisheit trifft auch und gerade in der Saison 2024/25 auf den 1. FC Union Berlin zu: In allererster Linie dienen Sommervorbereitung und Trainingslager dazu, die konditionellen und fußballerischen Grundlagen für eine lange und möglichst sorgenfreie Spielzeit zu legen. Nach der enttäuschenden Saison 2023/24 inklusive Trennung vom langjährigen Erfolgstrainer Urs Fischer und Klassenerhalt als Happy End hat sich der Berliner Fußball-Bundesligist mit Bo Svensson als Trainer und Horst Heldt als Geschäftsführer Profifußball neu aufgestellt. Kurz: Frische Impulse sollen her.
Neue Impulse - ohne zu überfordern
Der neue Coach ist allerdings darauf bedacht, nicht zu viel auf einmal zu wollen. "Der Schwerpunkt ist es, erst einmal reinzukommen. In der ersten Woche muss man aufpassen, was man macht", sagte Svensson etwa zwischen Trainingsauftakt Anfang Juli und erstem Sommer-Trainingslager in Längenfeld (13. bis 19. Juli). "Es geht zunächst um Ballgefühl und dass die Jungs ihren Körper wieder spüren – dabei darf die Belastung nicht gleich zu hoch sein."
Überhaupt zeigte sich der 44-jährige Däne grundzufrieden mit seinen ersten Eindrücken im neuen Umfeld: "In den letzten Tagen konnte ich menschlich schon erste Eindrücke gewinnen, nun auch auf dem Platz. Es sollte eigentlich ruhig beginnen, doch die Jungs haben von selbst das Tempo nach oben gepusht – das ist ein gutes Zeichen", so Svensson. "Dass direkt so ein Zug drin ist, war eigentlich angedacht, aber ich werde da selten im Weg stehen. Das hat mir schon Spaß gemacht."
Mit guter Team-Chemie zu alter Stärke
Das Kernproblem der sportlichen Misere im Vorjahr brachte FCU-Kapitän Christopher Trimmel nach dem soeben noch geglückten Klassenerhalt auf den Punkt: "Unsere Mannschaft hat sich nie gefunden", befand der 37-jährige Routinier, der inzwischen seit mehr als zehn Jahren für die Köpenicker kickt. Über ausreichend Erfahrungs- und Vergleichswerte verfügt er zweifellos. Die Jahre des kontinuierlichen, fußballerischen Aufstiegs der Eisernen hat Trimmel allesamt miterlebt: Bundesliga-Aufstieg, Conference League, Europa-Leauge, Königsklasse. Etliche Mitspieler hat er kommen und gehen sehen, doch bei all den personellen Veränderungen im Laufe der vergangenen Dekade blieb eines gleich, bis zur Saison 2023/24: gute Team-Chemie, klare Rollenzuteilungen und eine schier unumstößliche, mannschaftliche Geschlossenheit.
Auch um diese alte Stärke zurückzugewinnen, bietet das erste Sommertrainingslager alle Möglichkeiten, um auf und neben dem Platz den Grundstein zu legen. Im Training, aber auch im Teambuilding abseits des Rasens. "Ich spüre eine gewisse Aufbruchstimmung im ganzen Verein. Man hat ein bisschen was zurechtgerückt", meint Mittelfeldspieler Rani Khedira, seit 2021 beim 1. FC Union, schon jetzt. "Neue Mitarbeiter sind gekommen, die Schwung reinbringen. Ich bin aktuell sehr positiv gestimmt."
Ein Ausdruck neuer, alter Unioner Geschlossenheit? Bo Svensson (li.) mit Horst Heldt.
Offene Fragen in der Kader-Zusammenstellung aushalten
Weitere neue Mitarbeiter und -spieler dürften in den kommenden Wochen zum Verein stoßen. Das Sommer-Transferfenster schließt erst am 30. August und es ist davon auszugehen, dass erst nach dem Finale der Fußball-Europameisterschaft viel Schwung in die nationalen und internationalen Transfer-Aktivitäten kommen wird.
Und so tut Svensson wohl gut daran, wenn er sagt: "Ich konzentriere mich auf die Jungs, die hier sind. Ich glaube, keine Mannschaft ist derzeit schon fertig. Ich beeinflusse, was ich beeinflussen kann. Ich freue mich erstmal, hier alle Spieler zu sehen – jeder hat uns das Gefühl gegeben, gerne hier zu sein."
In Gestalt von Laszlo Benes hat Union bereits einen der überragenden Spieler der abgelaufenen Zweitliga-Saison fürs zentrale Mittelfeld gewonnen. Im Trikot des Hamburger SV sammelte der slowakische Nationalspieler zuletzt 25 Scorerpunkte in 27 Liga-Einsätzen (13 Tore, 12 Vorlagen).
Ein neuer Knipser wird dagegen noch gesucht: In der Vorsaison stellten die Eisernen mit 33 Toren den drittschwächsten Angriff der Bundesliga. Ausgerechnet der linke Schienenspieler Robin Gosens avancierte mit sechs Treffern zu Unions Top-Torjäger, während etatmäßige Stürmer wie Kevin Volland oder Benedict Hollerbach hinter den Erwartungen zurückblieben. Immerhin: Angreifer Ivan Prtajin, den die Köpenicker vom SV Wehen Wiesbaden verpflichtet haben, brachte es in der vergangenen Saison im deutschen Unterhaus auf 13 Tore.
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Gut möglich, dass Horst Heldt – in Zusammenarbeit mit Chefscout Oliver Ruhnert – bis zum Ende der Transferperiode noch Kaderbewegungen in der Offensive vollzieht. Ob Jordan, der zuletzt an Borussia Mönchengladbach verliehen war, Teil von Svenssons Aufgebot bleiben wird, ist ebenso unklar wie Gosens' Verbleib in Köpenick. Zuletzt wurde der deutsche Nationalspieler – einer von Unions Top-Transfers im Vorjahr – immer wieder mit einer Rückkehr in die italienische Serie A in Verbindung gebracht. Offene Fragen, die Svensson und sein Team auch noch in den kommenden Wochen begleiten dürften.
Eine Spielidee implementieren: Union-DNA mit Svenssons Note
Der noch unvollendete Kader hält Svensson jedoch nicht davon ab, seine Spielidee zu implementieren und zu entwickeln. Auf zweierlei Komponenten komme es dabei besonders an, betonte der Trainer im rbb-Interview: "Das mitzunehmen, was gut funktioniert hat und für das Union gestanden hat. Kompakt zu verteidigen und immer als geschlossene Mannschaft aufzutreten", so Svensson. "Und das Zweite ist, wie ich den Fußball selbst sehe. Es soll auch mal Phasen geben, in denen wir dem Gegner unser Spiel aufzwingen, mit aktivem Fußball und höherem Pressing."
Dazu passt auch, dass der Coach nicht stur auf einem Spielsystem beharren, sondern für einen möglichst flexiblen Fußball stehen wolle. In Verantwortung der Profis des 1. FSV Mainz 05 ließ Svensson zwar in aller Regelmäßigkeit mit Dreier-Abwehrkette spielen – doch er sagt auch: "Ich bin nicht auf ein System festgelegt. Ich will unsere Spieler in ihre jeweils beste Position bringen und sie nicht in ein System hineinzwängen."