Andras Schäfer kann seine rote Karte nicht fassen (IMAGO / Jan Huebner)

Niederlage in Stuttgart Altbekannte Probleme stoppen Union Berlin

Stand: 09.03.2024 09:13 Uhr

In Stuttgart zeigte der 1. FC Union ein gutes Auswärtsspiel. Fehler, die sich durch die gesamte Saison ziehen, verhinderten eine bessere Ausbeute.

Die berühmten betenden Hände von Albrecht Dürer zierten vor Unions Gastspiel in Stuttgart den Gästeblock. "Meine Religion – Eisern Union" gaben die Fans der Eisernen ihrer Mannschaft auf einem Banner mit ins Spiel – auch um unmissverständlich klarzumachen, dass sie an den zweiten Auswärtssieg in Serie glaubten. Dieser Glaube wurde in Stuttgart enttäuscht. Zwar zeigte Union über weite Strecken eine gute Partie, aber das Endergebnis lautete 2:0 für den VfB. Zwei Probleme, die sich durch die gesamte Union-Saison ziehen, nahmen Nenad Bjelicas Mannschaft die Chance, einen weiteren Schritt in Richtung Klassenerhalt zu gehen. Vor dem Tor war Union nicht effizient genug und Andras Schäfer sah die rote Karte. Es war bereit der sechste Platzverweis in dieser Saison.

Stuttgarts Serhou Guirassy (Mitte) im Spiel gegen Union Berlin (imago images/Pressefoto Rudel)
Union Berlin bleibt gegen Top-Teams weiter sieglos

Es war der dritte Versuch in dieser Saison, den VfB Stuttgart zu bezwingen. Es wurde die dritte Niederlage für den 1. FC Union Berlin. Dabei hatten die Gäste durchaus ihre Chancen, mindestens ein Remis zu erreichen.mehr

Union hadert mit roter Karte

Vielleicht fiel die Reaktion des Sündigers auch deshalb besonders ungläubig aus. "Was, schon wieder?", könnte Schäfer gedacht haben, als er mit weit aufgerissenen Augen die Karte in Schiedsrichter Robert Schröders Hand betrachtete. Vielleicht dachte er aber auch: "Hä, das war niemals rot?" In einem Zweikampf mit Stuttgarts Josha Vagnoman war Schäfer eine halbe Sekunde zu spät gekommen und hatte seinen Gegenspieler mit offener Sohle am Knie gestreift.
 
Mit etwas mehr Wohlwollen hätte es der Schiedsrichter bei Gelb belassen können. Das hätte sich auch Trainer Nenad Bjelica gewünscht. Als er die Szene nach dem Spiel am DAZN-Monitor zum ersten Mal aus der Nähe gesehen hatte, reagierte er wütend. "Kein Kommentar", sagte er erst, bevor er doch zur Kritik ausholte. Wäre das eine rote Karte, würde es jedem Spiel mehrere geben, sagte er und fügte sarkastisch hinzu: "Aber wir akzeptieren diese Entscheidung natürlich – wie immer." Viel anderes bleibt Bjelica auch nicht übrig.

Der Trainer muss schon wieder umstellen

Selbst wenn die Entscheidung diskutabel war, nahm sie seine Mannschaft in der 69. Minute aus dem Spiel. Egal wie, Bjelica muss seinen Spielern beibringen, disziplinierter in Zweikämpfe zu gehen. Die bislang sechs Platzverweise der Unioner sind Negativrekord in der Liga. Das kostet Punkte und verhindert es, endlich eine konstante Startelf zu finden.
 
Andras Schäfer hatte sich gerade im Mittelfeld festgespielt und immer besser mit seinem Nebenmann Lucas Tousart harmoniert. Für das Heimspiel gegen Bremen muss sich Bjelica etwas Neues einfallen lassen. Die erzwungene Rotation durch Verletzungen und Sperren verhindert seit Saisonbeginn, dass sich die Eisernen auf dem Platz endlich richtig zusammenfinden.

IMAGO / Matthias Koch
Mit Stabilität gegen die Stuttgarter Himmelsstürmer

Der VfB Stuttgart gehört in dieser Saison zu den besten Teams der Fußball-Bundesliga. Das weiß auch Union-Trainer Nenad Bjelica. Vor der Reise in den Süden legte er sein Augenmerk deshalb auf eine Stärke der Unioner - die stabile Abwehr.mehr

Effektivität fehlt weiter

Zumal Schäfer der Mannschaft mit seinem Vorwärtsdrang bei ihrem zweiten Problem hilft. "Wir schießen schon die ganze Saison zu wenige Tore", analysierte Robin Gosens. Die erste große Gelegenheit ergab sich in der zweiten Minute und wurde von Yorbe Vertessen vergeben. In der 16. Minute tauchte dann Schäfer im Strafraum auf und scheiterte an einer tollen Parade des Stuttgarter Torwarts Alexander Nübel. Nur 7,1 Prozent der Union-Abschlüsse landen in dieser Saison im Tor. Das ist der fünftschlechteste Wert der Liga.
 
Vor dem Spiel hatte Bjelica seine Mannschaft dazu aufgefordert effektiver zu werden, weil es sonst schwer sei, gegen eine Spitzenmannschaft wie Stuttgart zu bestehen. Er sollte Recht behalten. Nur drei Minuten nach Unions zweiter Gelegenheit schlug Stuttgart zu.
 
Im Mittelfeld verlor Khedira seinen Gegenspieler Atatakan Karazor aus den Augen, der mit seinem Pass Torjäger Serhou Guirassy einsetzte. Weil Union-Innenverteidiger Kevin Vogt frontal mit beiden Schultern in Richtung des Passgebers stand, brauchte er zu lange, um sich einzudrehen und das Tempo von Guirassy aufzunehmen. Dessen Schuss landete unhaltbar für Frederik Rönnow im Tor. Das 1:0 gab den Stuttgartern noch mehr Selbstvertrauen in ihrem Kombinationsspiel. Für Union wurde das Spiel ab diesem Moment schwerer.

Maxi Mittelstädt jubelt über ein Tor für den VfB Stuttgart. Quelle: imago images/Sportfoto Rudel
Mittelstädt wird in Stuttgart der Spieler, der er in Berlin werden sollte

Maxi Mittelstädt wechselte im vorigen Sommer von Hertha BSC zum VfB Stuttgart - zum Verdruss vieler Berliner Fans. Für Mittelstädt hat sich der Wechsel aber gelohnt. Er spielt derzeit besser als je zuvor - und sich in den Fokus.mehr

Bjelica will an Schwächen arbeiten

Dabei war das Spiel nach dem Rückstand alles andere als entschieden. Nachdem Union zu Beginn gegen den Ball mit einer Viererkette verteidigt hatte, indem der Robin Gosens ins linke Mittelfeld rückte und Innenverteidiger Diogo Leite ihn als Linksverteidiger vertrat, spielte die Mannschaft jetzt wieder im 5-3-2-System. Über die außen sollte sich vors Tor kombiniert werden, die Mittelfeldspieler Schäfer und Tousart dabei helfen, den Strafraum zu besetzen.
 
Insbesondere Tousart kam mehrmals in gute Abschlusspositionen. Warum es trotzdem nicht für ein Tor reichte, konnte Trainer Bjelica nach dem Spiel nicht erklären. "Vielleicht müssen wir weniger Abschlüsse trainieren, damit die Jungs im Spiel hungriger sind", so der Trainer. Eine Statistik macht Bjelica Mut: "Nach den expectedGoals war es ausgeglichen." Jetzt muss Union daran arbeiten, dass aus Glauben und Erwartung wieder Gewissheit wird.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.03.2024, 22:15 Uhr