
Siegesserie gerissen Siegesserie gerissen: Hertha BSC schaltet beim 1:1 gegen Darmstadt zu spät in den Offensivmodus
Lange Zeit war es ein passiver Auftritt von Hertha BSC gegen Darmstadt 98. Das 1:1 war bis in die Schlussphase glücklich für die Gastgeber. Dann wachten die Berliner doch noch auf - verpassten aber den Lucky Punch.
- Nach drei Dreiern in Folge endet Herthas Siegesserie gegen Darmstadt
- Bis zum glücklichen Ausgleich finden die Berliner offensiv kaum statt
- Der Innenpfosten verhindert in der Nachspielzeit das 2:1 durch Toni Leistner
Nach drei Siegen in Folge ist Fußball-Zweitligist Hertha BSC gegen Darmstadt 98 nicht über ein 1:1 (0:0) hinausgekommen. Vor 46.763 Zuschauern im Berliner Olympiastadion war Darmstadt nach einem Fehler von Hertha-Keeper Fabian Ernst zunächst durch Isac Lidberg in Führung gegangen (48. Minute). Ein Eigentor von Aleksandar Vukovic sorgte nach gut einer Stunde für den Ausgleich für insgesamt über weite Strecken offensiv zu blasse Berliner, die erst in der Schlussphase gefährlicher wurden.
Damit bleibt die Hertha als Zwölfter mit nun 36 Punkten einen Punkt und einen Rang besser als Darmstadt. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz 16 beträgt vorerst neun Zähler. Preußen Münster hat jedoch am Sonntagmittag (13:30 Uhr) mit einem Sieg gegen Karlsruhe noch die Chance, auf sechs Punkte an die Berliner heranzurücken.

Der Spielverlauf
Zwei Wechsel nahm Hertha-Trainer Stefan Leitl nach dem 1:0-Sieg beim 1. FC Köln vor. Die Gelbsperren von Michael Cuisance und Jonjoe Kenny machten den Personalumbau alternativlos, Kevin Sessa und Marton Dardai ersetzen die beiden. Mit ihnen begann ein Spiel, das so gar nicht den Erwartungen von Darmstadt-Coach Florian Kohfeldt entsprach. Ein "schönes Spiel" mit "vielen Torraumszenen auf beiden Seiten" hatte der angekündigt. In der ersten Viertelstunde war es jedoch allenfalls ein Distanzschuss von Ibrahim Maza, der - mit ein bisschen gutem Willen - als Chance durchgehen konnte (6.).
Ansonsten fand vor allem Hertha offensiv nicht statt. Die Berliner wollten und konnten nicht so recht - oder anders gesagt: Es mangelte an Drang und Präzision. Trotz des Sieg-Hattricks überwog defensiver Pragmatismus offensivem Hurra-Fußball. Darmstadt hatte mehr vom Spiel und kam nach 19 Minuten zur ersten Top-Gelegenheit: SVD-Toptorjäger Lidberg schloss nach einer Ecke aus kurzer Distanz ab, Hertha-Keeper Ernst rettete glänzend. Diese Szene behielt Seltenheitswert. Herthas beste Möglichkeit der ersten Hälfte - von einem Abseitstor von Diego Demme abgesehen - sollte eine abgerutschte Flanke von Fabian Reese sein, die zum Torschuss mutierte (21.).

Fehlten in der ersten Hälfte die Chancen, so startete die zweite direkt mit einem Tor. Dass es dazu kam, hatte viel mit der unfreiwilligen Mithilfe von Hertha-Torhüter Ernst zu tun: Einen Distanzschuss von Fabian Nürnberger ließ er genau vor die Füße von Lidberg abprallen, der aus rund sechs Metern problemlos zum 1:0 für Darmstadt einschoss (48.).
Eine Reaktion von Hertha? Vorerst Fehlanzeige. Die Berliner wurden zwar ein bisschen aktiver, gefährlicher aber nicht. Und doch fiel das 1:1: Vukotic grätschte eine Hereingabe von Marten Winkler ins eigene Tor (62.). Die Hausherren waren wieder im Spiel, ohne einen einzigen eigenen Schuss aufs gegnerische Tor abgegeben zu haben. Es war der Start in eine offenere Schlussphase, in der Ernst stark gegen Guille Bueno parierte (75.), ansonsten aber Hertha plötzlich der Führung näher war. Die größte Chance zum 2:1 hatte Toni Leistner, der in der Nachspielzeit mit einem fulminanten Schuss jedoch nur den Innenpfosten traf (90.+3).
Spieler des Spiels
... ist ausnahmsweise (!) mal nicht Fabian Reese. "Wir haben ihn nicht so in die Show bekommen", sagte Trainer Stefan Leitl nach der Partie, "aber er hat trotzdem wieder ein richtig gutes Spiel gezeigt". Das Reese-Vakuum bei diesem Award füllt Marten Winkler. Nein, beim 22-Jährigen lief nicht alles perfekt. Aber in einem Spiel, in dem Hertha den Ball nicht selbst über die Linie brachte, bereitete er das Eigentor zum 1:1 mit einer guten Hereingabe vor. Und zeigte so wieder, wieso der gelernte rechte Flügelspieler aktuell auf der linken Schiene in der Fünferkette mit seinem Tempo so wichtig für das Berliner Spiel ist.

Toni Leistner verpasste mit einem traumhaften Volleyschuss in der Nachspielzeit nur ganz knapp den Lucky Punch.
Was war denn da los?
Es war ein Schuss zum Verlieben und das von dem Herthaner, von dem man ihn vielleicht am wenigsten erwartet hätte. Toni Leistner - eher Typ: fußballerisch solider Defensivarbeiter - nahm nach einer Ecke im Darmstadt-Strafraum einen abgewehrten Ball mit dem rechten Fuß elegant an, ließ noch eleganter einen Gegenspieler aussteigen und schloss dann mit links traumhaft volley ab. Der Ball flog durch den Strafraum. Das 2:1 schien bereits ganz (!) nah. Und dann klatschte der Ball mit lautem metallischen Klang gegen den Innenpfosten. Diese Aktion hätte einen Treffer allemal verdient gehabt ...
Zählbares
- Hertha BSC hat es verpasst, erstmals seit der Spielzeit 2012/13 vier Spiele in Folge zu gewinnen. Damals gelang das in der Aufstiegssaison unter Trainer Jos Luhukay.
- Der Expected-Goals-Wert spricht mit 1,29 für Darmstadt (Hertha: 0,5). Die Hessen haben auch mehr Torschüsse abgegeben: 12 zu 8.
- Die Berliner zeigten sich dagegen mit 67 Prozent erfolgreicher Solos deutlich dribbelstärker.
Stimmen zum Spiel
Stefan Leitl (Trainer, Hertha BSC): "Ich nehme viele positive Dinge mit, wenngleich wir heute natürlich gerne gewonnen hätten. In der ersten Hälfte war es ein sehr ausgeglichenes, taktisch geprägtes Spiel. Wir gehen dann sehr unglücklich in Rückstand. Die Reaktion meiner Mannschaft war top: dieses Reinarbeiten in die Partie; diese Intensität, noch eins draufzupacken. Dann kannst du so ein Spiel drehen. Wir waren nach dem Ausgleichstreffer näher am 2:1 als die Darmstädter."
Tjark Ernst (Hertha BSC): "Ich finde, dass wir es grundsätzlich schon gut gemacht haben - vor allem in der zweiten Hälfte. In der ersten hat ein bisschen was gefehlt, da sind wir nicht so an unsere Leistungsgrenze gekommen, wie wir es aus den letzten Spielen gewohnt waren. Das haben wir in der Halbzeit auch angesprochen. Danach haben wir es dann deutlich besser gemacht, haben mit noch mehr Intensität gespielt. Da hat man gesehen, was für Qualität wir haben. Das muss der Maßstab sein, dass wir Woche für Woche diese Intensität auf den Platz kriegen, weil dann sind wir echt gut. (...) Das Gegentor muss ich mir nochmal anschauen. Mein erster Gedanke war schon, dass das auf meine Kappe geht. Ich sehe den Ball nicht optimal, er ist ein bisschen verdeckt. Aber nichtsdestotrotz ist der Schuss von relativ weit weg. Da habe ich den Anspruch, ihn besser zu klären, wenn nicht sogar festzuhalten."
Florian Kohfeldt (Trainer, Darmstadt 98): "Wir haben bis zu dem sehr unglücklichen Gegentor (...) gar nichts zugelassen und haben das Spiel sehr gut kontrolliert. (...) Wir haben uns jetzt auch nicht zehn Großchancen rausgearbeitet, aber doch einige. Wir hätten mehr als 1:0 führen können, vielleicht sogar müssen. Trotzdem gehört auch zur Wahrheit, dass wir gegen Hertha BSC gespielt haben. Die haben jetzt drei Spiele in Folge gewonnen und eine unfassbare individuelle Qualität. (...) Die letzten 20 Minuten haben sie dann auch gedrückt. Dementsprechend bin ich mit der Leistung über weite Strecken sehr einverstanden und mit dem Punkt auch einverstanden, obwohl es schon eine leichte Tendenz gab, dass wir hier mehr verdient hätten."
Der Liveticker zum Nachlesen
Sendung: rbb UM6, 12.04.2025, 18 Uhr