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Herthas neuer Co-Trainer Mijatovic Herthas Co-Trainer Mijatovic: Gelassen durch stürmische Zeiten
Arbeitskollege, Mitbewohner, Freund: Co-Trainer Andre Mijatovic scheint perfekt mit Herthas neuem Coach Stefan Leitl zu harmonieren. Manches spricht dafür, dass er auch für den Verein die ideale Lösung ist. Von Shea Westhoff
Andre Mijatovic servierte der Fußballwelt in der vergangenen Woche eine Einschätzung über Hertha BSC, die allen Sympathisanten der Alten Dame wie eine köstliche Süßspeise vorgekommen sein musste, zusätzlich überzogen mit einer Schicht Zuckerguss. "In meinen Augen ist es der erste Verein in der Hauptstadt." Mmh, lecker, die Nummer eins in Berlin... Wobei, stopp! Darf man so etwas überhaupt noch sagen?
Es dürfte wird Mijatovic nicht entgangen sein, dass in Köpenick in den letzten Jahren ein anderer Hauptstadtverein am Werk ist, der weitaus erfolgreicher arbeitete (und wirtschaftete) als der dauerkriselnde Fußballklub aus Charlottenburg. Von Hertha als erstem Verein zu sprechen, klingt dann doch ziemlich verwegen.
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Mijatovic, ein Ruhepol
Doch die aktuell triste Wirklichkeit sparte der Assistent des neuen Cheftrainers Stefan Leitl natürlich nicht aus, und die ist: der 14. Tabellenplatz in Liga zwei. "Diese Realität muss man annehmen und gewisse Sachen anpassen." Er und Leitl seien in Berlin, "um Hertha nach vorne zu bringen."
Man darf dem gebürtigen Kroaten durchaus unterstellen, dass ihm Hertha weit mehr bedeutet als nur ein Job für den Broterwerb. Zwischen 2010 und 2012 hielt der heute 45-Jährige die Abwehr bei den Berlinern zusammen. Mit dem damals von Arminia Bielefeld verpflichteten Mijatovic gelang dem Zweitligisten die Rückkehr in die Bundesliga.
Mehr als eine Randnotiz ist, dass der damalige Trainer Markus Babbel den Neuen als Nachfolger des nach Wolfsburg abgewanderten Arne Friedrich zum Kapitän machte. Nach einer chaotischen Vorsaison samt tiefem sportlichen Absturz war der zurückhaltende wie respektierte Mijatovic ein willkommener Ruhepol, der seinen Verantwortungsbereich nicht in markigen Sprüchen abseits des Feldes sah, sondern allenfalls auf dem Rasen. "Andre hat unheimlich viel Erfahrung und ist einer, der auf dem Platz den Mund aufmacht, das war mir wichtig", zitiert der Tagesspiegel den einstigen Hertha-Trainer Babbel.
Ein verlässlicher, sachlicher Akteur ist bei der gewohnt brodelnden Hertha immer willkommen, damals wie heute. Ein Ruhepol als Gegenpol im manchmal lärmenden Klub.
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Leitl ist Freund und WG-Kollege
Nachdem Otto Rehagel in der Folgesaison die erneut abstiegsbedrohte Hertha Anfang 2012 übernahm, spielte Mijatovic eine immer geringere Rolle. In der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf stieg der Verein wieder ab, und für Mijatovic ging die Reise weiter zum damaligen Zweitligakonkurrenten FC Ingolstadt, wo er Leitl kennenlernte und später auch seine aktive Karriere auch beenden würde.
Doch die Zuneigung zur Hertha blieb bestehen. Bei der gemeinsamen Vorstellungs-PK gab Leitl preis, dass Berlin "für Andre eine sehr besondere Station war, ein sehr besonderer Verein. Er hat nur positiv über Hertha gesprochen." Leitl darf als seriöse Quelle gelten. Denn nicht nur kennt Herthas neuer Cheftrainer Mijatovic aus gemeinsam Jahren auf dem Platz und an der Seitenlinie. Die beiden verbindet außerdem eine Freundschaft – und während des vergangenen Engagements in Hannover auch eine Wohngemeinschaft.
Es habe einfach gut gepasst, so Mijatovic: Neben dem Fußball gebe es genug Themen, über die man spreche, da könne man auch einfach zusammenziehen. Mit ihren jeweiligen Familien haben die beiden ihre Hauptwohnsitze in Oberbayern (Mijatovic in Ingolstadt, Leitl in München).
Mijatovics defensive Impulse
Nun sollen beide, Leitl und Mijatovic das Ruder beim Krisen-Klub herumreißen. Der einstige Abwehrspieler Mijatovic werde sich dabei vor allem um die Defensive kümmern, so Leitl. Und nach dem ersten Arbeitseinsatz des Trainergespanns lässt sich sagen: Während offensiv gegen den 1. FC Nürnberg wenig zusammenlief, hielt die Defensive immerhin dicht. Und das könnte bei einer Berliner Mannschaft, deren letztes Spiel ohne Gegentor zwei Monate zurücklag, auch auf die Impulse Mijatovics zurückzuführen sein.
Von seinem letzten Arbeitgeber, Hannover 96, wo er gemeinsam mit seinem Chef Leitl im Winter entlassen wurde, kann Mijatovic sogar den glänzenden Arbeitsnachweis der stärksten Zweitliga-Defensive präsentieren. Das muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen: Leitl und Mijatovic vom Trainerjob entbunden, trotz bester Abwehr ligaweit.
Ohne ihn läuft es bei Hannover nicht mehr
Man sollte beim grundsympathisch wirkenden Mijatovic nicht davon ausgehen, dass er ein schadenfroher Typ ist. Wäre er es, hätte er allerdings gut zu schmunzeln: Seitdem sich Hannover von ihm und Leitl trennte, konnte der Verein von sechs Spielen genau noch eines gewinnen.
"Fußball macht mir sehr viel Spaß, auch wenn der Trainerjob etwas komplett anderes ist, auch viel anstrengender", sagte Mijatovic vor rund zehn Jahren der Medienabteilung von Hertha BSC. Und dann der schöne Gedanke: "Als Spieler denkst du mehr über dich als eigene Person nach, als Trainer musst du das große Ganze, die Mannschaft im Blick haben - einen Plan und eine Philosophie haben. Und dieses Wissen muss man dann an die Jungs vermitteln. Das ist auch eine Kunst." Manches spricht dafür, dass er diese Kunst nun als Teil des Trainergespanns bei bei Hertha BSC besonders gern zur Geltung bringen will. Selbst wenn der Klub nur die Nummer zwei in Berlin sein sollte.