Hans Rosenthal Arm in Arm mit Pelé und Wolfgang Gruner auf dem Fußballplatz (Quelle: privat)

Hans-Rosenthal-Elf Pelé, Fritz Walter, Uwe Seeler: Die Geschichte der Berliner Hans-Rostenthal-Promi-Elf

Stand: 20.01.2025 12:28 Uhr

Vor 75 Jahren bildete sich in Berlin eine bald landesweit bekannte Prominenten-Elf aus Künstlern und Gaststars. Sie ist bis heute bei Tennis Borussia angebunden und trägt den Namen des legendären 'Dalli, Dalli'-Quizmasters Hans Rosenthal. Von Gunnar Leue

Vor 75 Jahren wurde in Berlin eine Fußballmannschaft gegründet, deren Ruhm nicht aus ihren sportlichen Leistungen erwuchs, sondern aus der Prominenz ihrer Mitglieder: Bei denen handelte es sich um stadtbekannte Vertreter der Westberliner Unterhaltungs- und Kulturszene der Nachkriegszeit.
 
Es waren die Kabarettisten Wolfgang Gruner und Wolfgang Neuss vom Kabarett 'Die Stachelschweine', die 1950 einen Verein gründeten, um ihrer Fußballleidenschaft als Freizeitkicker nachzugehen. Aus ihrem FC Oase wurde der FC Mimik, in dem sich Mimen und andere Künstler tummelten.

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Die Vorbereitung? Eher unseriös.

"Die Mannschaftsaufstellung wurde in den Garderoben der Schlagerkneipe 'Nürnberger Trichter' besprochen", wie sich Gruner später erinnert. Die unseriöse Spielvorbereitung mündete jedoch rasch in ernsthafte Motivation für das Kicken. Die bekannten Künstler wollten mit ihrem Freizeitfußball Gutes tun für die an vielen Ecken und Enden noch reichlich geplagten Bürger der Stadt.
 
So spielten sie als eine Art Erste-Hilfe-Maßnahme für die Übersiedler von Ost- nach Westberlin, die im Flüchtlingslager Mariendorf ankamen. Über 3.500 Zuschauer sahen das Spiel der Promi-Elf gegen eines der "Neuen Zeitung", ein Presseorgan der amerikanischen Besatzungsmacht. Im Tor jener Mannschaft stand der berühmte Boxer "Bubi" Scholz.

Beeindruckende Kulisse

Die kickende Künstlertruppe musste sich allerdings einem richtigen Verein anschließen, weil sie sonst keine Spielerpässe und ohne die keine Spielerlaubnis bekommen hätte. Sie band sich über die Stationen Südstern 08 und Spandauer SV recht schnell an Tennis Borussia. Als Prominenten-Elf von TeBe avancierte sie zur größten Berühmtheit ihrer Art in der Bundesrepublik.
 
Regelmäßig zog sie zu ihren Benefizspielen im In- und Ausland tausende Zuschauer an. Einmal trat sie gar im Olympiastadion vor der Bundesliga-Partie von Hertha gegen den Hamburger SV vor 80.000 Zuschauern gegen die 'Münchner Lach- und Schießgesellschaft' an.

Würdigung für Hans Rosenthal

Ein weiteres Highlight, das für große Aufmerksamkeit sorgte, war ein internationales Turnier in Berlin mit Teams aus Wien, Paris, Stockholm, Basel und Porto. Es fand im selben Jahr 1965 statt, in dem Hans Rosenthal das Präsidentenamt von Tennis Borussia Berlin übernahm. Acht Jahre sollte er den Vorsitz des Klubs innehaben, bis er das Amt 1973 wieder abgab. Nach seinem Tod 1987 entschied sich TeBe zu seinen Ehren, die Prominenten-Elf in 'Hans-Rosenthal-Elf' umzubenennen.
 
Tatsächlich war der vor 100 Jahren in Prenzlauer Berg geborene jüdische Berliner, der als Quizmaster mit Rateshows im Rias-Rundfunk und im ZDF ("Dalli, Dalli") Legendenstatus erzielte, von Anfang an mit der Mannschaft verbunden. Er hatte zahlreiche Wohltätigkeitsspiele mitgemacht und viel zum positiven Image der berühmten Truppe beigetragen.

Rückkehr nach langer Pause

Bis heute existiert die nach ihm benannte Elf, in der Unterhaltungskünstler wie Maximilian Schell, Toni Marshall, Udo Lindenberg, Bernhard Brink und teils namhafte Ex-Fußballer spielten. Allerdings gab es ab etwa 2011 eine zehnjährige Auszeit. Für einen Neustart sorgten die TeBe-Aufsichtsratsmitglieder Olaf Engel und Detmar Jarosch.

Die beiden seit 40 Jahren befreundeten Bankkaufleute reanimierten die Hans-Rosenthal-Elf und fungieren heute als ihre Team-Manager. "Wir hatten uns 2021 mit dem Vereinsvorstand zusammengesetzt und überlegt, was man tun könne, um den Verein in der schwierigen Pandemiezeit zu unterstützen. So entstand die Idee, die Hans-Rosenthal-Elf wiederzubeleben. Schließlich war sie immer ein Aushängeschild von TeBe. "Heute kennen viele junge Leute Rosenthal und die Prominenten-Elf gar nicht mehr. Im Gegensatz zu fast allen über 50-Jährigen", sagt Olaf Engel.

Olaf Engel, Hans Rosenthals Sohn Gert Rosenthal und Dietmar Jarosch präsentieren die Trainingsjacke (Quelle: privat)

Olaf Engel (links), Gert Rosenthal (Mitte) und Detmar Jarosch (rechts) präsentieren die Trainingsjacke

Verfolgung durch das Nazi-Regime

Der 57-Jährige ist mit den Shows des Quizmasters aufgewachsen und seit Jahrzehnten TeBe-Fan. Ebenso Detmar Jarosch, der Hans Rosenthal noch persönlich bei Abendshows im Jüdischen Gemeindehaus erlebte. Rosenthal war - neben seinem Beruf - auch gesellschaftlich engagiert, unter anderem im Zentralrat der Juden. Als jüdisches Kind hatte er die antisemitische Verfolgung durch die Nazis hautnah erlebt. Etliche seiner Angehörigen wurden im Holocaust ermordet. Er selbst wurde zur Zwangsarbeit herangezogen, ehe er 1943 in einer Berliner Kleingartenanlage untertauchte und in einem Versteck das Kriegsende überlebte.
 
Olaf Engel und Detmar Jarosch kennen die Lebensgeschichte von Hans Rosenthal, zu der sein soziales Engagement ebenso gehörte wie seine Fußballleidenschaft und die Mitwirkung in der Prominenten-Elf. Daran versuchen die Team-Manager nun anzuknüpfen, was nicht ganz einfach ist.

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Illustre Auswahl

Mit Fußball-Weltstars - wie einst Fritz Walter, Uwe Seeler und Pelé als Gastmitspieler - können sie nicht locken, aber immerhin mit sehr bekannten Ex-Sportlern wie Fußball-Europameister Thomas Helmer oder Kanu-Olympiasieger Ronald Rauhe. Weil die nicht immer Zeit haben, bauten die beiden Team-Manager einen Pool von rund 50 Spielern auf - besonders mit ehemaligen TeBe-lern und Gastspielern aus dem ganzen Land (darunter der ARD-Quizspieler Sebastian Klussmann von 'Gefragt, gejagt').
 
Im Oktober 2022 war sogar die TeBe-Bundeliga-Legende von 1974, Benny Wendt, dabei. Der frühere schwedische Nationalspieler war eigens nach Berlin gekommen, um quasi sein verspätetes Abschiedsspiel mit der Hans-Rosenthal-Elf gegen die Traditionsmannschaft von Schalke 04 zu absolvieren. Er wurde euphorisch gefeiert. Rund vier bis sechs Charity-Spiele finden pro Jahr statt, oft gegen Traditionsmannschaften von Bundesliga-Klubs.

Einnahmen decken nur Kosten

Bevor die Spiele Spendengewinne abwerfen, kosten sie aber erstmal, denn auch die Ex-Fußballer der Traditionsteams reisen nicht umsonst an - einmal Profi, immer Profi. Die Zuschauereinnahmen der Spiele gehen deshalb für deren Organisation drauf.
 
"Wir verdienen an den Spielen und Turnieren gar nichts", so Detmar Jarosch. "Wir sind auf Sponsoren angewiesen und bekommen auch mal einen Zuschuss von unserer eigenen Mannschaft. Die Rosenthal-Elf hat insgesamt 40 Mitglieder, Spieler und feste Unterstützer, die Mitgliedsbeiträge zahlen und auch selbst Hotelkosten etc. bezahlen." Im Prinzip geht man damit in Vorleistung, um die werbewirksamen Spiele zu ermöglichen, um die herum die eigentlichen Spenden für wohltätige Zwecke eingesammelt werden.

Pelé in der Kabine neben seinen Mannschaftskameraden für die Hans-Rosenthal-Elf (Quelle: privat)

Pelé sitzt in der Kabine neben seinen Mannschaftskameraden für die Hans-Rosenthal-Elf

Rekord-Einnahme mit Pelé-Trikot

Bei ihren Veranstaltungen rund ums Spiel übernehmen die Teammanager deshalb auch noch die Moderation und Animation zum Spenden. Gleich bei ihrem ersten selbstorganisierten Turnier 2022 im brandenburgischen Großbeeren kamen in Zusammenarbeit mit dem 'Großbeeren hilft e.V.' 8.000 Euro zugunsten der Ukraine-Hilfe zusammen. Beim zweiten Turnier im August 2024, an dem die Rosenthal-Elf, die Traditionsmannschaft des 1. FC Union und die Großbeeren All Stars vor 800 Zuschauern gegeneinander antraten, wurde zugunsten des Diakonie Hospiz Wannsee gespielt.
 
Die größte Einzelspende brachte übrigens ein unterschriebenes Nationaltrikot des Fußballers Pelé, das Hans Rosenthal einst seinem Sohn Gert hinterlassen hatte. Es wurde 2022 für 1.902 Euro (das Gründungsjahr von TeBe) versteigert. Der Brasilianer war schließlich auch ein temporäres Mitglied von Deutschlands berühmtester Prominenten-Elf.