Liam Kirk (li.) und Ty Ronning von den Eisbären Berlin [Quelle: IMAGO / Jan Huebner]
interview

Experte Goldmann über DEL-Final-Serie "Dieses Duell ist ein Geschenk für das deutsche Eishockey"

Stand: 16.04.2025 17:18 Uhr

In der Final-Serie der DEL kommt es zum Showdown zwischen den Eisbären Berlin und den Kölner Haien. Experte Rick Goldmann spricht über die Berliner Dominanz, Unterschiedsspieler auf beiden Seiten und den Eishockey-Boom in Deutschland.

rbb|24: Herr Goldmann, vor dem Saisonstart haben Sie im rbb-Interview vorausgesagt, dass auch in dieser DEL-Spielzeit kein Weg an den Eisbären Berlin vorbeiführen würde. In der entscheidenden Serie kommt es ab Donnerstag (19:30 Uhr) zum Aufeinandertreffen mit den Kölner Haien. Was erwarten Sie von dieser Final-Runde?
 
Rick Goldmann: Es ist schön, Recht gehabt zu haben. (lacht) Es war aber absehbar, dass Berlin wieder ins Finale kommt. Die Serie gegen Köln steht unter der Überschrift: Erfahrung versus Euphorie. Die Reife, die sich die Eisbären in den vergangenen Jahren mit dieser Mannschaft erarbeitet haben, hat man vor allem in der Halbfinal-Serie gegen Mannheim gesehen. Sie haben jetzt in den Playoffs sechs Spiele in Folge gewonnen und hatten beim Sweep gegen Mannheim viel mehr Antworten als die Adler überhaupt Fragen stellen konnten.
 
Während Berlin in den vergangenen vier Jahren drei Mal Meister geworden ist, hat Köln 2002 zuletzt den Titel geholt und steht jetzt erstmals seit elf Jahren wieder im Finale. Köln gegen Berlin? Dieses Duell im Finale ist ein Geschenk für das deutsche Eishockey.

Die Eisbären wurden zuletzt 2021, 2022 und 2024 Meister. 2023 haben sie die Playoffs überraschend verpasst. Die Verantwortlichen hielten trotzdem an Cheftrainer Serge Aubin fest, der mit elf Siegen aus elf Serien nach wie vor eine perfekte Playoff-Bilanz in der DEL vorweisen kann. Wie groß ist Aubins Anteil am Wiedererstarken der Eisbären?
 
Der Klub hat nicht nur an Aubin festgehalten, sondern ihn an Nummer eins geführt. Dazu muss man in der Position von Sportdirektor Stéphane Richer erstmal die Eier haben. Richer hat außerdem erkannt, dass die Mannschaft nicht richtig zusammengestellt war. Das Zusammenspiel zwischen Richer und Aubin ist seit vielen Jahren von großem Vertrauen geprägt. Was sie in Berlin aufgebaut haben, ist einzigartig.
 
Hinzu kommen die Entscheidungen, die Aubin für den Sport trifft, um die Mannschaft besser zu machen. Welcher Trainer würde mit Jonas Stettmer, der die ganze Hauptrunde lang nicht die klare Nummer eins war, ins erste Viertelfinale starten und seinen Import-Torhüter [Jake Hildebrand; Anm. d. Red.], der letztes Jahr die Meisterschaft gewonnen hat, draußen sitzen lassen? Aubin war aber der Meinung, dass Stettmer in dem Moment die bessere Leistung bringt – und Stettmer hat abgeliefert. Wenn du das als Trainer durchziehst und die Spieler merken, hier gilt das Leistungsprinzip, dann springt das auf das gesamte Team über. Da wissen die Spieler sehr schnell, wer der Chef ist.

Die Kölner Haie haben auf ihrem Weg ins Finale, wo der amtierende Meister und Hauptrunden-Zweite wartet, erst Vizemeister Bremerhaven und dann Hauptrundensieger Ingolstadt ausgeschaltet. Was ist ausschlaggebend für den Erfolg der Kölner?
 
Die Haie haben sich unter Coach Kari Jalonen taktisch und von der Struktur her brutal weiterentwickelt. In den Playoffs ist der Mannschaft in der Rollenverteilung ein ganz großer Schritt gelungen. Wenn man in ein Finale kommen will, braucht man in jeder Serie mindestens einen top funktionierenden Torhüter und mindestens einen Top-Stürmer, am besten eine Sturmreihe, die outperformt. Das sind auch die Parallelen zu den Eisbären: Es kommt zum Torhüter-Duell zwischen Julius Hudacek und Hildebrand, der den hervorragenden Stettmer im Halbfinale mindestens auf gleichem Niveau ersetzt hat.

Die Eisbären Berlin jubeln in Mannheim (Quelle: IMAGO / Nordphoto)
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Von Hudacek konnte man nicht unbedingt erwarten, dass er sich auf so hohem Niveau steigert und nach den Siegen nebenbei 20.000 Leute in der Halle und 400.000 Zuschauer vor dem Fernseher unterhält. Und offensiv haben die Haie mit Alexandre Grenier den besten Torschützen der DEL-Playoffs. Dagegen haben die Eisbären mit der Ronning-Formation den punktbesten Spieler dieser Liga – vor allem zusammen mit Frederik Tiffels und Leo Pföderl.

Kapitän Moritz Müller ist mittlerweile 38 Jahre alt, trägt seit mehr als 20 Jahren das Trikot der Haie und könnte seinen Legendenstatus in der Domstadt mit einem Titel endgültig zementieren.
 
Mo Müller spielt aktuell das vielleicht beste Eishockey seiner Karriere – und das in seinem Alter. Was er in der Hauptrunde gespielt hat, war okay. Was er aber jetzt in den Playoffs abreißt, ist wirklich hohe Qualität. Vielleicht hat er jetzt zum letzten Mal in seinem Leben die Chance, Deutscher Meister zu werden. Das kann eine Mannschaft beflügeln.

Ty Ronning sticht bei den Eisbären auf ihrer Mission Titelverteidigung heraus. Der Angreifer hat seit 23 Spielen immer gescoret und damit einen neuen DEL-Rekord aufgestellt. Wird er auch in der Final-Serie der entscheidende Mann sein?
 
Ronning ist der Spieler, der bisher die Playoffs dominiert hat. Mit seiner Wendigkeit, Geschwindigkeit und Torgefahr. In dieser Formation kommt aber alles zusammen, da sollte man nicht nur Ronning hervorheben: Tiffels bringt die Geschwindigkeit rein, Pföderl hat die Übersicht und den Scoring-Touch.

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Die Kölner Haie haben in dieser Saison für eine neue europaweite Bestmarke gesorgt: Im Schnitt besuchten 17.829 Zuschauer die Hauptrundenspiele am Rhein [wdr.de]. Standesgemäß findet die Final-Serie der DEL auch in den beiden größten Hallen Deutschlands statt. Bessere Werbung für das deutsche Eishockey ist kaum denkbar.
 
Das hat eine Magnetwirkung. Eishockey erlebt in Deutschland in den vergangenen Jahren ein immenses Wachstum. Man sieht es an den Zuschauerrekorden in der DEL und in der DEL2, der bestbesuchten zweiten Liga Europas. Immer mehr Menschen schalten ein, wenn die Spiele im Fernsehen laufen. Im kommenden Jahr steht Olympia an. Das sind viele Highlights, die von allen Akteuren momentan sehr gut bedient werden. Das macht Spaß.
 
Zum Abschluss die obligatorische Frage an den Experten…
 
So ein schönes Interview wird jetzt mit der letzten Frage kaputtgemacht. (lacht) Sie möchten wissen, wer gewinnt?
 
Ja.
 
Aufgrund der Erfahrung, der noch besseren Tiefe und des klareren Rollenverständnisses auf höchstem Niveau hat Berlin die Nase vorn.
 
Vielen Dank für das Gespräch!
 
Das Interview führte Anton Fahl.