"Initiative Frauen Spitzensport Berlin" Die weibliche Sportmetropole
Die Sportmetropole Berlin hat viele erfolgreiche Spitzensportvereine. Damit auch die Frauenteams mehr Aufmerksamkeit, mehr Hallenzeiten und mehr Geld bekommen, hat sich die "Initiative Frauen Spitzensport Berlin" gegründet. Von Friedrich Rößler
Die erste Basketball-Bundesligasaison der Alba Frauen liest sich wie ein Märchen. Als Aufsteigerinnen haben es die Berlinerinnen bis ins Halbfinale der Playoffs geschafft und ärgerten die etablierten Teams. Zu den Heimspielen in der Sömmeringhalle an der Charlottenburger Spree kamen immer mehr als 1.000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Beim Heimsieg gegen die Freiburgerinnen stellten das Alba-Frauenteam sogar einen Zuschauerrekord auf: 2.052 Fans wollten zum Hauptrundenabschluss ihr Lieblingsteam siegen sehen.
Damit hat Alba Berlin eine unerwartete Begeisterung für den Frauenbasketball in der Bundeshauptstadt entfacht und gezeigt, dass eine gemeinsame Vermarktung der Spiele von Frauen- und Männerteam nicht nur funktioniert, sondern auch neue Fans in die Hallen locken kann. Was beim Berliner Baskteball funktioniert hat, sollte doch auch in anderen Spitzenvereinen möglich sein. Das dachten sich der ehemalige Staatssekretär für Sport, Aleksander Dzembritzki(SPD), und sechs Berliner Sportvereine und schlossen sich zur "Initiative Frauen Spitzensport Berlin" zusammen.
Sechs Berliner Spitzenvereine
"Ich habe schon länger mit den Spreefüxxen und den Alba-Damen Kontakt und immer wieder mitbekommen, was es für Herausforderungen gibt, damit Frauenspitzensport in Berlin überhaupt erst stattfinden kann", sagte Dembritzki beim zweiten Treffen der Initiative am Dienstag Vormittag. Das erste Meeting fand Ende April statt. Zu den Gründungsmüttern und -vätern gehören die Vereine Wasserfreunde Spandau 04 (Wasserball), Alba Berlin (Basketball), Spreefüxxe Berlin (Handball), VC Olympia 93 (Volleyball), Berlin Brandenburger Sportclub (Volleyball) und "ttc berlin eastside" (Tischtennis).
Was alle vereint: Alle Klubs haben ein Spitzen-Frauen-Team, das entweder bereits erstklassig spielt, gespielt hat oder spielen könnte. "Ich habe alle größeren Vereine angeschrieben, wo ich wusste, dass dort Frauenspitzensport stattfindet", begründete Dzembritzki die Auswahl. Es gehe vor allem darum, den weiblichen Spitzensport aus der Versenkung in das Bewusstsein des sportaffinen Berliner Publikums zu hieven.
Viele Titel, wenig Zuschauer
Die Spandauer Wasserballerinnen zum Beispiel haben in dieser Saison zum fünften Mal in Folge den Pokal gewonnen, die Tischtennis-Spielerinnen vom "ttc berlin eastside" holten schon vier Mal den Champions League-Titel. Beim achten Gewinn des Deutschen Tischtennispokals Anfang des Jahres kamen an beiden Tagen insgesamt rund 400 Zuschauer. "In der Politik und Gesellschaft muss das Thema Frauenspitzensport immer wieder und viel öfter erwähnt werden, damit die Menschen dort auch hingehen.", fuhr Aleksander Dzembritzki nach dem zweiten Treffen fort. In der Gesprächsrunde war dem ehemaligen Staatsekretär Sport immer wieder zu Ohren gekommen, dass diejenigen, die zum ersten Mal eine Frauenspitzenteam-Spiel besuchten, immer wieder kämen.
Das bestätigte auch die Managerin der Spreefüxxe, Britta Lorenz, die ebenfalls beim zweiten Treffen der "Initiative Frauen Spitzensport Berlin" teilnahm. Schon zu Erstligazeiten (2014-2016) hätte sie dafür gekämpft, dass Frauen sich zusammentun. "Wir können nur etwas erreichen, wenn wir uns zusammen tun", betonte die Handball-Managerin. Mit ihrem Pendant Bob Hanning, Manager der Füchse Berlin, habe sie einen guten Austausch, doch das Männerteam hat einen Vermarkter, der sich nicht für zweitklassigen Frauenhandball interessiere. "Die Männer unterstützen uns und sagen unsere Spiel an. Aber schöner wäre es, wenn wir vor den Männern in der Max-Schmeling-Halle spielen könnten", bemerkte die Spreefüxxe-Managerin.
Miteinander und mit den Männern
Eine Lösung für die bessere Sichtbarkeit von Frauen-Spitzensport wäre eine gemeinsame Vermarktung. "Das würde Extra-Gelder generieren und nix und niemanden etwas wegnehmen.", so Lorenz. Frei nach dem Mott, was bei Alba funktioniert hat, ließe sich auch auf andere Vereine übertragen. Doch neben der unterentwickelten Vermarktung drückt der Berliner Frauensportschuh noch wo anders. "Es kann nicht sein, dass wenn Sportflächen vergeben werden, zu 90 Prozent Jungs und Männer darauf trainieren können.", forderte Aleksander Dzembritzki.
Auch bei den Nutzungszeiten würde es enormen Handlungsbedarf geben, denn oft müsse der Frauen- und Mädchen-Sport in Randzeiten ausweichen. "Das sind dann Zeiten, zu denen man nicht möchte, das kleine Mädchen allein nach Hause gehen.", erzählte Dzembritzki weiter.
Diese und weitere Probleme wolle die Initiative jetzt an die Berliner Politik weitertragen, ohne jedoch dem Männer-Spitzensport irgendetwas wegnehmen zu wollen. Alle vier bis sechs Wochen soll es weiteherin die Treffen der weiblichen Spitzensportvereine in der Bundeshauptstadt geben.
Sendung: rbb24, 30.05.2023, 18:00 Uhr