Nach Heidenheim-Niederlage St. Pauli und die "positive Enttäuschung"
Der FC St. Pauli hat in seinem ersten Spiel nach der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga Lehrgeld zahlen müssen. Nach dem 0:2 gegen den 1. FC Heidenheim wollen die Hamburger ihre Effizienz steigern - und setzen darauf, dass das System des neuen Trainers Alexander Blessin immer besser greift.
Frank Schmidt wusste nur zu gut, wie sich die Spieler und Verantwortlichen St. Paulis fühlen mussten nach der 0:2-Heimniederlage zur Rückkehr in die Bundesliga. Vergangenes Jahr, als Schmidts Heidenheimer erstmalig in die Beletage des deutschen Fußballs aufgestiegen waren, hatte der Club von den ersten elf Partien sieben verloren. Viele davon trotz ansprechender Leistung unglücklich - etwa am zweiten Spieltag, als die Mannschaft trotz einer 2:0-Führung bis zur 77. Minute noch mit 2:3 gegen Hoffenheim unterlag.
Die Anpassung an die höhere Spielklasse, an das gestiegene Tempo, die geforderte Präzision, die größere Effizienz der Gegner - sie benötigte Zeit. In Heidenheims Fall rund zweieinhalb Monate und ein knappes Drittel der Saison. "Entscheidend ist, dass du weitermachst, dass du an dich glaubst, dass du nicht haderst", sagte Schmidt nach dem Sieg am Millerntor.
St. Paulis Niederlage entschied sich in kleinen Details
Wie lange die "Gewöhnung" St. Paulis an die Bundesliga dauern wird, bleibt abzuwarten. Ein erstes Lehrgeld kassierte das Blessin-Team definitiv gleich im ersten Spiel - gegen Schmidts Heidenheimer, die ihnen zumindest am Sonntag vielleicht eben dieses eine Jahr mehr an Kaltschnäuzigkeit voraushatten. Denn kämpferisch, in Phasen aber auch spielerisch, hätten sich die Hamburger im ersten Bundesliga-Spiel nach 13 Jahren mindestens einen Punkt verdient gehabt.
Dass dies nicht gelang, lag gegen zwar intensiv arbeitende, aber weitgehend harmlose Heidenheimer in vielen kleinen Details. Beispielsweise an der kurzen Sequenz rund um die 66. Minute: Vorne scheiterte Hauke Wahl mit seinem Schuss an Keeper Kevin Müller - und hinten ließen sich die Hamburger auskontern und schafften es nicht, Marvin Peringer und Paul Wanner vor dessen Tor zu stoppen. Und sei es durch ein taktisches Foulspiel, wie Blessin sagte: "Bei dem Konter müssen wir cleverer sein. Dann nehmen wir die Gelbe Karte mit und stellen uns sauber."
Oder in der 63. Minute - noch beim Stand von 0:0 -, als der Querpass von Jackson Irvine einen Tick zu weit nach vorne geriet und Stürmer Morgan Guilavogui den Ball trotz seiner Grätsche um wenige Zentimeter verpasste. Selbstkritisch sagte der Kapitän: "Wir haben viel richtig gemacht, bis auf den letzten Pass. Man hat nur eine Möglichkeit, den perfekten Pass zu spielen. Dieser kann dann das ganze Spiel verändern. Da müssen wir dazulernen."
Ritzka: "Können mithalten"
Chancen, die umkämpfte Partie für sich zu entscheiden, hatte es in der Tat genug gegeben: zwei vor, mindestens drei nach der Pause. Die größte neben dem etwas ungenauen Zuspiel Irvines war vielleicht der freistehende Kopfball Guilavoguis kurz nach Wiederbeginn (47.). "Mit ein bisschen Glück geht es vielleicht anders aus, aber so ist Fußball. Das größte Learning ist, dass wir mithalten können", sagte Lars Ritzka, der für Finley Stevens in die Startelf gerutscht war.
Gegen eine der lauf- und kampfstärksten Mannschaften der vergangenen Saison hatten die Hamburger, abgesehen von den beiden Gegentreffern, wenig zugelassen, solide gestanden - und vor allem die Intensität des Schmidt-Teams nach den ersten zehn Minuten gut gekontert. Dass letztlich ein Konter und eine Standardsituation das Pendel zugunsten der Gäste hatte schwingen lassen, sei "eine harte Lektion, die wir lernen müssen", sagte Irvine.
"Wir haben das neue System noch nicht komplett implementiert. Das wird Woche für Woche besser werden."
— St. Paulis Kapitän Jackson Irvine
"Es ist eine Enttäuschung", befand der Australier, der vergangene Woche seinen Vertrag bei den "Kiezkickern" verlängert hatte, und ergänzte, es sei "aber eine positive Enttäuschung". Auch sein Landsmann Connor Metcalfe glaubt, dass "wir viel aus diesem Spiel mitnehmen" können.
Zumal Irvine die Mannschaft nach dem Trainerwechsel von Fabian Hürzeler zu Blessin und der damit verbundenen Systemumstellung angepassten Spielidee noch mitten in der Transformation sieht: "Wir haben das neue System noch nicht komplett implementiert. Das wird Woche für Woche besser werden." Das sieht auch Ritzka so: "Wir glauben an das neue System, auch wenn es hin und wieder mal hakt. Wir haben unsere Chancen und unsere Balleroberungen."
St. Pauli am Freitag bei Union Berlin
Der neue Coach selbst sagte nach seiner Bundesliga-Premiere als Cheftrainer, man habe aus der Partie "viele positive Ansätze, die wir mitnehmen in die nächste Trainingswoche". Man habe sehen können, "wie wir spielen wollen", sagte der 51-Jährige. Er will die Spielweise vom ballbesitzorientierten Spiel unter Hürzeler zu einem verstärkten schnellen Umschaltspiel ändern.
Zumindest gegen die Heidenheimer war davon schon viel zu erkennen, wurden damit Chancen erspielt. Allein es fehlte die Effektivität. Er habe "den Jungs gesagt, dass wir nicht hadern". Und klang damit ein wenig wie sein Heidenheimer Pendant Schmidt. Der sagte, dass für sein Team und ihn in der Anfangsphase der vergangenen Spielzeit "der große Zusammenhalt" wichtig gewesen sei - und dass man gemeinsam "Rückschläge verkraftet" habe: "Das ist unser Schlüssel in der letzten Saison gewesen, das wünsche ich natürlich auch dem FC St. Pauli."
Wie die Hamburger ihren ersten kleinen Rückschlag nach der Rückkehr in die Bundesliga verkraftet haben, können sie gleich am Freitag zeigen, dann geht es zu Union Berlin (20.30 Uhr, im NDR Livecenter).
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Sportclub | 25.08.2024 | 22:50 Uhr