St. Pauli empfängt Rostock Brisantes Duell mit großen Sicherheitsmaßnahmen
Kaum eine Fußballpartie in Deutschland hat angesichts der verfeindeten Fanlager mehr Brisanz als St. Pauli gegen Hansa Rostock. Im heutigen Zweitligaduell kommt hinzu, dass die Kiezkicker mit einem Sieg einen Riesenschritt Richtung Bundesliga machen und zugleich Rostock in Richtung Dritte Liga schießen können.
Zudem können die Hamburger Geschichte schreiben. Mit einem Heimsieg stünde fest, dass sie erstmals im Profifußball eine Saison vor dem HSV abschließen würden. Derzeit liegen die Braun-Weißen elf Punkte vor dem Stadtrivalen - bei dann nur noch drei ausstehenden Spielen wären sie nicht mehr einzuholen. Letztmals stand St. Pauli vor 70 Jahren vor den "Rothosen": In der Oberliga Nord 1954 wurden die Hamburger hinter dem späteren deutschen Meister Hannover 96 Zweiter, der HSV schloss die damalige Saison nur auf Rang elf ab.
Gleichwohl wäre das nur eine amüsante Randnotiz, relevanter - vor allem im sportlichen Hier und Jetzt - wären die drei Punkte, weil St. Pauli damit ein Etappenziel in Richtung Bundesliga-Aufstieg erreicht hätte: Platz drei in der Tabelle und damit die mögliche Teilnahme an der Aufstiegsrelegation wäre den Kiezkickern dann nämlich nicht mehr zu nehmen.
Hürzeler schärft die Sinne vor "besonderem Duell"
So sieht das auch Oladapo Afolayan. Die Historie sei "nichts, womit sich irgendein Spieler bei uns beschäftigt, sondern höchstens gut für eine Schlagzeile", sagte der Flügelstürmer der Kiezkicker der "Hamburger Morgenpost". In der Partie heute Abend (18.30 Uhr, NDR Livecenter) zähle nur der Fokus auf den Saisonendspurt.
Auch Trainer Fabian Hürzeler schärfte die Sinne: "Mit Hansa Rostock kommt eine Mannschaft, die ums Überleben kämpft. Die Partie am ausverkauften Millerntor werde eine "Herausforderung", weil Hansa eine "gewisse Wucht" habe: "Für uns gilt es, stabil zu stehen und mit Mann und Maus zu verteidigen."
Smith und Ritzka fallen bei St. Pauli aus
Zudem will Hürzeler seine Spieler auf die Besonderheiten des "besonderen Spiels" vorbereiten. Vor allem, da es durch Fan-Aktionen "zu Unterbrechungen kommen kann. Und darauf müssen wir vorbereitet sein", sagte der 31-Jährige, der aller Voraussicht nach weiterhin auf Eric Smith und Lars Ritzka verzichten muss. Jackson Irvine ist ebenfalls angeschlagen, kann aber wohl spielen.
Auch Hansa mit personellen Sorgen
Auch der Gegner reist mit personellen Sorgen an: "Damian Roßbach ist gesperrt, Nico Neidhart hat Fieber, Felix Ruschke ist auch krank, Simon Rhein hat Probleme mit der Fußsohle und Kevin Schumacher wird auch fehlen. Mal gucken, wie es am Freitag aussieht", berichtete Trainer Mersad Selimbegovic.
"Es wird auf St. Pauli keine Überraschung geben, wenn du nicht bereit bist zu leiden."
— Hansa Rostocks Trainer Mersad Selimbegovic
Der Hansa-Coach ging nach der jüngsten ernüchternen 0:2-Heimniederlage gegen den 1. FC Magdeburg mit seiner Mannschaft hart ins Gericht und hat viele Gespräche geführt: "Es gab keinen freien Tag in dieser Woche", erklärte der 41-Jährige, dessen Team nur noch einen Zähler Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz hat.
Die Stimmung ist sehr angespannt und kritisch in Rostock. Selimbegovic verteidigte seine Spieler aber dennoch: "Ich kann nicht sagen, dass sie nicht wollen. Oder dass sie keine Lust haben, zu spielen", sagte der Bosnier. "Aber wir gehen mit Rückschlägen nicht gut um. Und dann fehlt der letzte Glaube, der es dann so aussehen lässt, als wenn du nicht alles gibst."
Mit Blick auf das heutige Duell sagte er, es werde "keine Überraschung geben, wenn du nicht bereit bist, zu leiden, zu kämpfen, zu fighten und das Glück damit zu provozieren". Das Hürzeler-Team sei "die beste Mannschaft seit Jahren in dieser Liga. Um da zu überraschen, brauchst du alle Spieler bei 100 plus Prozent".
Kapitän und Torwart Markus Kolke übte sich in Durchhalteparolen: "Wir sind jetzt 16. Es ist noch nichts Krasses passiert, dass wir es nicht mehr in der eigenen Hand haben", sagte der 33-Jährige und fügte unmissverständlich hinzu: "Wir müssen jetzt punkten. Punktest du nicht mehr, dann steigst du ab."
Schlimme Verwüstungen beim letzten Hansa-Gastspiel
Ausgerechnet St. Pauli könnte den Rostockern nun einen weiteren Schubs in Richtung Dritte Liga geben - eine Vorstellung, die bei den ohnehin verfeindeten Anhängern beider Clubs noch mehr Emotionen hervorrufen dürfte.
Das jüngste Gastspiel am Hamburger Millerntor im Februar vergangenen Jahres kam Hansa Rostock teuer zu stehen: Der DFB verurteilte den Club zu 150.000 Euro Geldstrafe, nachdem Anhänger der Mecklenburger Raketen abgefeuert, Brände gelegt und zudem die beiden Toilettenanlagen im Gästebereich fast vollständig zerstört hatten.
"Das war natürlich deutlich 'too much', was beim letzten Heimspiel von St. Pauli gegen Hansa Rostock passiert ist. Da gibt es auf gar keinen Fall zwei Meinungen", sagte Thomas Meggle, der als Spieler für beide Clubs auflief. "Das war zu meiner Zeit bei Hansa Rostock, als ich dort gespielt habe, nicht der Fall, dass es diese Form von Ausschreitungen gab." Auch jenseits des Duells seiner beiden Ex-Vereine sei er der Meinung, "dass es im Fußball insgesamt zu viel Krawalle gibt".
Kein Alkohol, Fangnetz und 40 mobile Toiletten
Angesichts der zusätzlichen sportlichen Brisanz der Partie herrscht bei den Sicherheitskräften höchste Alarmstimmung. Wie der FC St. Pauli mitteilte, wird beim Hochrisikospiel der Puffer zwischen den 2.600 erwarteten Hansa-Fans und dem Rest des Stadions vergrößert. Bei der Begegnung wird außerdem kein Alkohol ausgeschenkt und es wurden 40 mobile Toiletten aufgestellt. Hintergrund dafür ist die Zerstörung der Sanitäranlagen in der vergangenen Saison.
Dieses Thema im Programm:
Hamburg Journal | 24.04.2024 | 19:30 Uhr