Spieler und Trainer des HSV stehen zusammen.

Aufstiegsrennen Welche Baustellen der HSV in den Griff bekommen muss

Stand: 25.04.2025 14:25 Uhr

Der HSV hat am Sonntag den Karlsruher SC zu Gast im Volksparkstadion. Für die Hamburger geht es im Zweitliga-Aufstiegsrennen nach zuletzt zwei schwachen Spielen darum, mit einem Sieg wieder in die Spur zu finden. Dafür müssen Trainer Merlin Polzin und sein Team aber ihre Baustellen in den Griff bekommen.

Von Tobias Knaack

Am Sonntag findet der Hamburg-Marathon statt. Knapp 40.000 Läuferinnen und Läufer werden sich dann durch die Straßen der Hansestadt bewegen. Und manche von ihnen werden speziell im letzten Viertel des Rennens mit Problemen zu kämpfen haben - seien es die Beine oder der Kopf.

Das Bild der körperlichen wie mentalen Herausforderungen bietet gewisse Analogien zu einer Saison im Fußball, über die häufig gesagt wird, sie sei "ein Marathon, kein Sprint". Beim HSV wissen sie das nur allzu gut. In bislang sechs gescheiterten Anläufen ist dem einstigen Bundesliga-Dino allzu häufig die Luft gegen Ende ausgegangen. Weil die Beine nicht mitmachten - oder der Kopf.

Sieg gegen den KSC wäre wichtig für die HSV-Psyche

Nach zuletzt zwei schwachen Spielen gegen Braunschweig (2:4) und auf Schalke (2:2) ist die zuvor sehr komfortable Situation im Aufstiegsrennen wieder deutlich angespannter. Vier Punkte Vorsprung haben die Hamburger vor dem Duell am Sonntag mit dem KSC (13.30 Uhr, im NDR Livecenter) noch auf Magdeburg auf Relegationsrang drei. Um einen der beiden direkten Aufstiegsplätze zu festigen, wäre ein Sieg gegen die Badener also enorm wichtig. Auch und gerade für die Psyche.

Dass die im Saison-Endspurt eine große Rolle spielt - mehr vielleicht noch als die zweifelsohne vorhandenen fußballerischen Fähigkeiten -, ließ sich in den vergangenen beiden Spielen deutlich erkennen. Auch wenn Polzin und Co. das durch das mantraartige Betonen der eigenen Prinzipien und Stärken versuchten, von sich zu weisen. Vom FC Schalke 04 aber gab es nach dem 2:2, das sich die "Königsblauen" gegen einen weitgehend schwachen HSV in nahezu 90-minütiger Unterzahl erkämpften, einen entsprechenden Gruß hinterher: "Sie fangen wieder an zu zittern."

"Im Sport und im Fußball kannst du nur etwas erreichen, wenn du auch Anspannung verspürst. Ansonsten geht es um nichts. Wir wissen, dass es um verdammt viel geht, weil wir sehr nah vor einem sehr großen Ziel stehen."
— HSV-Trainer Merlin Polzin

Coach Polzin weiß um die Historie der zahlreichen gescheiterten Aufstiegs-Versuche. Er könne "jeden im HSV-Umfeld verstehen, der nervös ist", sagte der 34-Jährige auf der Homepage des Clubs. Aber: "Im Sport und im Fußball kannst du nur etwas erreichen, wenn du auch Anspannung verspürst. Ansonsten geht es um nichts. Wir wissen, dass es um verdammt viel geht, weil wir sehr nah vor einem sehr großen Ziel stehen."

Um das zu erreichen, müssen er und sein Team neben der jüngsten (selbstverschuldeten) Unsicherheit allerdings noch weitere Baustellen in den Griff bekommen: Die linke Seite ist durch den Ausfall Miro Muheims weiter nicht so stark wie gewohnt, auch wenn gegen Schalke beide Tore von Emir Sahiti über diese Seite eingeleitet wurden. Hoffnung macht, dass Nico Oliveira vor der Rückkehr in den Kader steht und eine Alternative zum in den beiden jüngsten Partien indisponierten Muheim-Vertreter Silvan Hefti sein könnte.

Viele Baustellen gegen Braunschweig und Schalke

Die Hamburger müssen aber auch ihre gesamtmannschaftliche Aktivität mit und gegen den Ball wieder erhöhen. Sowohl gegen den BTSV wie auch auf Schalke gelang es der Mannschaft in der Offensive nur in kurzen Phasen, Druck auf den Gegner auszuüben, hohe Ballgewinne zu forcieren und daraus Kapital zu schlagen.

Und mit Blick auf das Schützen des eigenen Tores muss das Team wieder geschlossener und mutiger nach vorne verteidigen. Sechs Gegentreffer in zwei Partien (nach zuvor neun Gegentoren in elf Begegnungen der Rückrunde) sind für einen Aufstiegskandidaten zu viel.

Natürlich haben die im Club fast schon notorischen Störgeräusche - Ticketpreis-Zoff mit den Fans, die Kandidatur von Felix Magath als Präsident, die ungeklärte Vertragssituation rund um Davie Selke - nicht geholfen. Entscheidend aber ist, so abgedroschen es klingt, wie die Reaktion auf dem Platz ausfällt. "Wir müssen uns darüber klar sein, was unser Weg ist und was wir beeinflussen können und was nicht. Das betrifft vor allem die Basics und unsere Prinzipien", so Polzin.

HSV braucht wieder mehr Energie

Denn gerade gegen einen aggressiven Gegner wie den KSC, der den HSV in der Vergangenheit immer wieder gestresst hat (unter anderem beim 4:3-Sieg im Volkspark vor rund einem Jahr), wird es aus Sicht des Polzin-Teams darauf ankommen, von Minute eins wieder mehr Energie zu entwickeln, Zweikämpfe anders anzunehmen und mit einer größeren "Geilheit" auf zweite Bälle zu gehen. Der Trainer glaubt, dass es wichtig sei, den Druck, "diesen Stress in Mut und Energie umwandeln."

Das alles mit dem Ziel, sich früh in der Partie Erfolgserlebnisse und Sicherheit (zurück) zu holen - über die Saison hinweg war der HSV genau mit diesen Mitteln der Frühstarter der Liga - und so die Köpfe und die Beine frisch zu halten. Gelingt das nicht, könnten die Baustellen im Schlussspurt der Saison schnell zur Voll-Sperrung auf dem Weg zum ersehnten Bundesliga-Aufstieg werden.

Andersherum aber gilt natürlich auch: Holt der HSV gegen Karlsruhe drei Punkte, könnte er im Aufstiegs-Marathon kurz vor dem Ziel die zweite und dritte Luft bekommen. "Das Volksparkstadion ist am Sonntag kein Ort für Zweifel, es steht für eine absolute Überzeugung in die eigenen Stärken", sagte Polzin am Freitag: "Wir haben Bock, gegen Karlsruhe wieder das zu zeigen, was uns ausmacht." Mündet das in einen Sieg, wären die einzigen Sperrungen am Sonntag die auf den Straßen Hamburgs. Wegen des anderen Marathons.

Mögliche Aufstellungen:

Hamburger SV: Heuer Fernandes - Mikelbrencis, Hadzikadunic, Elfadli, Hefti - Meffert - Karabec, Reis - Sahiti, Selke, Dompé
Karlsruher SC: Weiß - Kobald, Franke, Beifus - Pinto Pedrosa, Burnic - Jensen, Rapp, Wanitzek - Ben Farhat, Conté

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 27.04.2025 | 22:50 Uhr