
NDR-Sport Filippa Stieg und Co: Wer kann in die Fußstapfen von Kerber treten?
Nach dem Karriere-Ende von Angelique Kerber fehlt es dem deutschen Damen-Tennis aktuell an einer absoluten Spitzenspielerin. Es gibt aber einige vielversprechende Talente, die perspektivisch vielleicht in die Fußstapfen der dreimaligen Grand-Slam-Siegerin treten könnten. Zu ihnen gehört Filippa Stieg, die gerade einen kleinen, aber wichtigen Schritt auf der Karriereleiter getan hat.
Die 17-jährige Hamburgerin feierte am Mittwochmorgen eine für sie bedeutende Premiere. Erstmals schlug die Spielerin vom Großflottbeker THC bei einem Profiturnier im Hauptfeld auf. Im türkischen Antalya duellierte sich Stieg mit der Chinesin Jiangxue Han. Und dabei musste die Teenagerin schmerzlich feststellen, was ein paar Jahre mehr Erfahrung ausmachen können. Denn nach tollem Beginn und dem Gewinn des ersten Satzes mit 6:4 schlich sich bei Stieg zunehmend der Fehlerteufel ein. Ihre sechs Jahre ältere Konkurrentin brauchte häufig nur darauf zu warten, dass die Norddeutsche den Ball ins Netz oder Aus schlug. Am Ende setzte sich die Chinesin mit 4:6, 6:3, 6:1 durch und wurde so ihrer Favoritenrolle gerecht.
Auch wenn für Stieg damit die Sandplatz-Veranstaltung frühzeitig beendet ist, wird sie Antalya gewiss nachhaltig in Erinnerung behalten. Zumindest vorerst. Denn hier gewann sie durch den Einzug ins Hauptfeld den ersten Weltranglisten-Punkt in ihrer Laufbahn. Ein Meilenstein für jeden Tennis-Profi. Und vielleicht ja im Fall der Hamburgerin der Beginn eines Aufstiegs?
Stieg ringt 40-jährige Britin Webley-Smith nieder
Noch ist die 17-Jährige gefühlt Lichtjahre von der großen WTA-Tour entfernt. Das Turnier in Antalya zählt zur kleinen ITF-Serie, auf der es kaum Geld zu gewinnen gibt und primär Spieler antreten, die entweder gar nicht in der Weltrangliste notiert sind oder die hinteren Plätze im Ranking belegen. Zur Verdeutlichung: Die in Antalya topgesetzte Ukrainerin Anastaiia Sobolieva belegt aktuell Platz 197. Damit blieb der 20-Jährigen immerhin die Qualifikation für die mit gerade einmal 30.000 US.Dollar dotierten Veranstaltung erspart.
Stieg musste sich hingegen genau durch diese kämpfen und traf dabei im entscheidenden Match auf die Emily Webley-Smith. Es war ein Duell der Generationen: Auf der einen Seite die 17-jährige Deutsche ohne jede Hauptfeld-Erfahrung bei einem Profiturnier, auf der anderen Seite die 40 Jahre alte Britin mit ihren vier Einzel- und 27 Doppeltiteln auf der ITF-Tour. Am Ende siegte der jugendliche Elan über die Erfahrung: Stieg setzte sich in einem Tennis-Krimi mit 4:6, 6:4, 10:8 durch und zog in die erste Runde ein.
Lys, Seidel und Noha Akugue warten auf endgültigen Durchbruch
Matches wie gegen Webley-Smith wird die Hamburgerin vermutlich noch sehr viele bestreiten müssen, bevor sie irgendwann vielleicht einen festen Platz auf der großen WTA-Tour innehaben wird. Der Weg dorthin ist weit und stenig. Auch Kerber hat während ihrer Laufbahn immer wieder Rückschläge hinnehmen müssen, bevor sie zu einer absoluten Spitzenspielerin wurde, die es auf Weltranglistenrang eins schaffte. Ob Stieg irgendwann in ihre Fußstapfen treten kann?
Die 17-Jährige gilt ebenso wie Noma Noha Akugue und Ella Seidel als großes Talent. Die ebenfalls beide aus Hamburg stammenden Nachwuchsspielerinnen traten in dieser Woche ebenfalls in Antalya an - allerdings dort beim Turnier der WTA-Tour. Und sie schieden wie Stieg bei der ITF-Veranstaltung in der Türkei in Runde eins aus.
Beste deutsche Spielerin im Ranking ist derzeit Australian-Open-Achtelfinalistin Eva Lys als 76. Die 23-Jährige ist in den vergangenen Jahren auch die "Ochsentour" durch die Tennis-Provinz gegangen, um Erfahrung und Punkte zu sammeln. Nach ihrer Sternstunde als "Lucky Looserin" in Melbourne hoffte die Hamburgerin auf den raschen endgültigen Durchbruch. Die bittere Wahrheit aber ist: Nach dem ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres gewann Lys bis dato nur noch eine einzige Partie im Hauptfeld. Der Weg nach oben, er ist hart und steinig. Diese Erfahrung wird auch Filippa Stieg sehr wahrscheinlich noch sehr oft machen müssen.