Wolfsburgs Dzenan Pejcinovic

NDR-Sport Dzenan Pejcinovic: Darum buhlt Manchester City um Wolfsburgs Sturm-Juwel

Stand: 15.06.2024 13:05 Uhr

Der VfL Wolfsburg hat mit Dzenan Pejcinovic ein Top-Stürmer-Talent in seinen Reihen. Den Durchbruch hat der 19-Jährige noch nicht geschafft, an seinen Fähigkeiten aber gibt es keine Zweifel. Das hat auch Manchester City registriert und streckt offenbar die Fühler aus.

Von Tobias Knaack

Pejcinovic scheint ein strategisch denkender Mensch zu sein. Reflektiert und bedacht dazu. Als er im Sommer 2022 als 17-Jähriger an den Mittellandkanal wechselte, begründete der gebürtige Münchner in einem Interview mit dem Fußballmagazin "Kicker" seinen Schritt damit, dass "es für mich in meinem Alter wenig Sinn macht, jetzt schon einen solch großen Schritt zu machen. Die Perspektive in Wolfsburg war für mich entscheidend". Auch wenn damals schon "sicher große Namen dabei waren".

Hinter Pejcinovic liegt eine bittere Bundesliga-Saison, ...

Zwei Jahre später scheint sich genau ein solcher "großer Name" erneut für den Mann zu interessieren, für den der VfL Wolfsburg vor zwei Jahren 1,25 Millionen an den FC Augsburg überwies: Manchester City. Das berichtete der "Kicker" unter der Woche.

Auf den ersten Blick überrascht der Zeitpunkt, denn die zurückliegende Saison verlief für Pejcinovic bitter, der oft beschworene "nächste Schritt" gelang ihm nicht: In der Bundesliga brachte es der Youngster des VfL nur auf vier Kurzeinsätze. Am vorletzten Spieltag brach sich der Stürmer, der sowohl den deutschen als auch den montenegrinischen Pass besitzt, dann auch noch den Mittelfuß. Aktuell befindet er sich in der Reha und kämpft um eine möglichst schnelle Rückkehr auf den Rasen.

... bei den A-Junioren aber traf er nach Belieben

Blickt man allerdings etwas genauer hin, ist schnell zu erkennen, weshalb der englische Meister sich für den Stürmer interessieren könnte: In der A-Junioren-Bundesliga Nord/Nordost hat er in 18 Spielen 28 Tore erzielt - knapp ein Drittel der 90 Liga-Treffer der Wolfsburger U19 in der zurückliegenden Saison.

Den Daten des Global Soccer Networks (GSN) zufolge erzielt er pro Partie im Schnitt 1,56 Tore - mehr als sein Expected-Goals-Wert ausweist (1,05). Zudem ist er durchschnittlich an mehr als zwei Angriffen mit Torerfolg pro Begegnung beteiligt.

Das Spiel-Niveau des 19-Jährigen könnte internationale Klasse erreichen

Schon heute liegt sein GSN-Index bei 66,24 - einem Wert, der ihn zu einem soliden Bundesliga-Spieler macht. Sein möglicher GSN-Index könnte bis auf 81,58 steigen - und ihn damit in die internationale Klasse katapultieren.

Was ist der GSN-Index?

Vier-Säulen-Prinzip:

  • 1. "fußballerische Eigenschaften": Technik, Spielübersicht oder der erste Kontakt: Einschätzungen über 130 fußballspezifische Eigenschaften von mehr als 300 Scouts weltweit.
  • 2. "fußballerisches Potenzial": Wo werden Spieler besser, wo stagnieren sie oder entwickeln sich zurück? Ein Algorithmus analysiert Daten aus der ersten Säule und vergleicht Spielertypen.
  • 3. "Performance auf dem Spielfeld": Tore, Pässe, Fouls, Schüsse oder auch Abseitspositionen: die Spiel-Basisdaten und weiterführende Analysen wie "Expected goals" oder "Action scores" werden durch einen Algorithmus in einen übergeordneten Kontext gesetzt - zum Beispiel positionsbezogen.
  • 4. "Spielniveau": Jede Mannschaft oder Liga hat einen Zahlenwert, der ihre Stärke bemisst. Oberliga oder Champions League: Umso höher das Spielniveau des Gegners, desto positiver wirkt es sich auf den GSN-Index aus.

Bewertungs-Skala:

  • 85 - 100: Weltklasse
  • 70 - 85: internationale Klasse
  • 60 - 70: Durchschnitt Bundesliga bzw. der Top 5 Ligen
  • 50 - 60: Durchschnitt 2. Bundesliga
  • 40 - 50: Durchschnitt 3. Liga
  • 30 - 40: Durchschnitt Regionalliga

Zwei GSN-Index-Werte:

  • aktueller GSN-Index: zeigt die aktuelle, allumfassende Qualität eines Spielers basierend auf den Daten der vier Säulen und Algorithmus-Berechnungen.
  • möglicher GSN-Index: Künstliche Intelligenz ermittelt anhand der Daten das bestmögliche, zukünftige Leistungsniveau eines Spielers.

Was ist der Performance-Score?

  • Tore, Pässe, Fouls, Schüsse oder auch Abseitspositionen: die Spiel-Basisdaten und weiterführende Analysen wie "Expected goals" oder "Action scores" werden beim "Performance-Score" durch einen Algorithmus in einen übergeordneten Kontext gesetzt - zum Beispiel positionsbezogen.
  • Beim "Performance-Score" sind alle Spieler zunächst einmal auf 0 gesetzt und werden anhand der reinen Leistungsdaten, kombiniert mit Datenmodellen, bewertet.
  • Damit liefert dieser Wert eine Einschätzung, wie gut oder schlecht ein Spieler aktuell spielt.
  • Der "Performance-Score" ist ein Baustein des GSN-Index, der wiederum eine generelle, langfristige Bewertung aller Fähigkeiten, Potenziale und Qualitäten eines Spielers ist.

Ist sein Performance-Score in der Bundesliga aktuell schwach (39,97), deutet sein extrem hoher Wert in der U19 (85,80) sein Potenzial an. Der gute Wert aus der deutschen U19-Nationalmannschaft (61,42) untermauert diesen Eindruck - und erklärt das mögliche Interesse Manchesters.

Pejcinovic könnte gut in Machester Citys System passen

Jenseits der beeindruckenden Statistiken sind es vor allem aber seine Stärken, die ihn als Stoßstürmer für das 4-2-3-1-System von Pep Guardiola in Manchester attraktiv machen: sein Abschluss, der erste Kontakt, seine Technik, sein Kopfballspiel, seine Raumfindung und Kreativität sowie sein offensives Eins-gegen-eins-Spiel.

Er könnte nicht nur als klassischer Zielspieler fungieren, sondern auch aktiv am Pressing und an der Defensivarbeit teilnehmen sowie flexibel auf die Bewegungen seiner Mitspieler reagieren.

Seine Fähigkeiten passen gut zu Guardiolas bevorzugtem Spielstil, der auf Ballbesitz, schnelle Kombinationen und kreatives Angriffsspiel setzt. Allerdings müsste er sich in Manchester auch den Herausforderungen stellen, die das intensive Pressing, das Spiel mit dem Rücken zum Tor, die taktische Flexibilität, die Integration ins schnelle Kombinationsspiel und der mentale Druck mit sich bringen.

Denn der ist - auch angesichts der Konkurrenz um Top-Torjäger Erling Haaland (27 Premier-League-Tore in 31 Partien) und Weltmeister Julian Alvarez (elf Treffer und neun Assists) - enorm.

Will Guardiola einen Haaland-Back-Up entwickeln?

Dennoch könnte Pejcinovic auch die Aussicht auf Einsätze im U-21-Team des Premier-League-Meisters locken. Zudem die Tatsache, dass Manchester diverse Partnerclubs hat - etwa den spanischen Champions-League-Teilnehmer FC Girona.

Guardiola könnte mit einer Verpflichtung Pejcinovics auch einen Transfer für die Zukunft tätigen und im laufenden Betrieb ein Back-Up für Haaland entwickeln. Der 23-jährige Norweger hatte trotz seiner beeindruckenden Quote in der vergangenen Saison immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen, verpasste alleine in der Liga sieben Partien. Vom Profil her wäre Pejcinovic in dieser Rolle durchaus denkbar.

Welche Perspektive kann Wolfsburg bieten?

Ein Abgang aus Wolfsburg könnte für den 19-Jährigen auch deshalb in Betracht kommen, da er in der kommenden Spielzeit nicht mehr für den Nachwuchs der Niedersachsen stürmen darf. Die haben nämlich keine U23 oder U21. Nach Informationen der "Wolfsburger Allgemeinen Zeitung" soll es Letztere frühestens 2025 wieder am Mittellandkanal geben.

Auch wenn VfL-Sportdirektor Sebastian Schindzielorz dem "Kicker" gegenüber äußerte, dass man bei den "Wölfen" mit der Entwicklung Pejcinovics "sehr zufrieden" sei und man sich überlege, "wie wir diese Entwicklung weiter vorantreiben", hatte Trainer Ralph Hasenhüttl Anfang Mai bereits signalisiert, dass für ihn ein Leihgeschäft für den Stürmer durchaus denkbar sei. Oder gar ein Verkauf?

Schindzielorz hofft auf Wiedereinstieg und Entwicklung

Schindzielorz sagt dazu: "Leider ist die Verletzung dazwischengekommen. Deswegen steht für uns erst einmal im Vordergrund, Dzenan wieder gesund und belastungsfähig zu bekommen. Wir hoffen, dass er im Laufe der Vorbereitung wieder ins Training einsteigen kann, danach sehen wir weiter."

Die Frage allerdings scheint durchaus berechtigt, bei welchem Verein das sein wird. So reflektiert wie Pejcinovic vor zwei Jahren gesprochen und entschieden hat, ist zumindest sicher, dass er auch jetzt seine Optionen genau abwägt und dann entscheidet, ob es jetzt der richtige Zeitpunkt für den nächsten Schritt und einen "großen Namen" ist.