DFB-Frauen gegen Polen Kampf ums EM-Ticket und die letzten Olympia-Plätze
Im EM-Qualifikationsspiel gegen Polen kann die deutsche Nationalmannschaft der Frauen das Ticket für die EM 2025 in der Schweiz lösen. Zudem möchten die Spielerinnen des DFB-Teams bei Bundestrainer Horst Hrubesch eine letzte Bewerbung für den Olympia-Kader abgeben.
Es sind allerbeste Voraussetzungen: Mit ihrem spät herausgespielten 4:1-Sieg im "Hinspiel" der EM-Qualifkationsgruppe vier gegen die Polinnen am vergangenen Freitag in Rostock haben die deutschen Nationalspielerinnen sich und ihren Coach vor dem "Rückspiel" gegen denselben Gegner am Dienstag (18 Uhr, live im Ersten und auf sportschau.de) in Gdynia vor eine doppelte Aufgabe gestellt.
Denn auch wenn Bundestrainer Hrubesch sagt, er "mache nichts abhängig von einem Spiel", muss jede einzelne Spielerin ein letztes Mal für sich werben, bevor der knapp bemessene Kader für das olympische Fußball-Turnier Anfang Juli benannt werden muss.
Und als Mannschaft können sie gegen den bislang punktlosen Weltranglisten-29. die Teilnahme an der Europameisterschaft in der Schweiz im kommenden Jahr fix machen. Es steht also gleich im doppelten Sinne eine Menge auf dem Spiel in Gdynia.
Hrubesch schärft noch einmal die Sinne
Die bisherige Bilanz im Nachbar-Duell spricht klar für die DFB-Frauen, die alle fünf Duelle für sich entscheiden konnten - bei einem Torverhältnis von 25:2. Doch für sein letztes Olympia-Casting schärfte Hrubesch noch einmal die Sinne. "Die Polinnen werden hier sicher alles reinschmeißen", warnte der 73-Jährige: "Es kommt darauf an, das Spiel zu bestimmen und zu kontrollieren." Anlass für mahnende Worte bot ihm die Begegnung im Ostseestadion allemal - insbesondere der Auftakt.
"Es kommt darauf an, das Spiel zu bestimmen und zu kontrollieren - und nicht von Anfang an gleich loszugehen wie verrückt."
— Bundestrainer Horst Hrubesch
Sekundenschlaf wie beim Gegentreffer nach nicht einmal einer halben Minute ist am Dienstag strengstens untersagt: Der Star des polnischen Teams und Bundesliga-Torschützenkönigin Ewa Pajor, die den VfL Wolfsburg für 500.000 Euro Richtung Barcelona verlässt, hatte die unsortierte deutsche Hintermannschaft mit einer starken Hereingabe ausgehebelt, Natalia Padilla-Bidas ohne Probleme aus kurzer Distanz das Führungstor erzielt.
DFB-Frauen ließen gegen Polen zu viele Großchancen zu
Und im weiteren Spielverlauf hatte Pajor weitere Großchancen: In der 17. Minute verpasste sie freistehend das zu dem Zeitpunkt mögliche 2:0, in der 63. Minute mit einem Latten-Kracher die erneute Führung. "Wir haben angesprochen, dass wir uns solche Fehler nicht leisten können", sagte Hrubesch.
Denn auch wenn Doppeltorschützin Giulia Gwinn nach dem letztlich klaren Erfolg durchaus zu Recht die Comeback-Qualitäten des Teams lobte, hätten die Nachlässigkeiten die DFB-Frauen gegen einen stärkeren Gegner teuer zu stehen kommen können.
Eng getakteter Fahrplan bis zum Olympia-Auftakt
Der Fahrplan für die kommenden Wochen bis zum Auftakt bei den Sommerspielen gegen Australien (25. Juli) ist gleichermaßen klar wie eng getaktet: Am Dienstag soll mit dem vierten Sieg im vierten Spiel das Ticket für die EM gelöst werden. Dann könnten die Vize-Europameisterinnen von 2022 nach einem kurzen Urlaub die Rückspiele auf Island (12. Juli) und gegen Österreich (16. Juli) in Hannover zum Feintuning nutzen.
Hegering wohl doch rechtzeitig fit für Olympia
Eine gute Nachricht hatte Hrubesch zu den Olympia-Chancen der erneut verletzten Abwehrchefin Marina Hegering vermelden: "Ich gehe davon aus, dass es absolut reichen wird. Und ich denke, da war auch der Schreck ein bisschen größer", gab Hrubesch vor dem EM-Qualifikationsspiel in Polen Entwarnung: "Wir haben ein MRT gemacht, und ich denke, dass wir das hinkriegen."
Für die Partie in Polen fällt die 34-Jährige vom VfL Wolfsburg aber definitiv aus. Beim Duell in Rostock war Hegering wegen einer Muskelverletzung in der linken Wade ausgewechselt worden, in der sie im März erst einen Muskelfaserriss erlitten hatte. Auf weitere Verletzungen würde der 73-jährige Hrubesch nur zu gern verzichten.
Wie groß ist der Olympia-Kader für Hrubesch?
"Wir müssen nur gucken: Wer kommt wirklich fit rüber?", sagte Hrubesch, der noch immer auf einen 22er-Kader für die Medaillenmission hofft. Stand jetzt dürfen nur 16 Feldspielerinnen und zwei Torhüterinnen mit, vier auf Abruf nominierte Ersatzkräfte bleiben daheim.
Sollte es trotz der Vorstöße beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und beim Weltverband FIFA beim Mini-Kader bleiben, besteht noch die Hoffnung, dass das Not-Quartett trotzdem mitreisen darf. Entsprechende Gespräche mit den Vereinen sind noch nicht abgeschlossen.
Überangebot in der Offensive des DFB-Teams
Im ersten Spiel gegen Polen setzte Hrubesch auf die Doppelspitze Alexandra Popp und Lea Schüller. Sie dürften für Olympia gesetzt sein. Das gilt auch für die durchsetzungs- und schussstarke Klara Bühl und die schnelle Jule Brand als Flügelstürmerinnen.
Zu den Wackelkandidatinnen gehört Laura Freigang. Es ist mein ganz klares Ziel, dass ich es in den Kader schaffen möchte", sagte die Angreiferin von Eintracht Frankfurt: "Ich mache mir in dem Sinne keine Gedanken, weil ich weiß, dass ich jedes Training, jedes Spiel Gas gebe. Und am Ende des Tages muss ich zum Glück auch nicht entscheiden."
Die Stürmerin von Eintracht Frankfurt erhielt in Rostock als Joker 45 Minuten Spielzeit, präsentierte sich gewohnt engagiert, konnte ihre Gelegenheiten aber nicht verwerten. Sie muss beim Überangebot in der Offensive wohl genauso zittern wie ihre SGE-Kollegin Nicole Anyomi und die Wolfsburgerin Vivien Endemann als Flügelspielerinnen.
Senß überzeugte gegen Polen
Im zentralen Mittelfeld haben Lena Oberdorf (wechselt von Wolfsburg nach München) und die beim FC Chelsea erstarkte Sjoeke Nüsken ihre Plätze sicher. Zudem dürfte Elisa Senß den Vorzug vor Janina Minge vom SC Freiburg erhalten.
Die Mittelfeldspielerin von Bayer Leverkusen, die kommende Saison für die Eintracht auflaufen wird, hat seit ihrem Debüt im vergangenen Dezember mit mutigen Auftritten Pluspunkte gesammelt. Sie lieferte am Freitag mit einem langen Pass die Vorlage zum vorentscheidenden 2:1 durch Lea Schüller (77.) und war nach ihrer Einwechslung eine der auffälligsten Akteurinenen des Hrubesch-Teams.
Was passiert mit Doorsoun?
In der Abwehr sind Gwinn vom FC Bayern und Sarai Linder von der TSG 1899 Hoffenheim auf Außen gesetzt, ebenso Kathrin Hendrich (Wolfsburg) als Innenverteidigerin. Je nach Verlauf der Verletzung bei Hegering könnte es für die routinierte Sara Doorsoun (Frankfurt) eng werden. Auf Außen stehen wohl Doorsouns Teamkollegin Pia-Sophie Wolter und Felicitas Rauch (North Carolina Courage) auf der Kippe.
Und im Tor ist Stina Johannes (Frankfurt) hinter der Wolfsburgerin Merle Frohms und der in die USA gewechselten Ann-Katrin Berger dritte Wahl. "Es wird sicherlich ein, zwei Fälle geben, die hart sind", sagte Hrubesch. "Aber das werden die Mädels auch verstehen." Und eine letzte Chance, sich zu zeigen, haben sie ja am Dienstag noch.
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Sport aktuell | 04.06.2024 | 20:17 Uhr