Svenja Huth (l.) wird gefeiert, Alexandra Popp lacht

DFB-Abschied von Svenja Huth Die Kleine mit dem großen Kämpferherz

Stand: 16.07.2024 20:57 Uhr

Bereits im März hatte Svenja Huth ihren Rücktritt aus dem Nationalteam erklärt. Im Rahmen des Länderspiels gegen Österreich in Hannover wurde die 88-malige Nationalspielerin (neben Melanie Leupolz) für ihre Verdienste in Hannover geehrt. Der Blick auf die Karriere einer unermüdlichen Fußball-Arbeiterin.

Von Inka Blumensaat

Huth ist am Dienstagabend gerührt, als nach der Ehrung durch DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch und Sportdirektorin Nia Künzer "Sveni"-Sprechchöre aus der Nordkurve der Arena in Hannover schallen. Die körperlich kleine Fußballerin ist zum großen Idol vieler Fans geworden.

1,63 Meter klein, großes Können

Über ihre Körpergröße macht Huth oft Witze - etwa wenn sie bei einem Fotoshooting feststellt, dass eine 13-jährige Nachwuchsspielerin genauso viel misst, wie sie selbst. Oder wenn sie nach ihrem groß gewachsenen Wolfsburger Trainer Tommy Stroot ein Fernsehinterview gibt und anmerkt, dass man das Kamerastativ jetzt mal einen Meter nach unten stellen könne.

Auf dem Platz kann die Angreiferin sich dennoch durchsetzen - aufgrund ihres Tempos und Willens, dank ihrer Robustheit und Spielintelligenz. Sogar einige Kopfballtore sind der dreimaligen deutschen Meisterin gelungen, wobei der Torabschluss nicht zu ihren großen Stärken zählt. Wenn sie aber trifft, dann auch sehenswert, wie 2017 bei einem Sieg gegen Frankreich, als sie die Torhüterin per Bogenlampe überwand - ihr schönster Treffer für das Nationalteam.

Die vielseitige "Flügelflitzerin"

Ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft feierte Huth 2011, es dauerte auch verletzungsbedingt lange, bis sie über den Status der Ergänzungsspielerin hinaus kam. Von der EM 2017 an aber war die vielseitig einsetzbare und technisch starke Fußballerin aus dem Team kaum mehr wegzudenken.

Huth flitzte über den Flügel, rackerte - "Svenja läuft wirklich in jedem Spiel um ihr Leben", sagte Teamkollegin Popp einmal. Huth rennt und geht voran, ist mit ihrer Einstellung ein Vorbild für viele junge Spielerinnen, beim VfL Wolfsburg ebenso wie bis vor Kurzem in der DFB-Auswahl. Eine, die den Teamgeist lebt und ohne Murren hinnahm, wenn der Trainer oder die Trainerin ihre Position änderte, bei der WM 2023 lief Huth gar als Rechtsverteidigerin auf.

Starke Vorbereiterin

Bei der Euro 2022 führte sie das DFB-Team im ersten und im letzten Spiel auf den Platz. Beim Auftakt gegen Dänemark stand Kapitänin Popp nach einer Corona-Erkrankung nicht von Beginn an auf dem Platz, im Finale gegen England fehlte sie kurzfristig verletzt.

Huth spielte ein starkes Turnier, im Halbfinale gegen Frankreich legte sie Popp zwei Treffer brillant auf - und freute sich von Herzen über den großen Ruhm ihrer langjährigen Mitspielerin, die von Fans und Medien gefeiert und in der Zukunft zur bekanntesten deutschen Fußballerin wurde.

Huth selbst zieht es nicht ins große Rampenlicht. Interviewanfragen erfüllt sie mit viel Professionalität, spricht immer Klartext, ordnet Dinge in Ruhe ein. So emotional und extrovertiert wie Popp, mit der sie 2016 in Rio gemeinsam Olympiagold gewann, zeigt die gebürtige Bayerin sich nicht.

Kampf für die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare

Aber sie tritt ein, wofür ihr wichtig ist. Im vergangenen Jahr wurde Huth Mutter, Ehefrau Laura brachte Sohn Emil auf die Welt. Über die künstliche Befruchtung, die Eizellspende und die Bürokratie bei der Adoption ihres eigenen Kindes sprach sie offen, machte die Probleme gleichgeschlechtlicher Eltern sichtbar und kämpft auch weiterhin für Gleichstellung und Vielfalt.

Der mittlerweile zehn Monate alte Emil ist ein Grund für den Rückzug aus dem Nationalteam. Statt zu Länderspielen zu reisen, fuhr Huth im Frühjahr mit der Familie ans Meer - selbstverständlich nur an den trainingsfreien Tagen des VfL Wolfsburg. Denn am Mittellandkanal wird sie mindestens eine weitere Saison die Linie rauf und runter flitzen, Haken schlagen, Tore vorbereiten und alles geben für ihr Team.

Dieses Thema im Programm:
Sport aktuell | 16.07.2024 | 19:17 Uhr