NDR-Sport Boland mit besonderem Regionalliga-Start: "Das musste so kommen"
Nach dem Drittliga-Abstieg wurde Mirko Boland überraschend beim VfB Lübeck aussortiert. Auch mit seinem Wechsel zu Regionalliga-Aufsteiger SV Todesfelde hatte niemand gerechnet. Im Interview spricht der 37-Jährige über die turbulenten vergangenen Wochen und die kommende Saison - die den ehemaligen Bundesliga-Fußballer mit Todesfelde zum Start am Freitag (19 Uhr) ausgerechnet nach Lübeck führt.
Herr Boland, wie kickt es sich auf dem Dorf?
Mirko Boland: (lacht) Natürlich ist es hier anders als bei meinen bisherigen Karrierestationen. Aber das muss ja nicht schlecht sein. Ich bin froh, bei "Tofe" zu sein. Nach meinem Aus beim VfB habe ich mir gesagt, dass ich so nicht aufhören möchte. Ich habe noch Bock zu kicken, wollte aber gern in der Gegend bleiben. In Todesfelde habe ich sofort eine große Wertschätzung gespürt. Es geht sehr familiär zu, mit viel Herz und ich würde sagen: Wir haben da einen richtig coolen Haufen.
Bei Ihrer Verabschiedung in Lübeck war Ihnen deutlich anzusehen, dass es ein schwerer Gang für Sie war. Wieso ging es beim VfB nicht weiter?
Boland: Ich wäre gern geblieben. Dass es anders gekommen ist, hat mich überrascht und enttäuscht. Aber ich werde nicht nachtreten. Dafür bin ich nicht der Typ.
Sie sind 2020 nach Lübeck gewechselt. Es waren bewegte Jahre: Abstieg aus der 3. Liga 2021, Aufstieg 2023, Abstieg 2024. Wieso konnte sich der VfB nicht in Liga drei etablieren?
Boland: Zuvorderst haben wir auf dem Platz einfach sportlich nicht überzeugt. Wenn man nach 38 Spielen unten drin steht, dann hat man sich den Klassenerhalt auch nicht verdient. Man hat zuletzt an Ulm und Münster gesehen, dass es auch anders laufen kann. Die sind aus der Regionalliga durchmarschiert. Wenngleich diese Vereine sicher andere finanzielle Möglichkeiten als Lübeck haben.
Bei uns hat vieles nicht gestimmt. Wir hatten Verletzungspech. Dann waren da die Trainerwechsel. Und man kann auch nicht sagen, dass nach dem Aufstieg auf einmal die ganze Stadt hinter dem Club gestanden hätte, um es gemeinsam zu schaffen. Aber noch einmal: Wir hätten vor allem besser spielen müssen.
Der DFB hat kürzlich die Zahlen veröffentlicht, welche Drittliga-Clubs wie viel Geld aus dem sogenannten "Talentfördertopf" bekommen. Primus Unterhaching erhält demnach knapp 760.000 Euro. Für Lübeck als Schlusslicht gibt's genau 2.415 Euro und 99 Cent.
Boland: Ja, das ist schon krass. Es heißt zwar nicht, dass der VfB keine jungen Spieler eingesetzt hat - aber der DFB belohnt da finanziell die Ausbildung eigener Nachwuchsspieler, die eingesetzt worden sind. Aber Unterhaching zeigt, dass der Verein eine erfolgreiche Herangehensweise hat. Die Spielvereinigung hat das zur Philosophie gemacht. Da spielen vielleicht acht gestandene Spieler, auf denen die Last ruht. Und der Rest wird aus der Jugend hochgezogen. Das wissen die Talente dann auch, wenn sie in Unterhaching bleiben.
Sie haben einen großen Teil Ihrer Karriere in Braunschweig verbracht. Geht Ihnen noch immer das Herz auf, wenn Sie aus der Ferne mitbekommen, wie die "Löwen" in der Zweitliga-Rückrunde durchstarten und den nicht mehr für möglich gehaltenen Klassenerhalt feiern?
Boland: Total! Wann immer ich Zeit habe, also nicht selbst spiele und wenn mich meine Kinder lassen, schaue ich mir die Spiele von Braunschweig an. Ich habe mich wirklich riesig gefreut. Es ist jetzt sogar noch mal anders, weil viele meiner alten Mitspieler das Zepter übernommen haben: Benjamin Kessel als Geschäftsführer, Dennis Kruppke ist jetzt Kaderplaner, Marc Pfitzner Co-Trainer. Ken Reichel im Nachwuchsleistungszentrum. Und jetzt auch noch Jasmin Fejzic mit den Torhütern.
Zurück zu Todesfelde, wo Sie den Altersschnitt natürlich stark nach oben ziehen. Wie sehen Sie Ihre Rolle?
Boland: Ich soll auch ein Fixpunkt auf dem Platz sein. Für den Club ist die Regionalliga ein Abenteuer, was aber in keiner Weise bedeutet, dass wir dieses nicht erfolgreich gestalten können. Ich will mit meiner Erfahrung auf dem Platz helfen, dass es nicht bei dem einen Jahr bleibt. Wer schon mal in Todesfelde war, und das sind wahrscheinlich nicht so viele, weiß: Todesfelde ist klein. Aber umso toller ist es, was der Verein mit vielen Ehrenamtlichen auf die Beine gestellt hat.
Was ist denn mit "Deathfield", wie sich der Club auch selbst spaßig nennt, in der Regionalliga möglich?
Boland: Das Ziel ist klar: Wir müssen vier Teams hinter uns lassen. Viele sehen uns als den absoluten Underdog - und das nehmen wir an. Aber wir werden nicht in die Spiele gehen nach dem Motto: Wenn wir heute einen Punkt holen, dann wäre das schon gut.
Mein Ehrgeiz und mein Wille sind auf jeden Fall da. Ich will in jedem Spiel alles raushauen. Wenn sich über die Jahre an meiner Einstellung etwas geändert hätte, hätte ich nach meinem Ende in Lübeck auch gleich aufhören können.
Mit mittlerweile 37 Jahren sind Sie zumindest im Spätsommer Ihrer Karriere angekommen. Haben Sie schon einen Plan für die Zeit danach?
Boland: (lacht) Also erstmal ist meine Aufgabe hier in Todesfelde nicht unbedingt auf ein Jahr begrenzt. Aber ich mache gerade nebenbei meine Trainer-B-Lizenz. Da ist im Oktober die Abschlussprüfung. In dem Bereich zu arbeiten, könnte ich mir vorstellen. Aber ich lege mich noch nicht fest. Auch weil es Vollzeitstellen für Berufsanfänger eigentlich nur bei Proficlubs gibt. Das wäre ja sogar beim VfB Lübeck schwierig gewesen.
Am Freitag (19 Uhr) beginnt die Regionalliga-Saison - ausgerechnet mit dem Duell Lübeck gegen Todesfelde. Hat es der Spielplan besonders gut oder schlecht mit Ihnen gemeint?
Boland: Das musste ja so kommen. Als ich das gehört habe, habe ich nur geschmunzelt.
Das Interview führte Florian Neuhauss
Dieses Thema im Programm:
Nachrichten für Schleswig-Holstein | 26.07.2024 | 08:48 Uhr