Abschied eines ganz Großen Bitters letztes Spiel für den HSV Hamburg
Johannes Bitter rückt noch einmal zwischen die Pfosten - zum letzten Mal in seiner langen und erfolgreichen Handball-Karriere. Das Heimspiel seines HSV Hamburg gegen die SG Flensburg-Handewitt an diesem Sonntag wird sein 657. Bundesligaspiel sein.
Ein wenig Gänsehaut bekommt Bitter schon, wenn er an seinen Abschied denkt. "Ich bin sicher, dass es emotional wird", sagt der Torhüter des HSV Hamburg. Im Nordduell mit Flensburg wird der 42-Jährige am Sonntag (15 Uhr) seine Karriere beenden. Nach offizieller Zählung der Handball-Bundesliga (HBL) hat der Weltmeister von 2007, deutsche Meister von 2011 und Champions-League-Sieger von 2013 dann 657 Bundesligapartien absolviert. Hinzu kommen 175 Einsätze im Nationaltrikot.
"Ich möchte in dem Moment nicht groß nachdenken. Ich möchte es einfach genießen."
— Johannes Bitter
"Ich hatte in dieser Halle auch den Abschied von der Nationalmannschaft. Der war schon hochemotional", sagt Bitter dem NDR, als er vor jetzt noch leeren Rängen über das Parkett schlendert. Am Sonntag wird die Halle wohl ausverkauft sein. Er könne "schon ein bisschen erahnen, was da mit mir passiert. Ich will mich darauf einlassen und möchte auch nicht groß nachdenken. Ich möchte es einfach genießen", erklärt er.
Höhen und Tiefen beim HSV Hamburg
"Ich freue mich unwahrscheinlich über die Wertschätzung, dass so viele Leute zu diesem Spiel kommen und mich noch einmal im Trikot sehen wollen", sagt der 2,05-Meter-Mann. Seine Karriere begann für den gebürtigen Oldenburger bei der SG VTB Altjührden und führte ihn über den Wilhelmshavener HV zum SC Magdeburg und zum HSV Hamburg. Dort erlebte er 2016 die Insolvenz und den Zwangsabstieg des Clubs. Es folgten fünf Jahre beim TVB Stuttgart, ehe er sich 2021 wieder den Hanseaten anschloss.
"Klar, die Spiele, die zu Titeln geführt haben, die waren schon besonders. Das sind Sachen, die dich dein Leben lang begleiten, weil sie einfach deine Karriere beeinflusst haben", sagt Bitter. Er hat einige absolute Highlight-Spiele erlebt, die in Erinnerung geblieben sind. Auch bei Andreas Michelmann, dem Präsidenten des Deutschen Handballbundes (DHB): "Wenn ich an Johannes Bitter denke, erinnere ich mich an seinen grandiosen Einsatz im Finale der Weltmeisterschaft 2007, als Henning Fritz verletzt ausgeschieden war." Bitter kam auf das Feld, hielt den 29:24-Sieg über Polen fest und sicherte das zweite deutsche WM-Gold nach 1978.
Anfangszeit in Magdeburg bei Gislason prägend
In der Rückschau auf seine Laufbahn sei es vor allem eine Zeit gewesen, die ihn sehr geprägt habe, erzählt Bitter: "Was immer hängen bleiben wird, sind die ersten zwei Jahre beim SC Magdeburg, wo Alfred Gislason mich ins kalte Wasser geschmissen und einfach hat spielen lassen."
Er ist ein super Charakter und Mannschaftsspieler - eine Führungspersönlichkeit auf und außerhalb des Spielfeldes."
— Bundestrainer Alfred Gislason
Auch Gislason, mittlerweile seit 2020 Trainer der deutschen Nationalmannschaft, hat gute Erinnerungen an die gemeinsamen Jahre: "Als Trainer in Magdeburg habe ich den jungen Johannes Bitter zum SCM geholt. Er war ein überragender Torhüter und sehr intelligenter Handballer", sagt der 65-Jährige.
Bitter längst in anderer Position beim HSVH im Einsatz
Auf dem Spielfeld hat sich in den langen Jahren viel getan. Das Spiel sei durch die Einführung der schnellen Mitte sehr viel rasanter geworden, so Bitter: "Ohne despektierlich zu sein: Früher wurde ein bisschen gekreuzt, und es gab mehr Würfe aus dem Rückraum." Mittlerweile sei der Torwart der erste Angriffsspieler geworden und durch "das Sieben-gegen-Sechs ist es auch viel mehr Lauferei".
Anfang Oktober, nach der 27:30-Pokalniederlage gegen den THW Kiel, gab Bitter sein Karriereende bekannt. Seitdem konzentriert er sich auf seine neuen Aufgaben als Vizepräsident und Sportchef des Clubs. "Ich habe in den letzten Jahren schon etwas reinriechen und viele Sachen mitgestalten dürfen. Jetzt auch Verantwortung zu tragen, macht mir schon wahnsinnig viel Spaß, aber es bringt natürlich auch Herausforderungen mit sich."
"Das Körperliche wird fehlen, es ist mehr im Kopf. Es ist mehr das Telefon als die Schuhe. Das ist eine große Veränderung. Aber ich freue mich, dass ich meinem Verein weiter verbunden bleiben darf."
— Johannes Bitter
Jetzt plant Bitter die sportliche Zukunft des HSVH
Vor der laufenden Saison hatte der HSV Hamburg große Sorgen um die Lizenz, die erst in letzter Instanz erteilt wurde. Auch das ist ein Feld, mit dem sich Bitter nun beschäftigen muss. "Idealerweise haben wir da bis zum Ende dieser Saison Ruhe drin", sagt der 42-Jährige. Sein Ziel ist es, die Hamburger Handballer dauerhaft in die obere Tabellenhälfte zu führen.
Das aber mit Geduld und Augenmaß: "Klar ist, dass wir schon ambitioniert in Richtung Zukunft denken wollen, aber wir werden nicht den Fehler machen, jetzt irgendwie durchzudrehen und zu sagen, dieses Ziel muss dann erreicht sein."
Keine Einsatzgarantie am Sonntag - aber eine Bankgarantie
Für den Moment gilt sein Fokus nun aber der Partie gegen Flensburg. Die Vorbereitung auf sein finales Spiel beschreibt er so: "Ich habe in den vergangenen Wochen mit der U21 trainiert, damit ich unseren Jungs aus der Bundesliga-Mannschaft nicht allzu sehr im Weg bin. Mal gucken, wie das Spiel dann läuft. Es gibt keine Einsatzgarantie, das ist ja vollkommen klar. Aber eine Bankgarantie gibt es auf jeden Fall." Und definitiv wird hinterher mit der Familie, Freuden und alten Weggefährten noch ordentlich gefeiert.
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Sportclub | 22.12.2024 | 22:50 Uhr