Fußball | Regionalliga "Welle" vs. "Delle" – 1. FC Lok und BSG Chemie vor dem 112. Leipziger Ortsderby
Während sich der 1. FC Lok Leipzig auch von einem Rückstand in Meuselwitz nicht aufhalten lässt und weiter "auf einer Welle reitet", verpatzt die zuletzt schwächelnde BSG Chemie die Generalprobe. Vor dem nun anstehenden 112. Ortsderby könnten die Gefühlswelten in Probstheida und Leutzsch unterschiedlicher kaum sein.
Der Abpfiff auf der Meuselwitzer Glaserkuppe und im Leutzscher Alfred-Kunze-Sportpark war kaum verklungen, als die Beteiligten des 1. FC Lok Leipzig und der BSG Chemie Leipzig zwangsläufig bereits mit dem kommenden Wochenende konfrontiert wurden. Zu wichtig, zu prestigeträchtig, zu bedeutend sowohl für Blau-Gelb als auch für Grün-Weiß ist das – je nach Gelehrtensicht – mittlerweile 112. Duell der ewigen Ortsrivalen am Sonntag (6. Oktober, 14:05 Uhr im MDR FERNSEHEN und SpiO-Livestream) vor wohl mehr als 10.000 Zuschauern im Probstheidaer Bruno-Plache-Stadion.
"Nicht ganz jugendfreie" Kabinenpredigt hilft Lok
Rein sportlich könnte die momentane Ausgangslage unterschiedlicher kaum sein. Durch das 3:1 beim ZFC blieb Lok auch im zehnten Punktspiel unter Neutrainer Jochen Seitz ungeschlagen und thront aktuell unangefochten an der Spitze der Regionalliga Nordost. Zunächst sah es in der thüringischen Kleinstadt aber nur bedingt danach aus, dass die mehr und mehr unheimliche FCL-Serie weiter Bestand haben würde.
Die zuletzt formstarken Meuselwitzer spielten eine Halbzeit lang "am Optimum", wie ihr Trainer Georg-Martin Leopold treffend beobachtete, und gingen folgerichtig in Führung. Erst dank der laut dem späteren Doppelpacker Pasqual Verkamp wohl "nicht ganz so jugendfreien" Kabinenpredigt des Trainers kam die bis dato schludrig-passive Lok-Elf noch rechtzeitig zu Sinnen und reitet einstweilen "weiter auf einer Welle", sagte Topscorer Verkamp.
Seitz: "Das darf im Derby nicht vorkommen"
Es sei "ein bisschen lauter geworden", bekannte Jochen Seitz. Denn "die erste Halbzeit war nicht das, was wir uns vorgenommen hatten. Das waren zu wenig spielerische Elemente, schlechtes Passspiel, ganz schlechte Zweikampfquote. Das haben wir in der Pause angesprochen, dann ein anderes Gesicht gezeigt und auch verdient gewonnen."
Lok – spürbar erfrischt von den im Verlauf eingewechselten Jokern Noel Eichinger, Farid Abderrahmane und Djamal Ziane – überrumpelte den ZFC eiskalt in zwei sehenswert vorgetragenen Kontersituationen, ehe Verkamp nach Zianes Kopfballverlängerung den Schlusspunkt setzte. Trotzdem mahnte Jochen Seitz mit Blick auf die nächste Partie: So eine Halbzeit "darf im Derby nicht vorkommen. Da haben wir keine Zeit, 45 Minuten zu verschenken. Das werden wir ansprechen und analysieren."
Chemie: "Scheißegal, was die letzten Wochen war"
50 Kilometer weiter nördlich hatte Chemie derweil die zweite deutliche Schlappe in Serie zu verarbeiten. Nach dem Vorwochen-1:5 in Erfurt verlor das Team von Miroslav Jagatic nun daheim mit 0:3 gegen die VSG Altglienicke. Der Doppelschlag von Eren Öztürk (44.) und Grace Bokake (47.) kurz vor bzw. kurz nach der Halbzeit leitete die zweite Heimniederlage der Saison ein. Die BSG liegt zwar mit zwölf Punkten auf Rang neun, aus den vergangenen sechs Partien blieb jedoch gerade ein Sieg und ein Remis übrig.
Immerhin: Statt Anschiss gab es im Anschluss eine Seelenmassage von den eigenen Anhängern. "Können wir alles vergessen. Scheißegal, was die letzten Wochen war. Nächste Woche ist Derby", hallte es den geknickten grün-weißen Akteuren vom Norddamm-Capo mit der trotzigen Aufforderung entgegen: "Kopf nach oben, so fahren wir nach Probstheida und ziehen die richtig ab. Wir haben hier nichts zu verlieren. Glaubt an euch!"
Jagatic verspricht "harte Arbeit"
Die deutlich kürzere Lunte als der Fanblock hatte Miroslav Jagatic. Unter anderem angesprochen auf die in dieser Saison latent mangelnde Kaltschnäuzigkeit und Chancenverwertung – nur die Kellerteams aus Luckenwalde und Chemnitz haben weniger Tore erzielt als Chemie (9) –, unterstrich der Fußballlehrer: "Wir können jetzt viel erzählen, wenn der Tag lang ist. Wir können die Statistiken hin und her drehen. Fakt ist: der Gegner war besser."
Die Fans hätten "ihren Job getan" getan, "uns motiviert und positive Energie gegeben, dass wir gegen Lok da sind. Das müssen wir uns natürlich hinter die Ohren schreiben", so Jagatic und monierte: "Wir haben nicht zu 100 Prozent getan, was wir vorhatten." Gleichsam versprach der 48-Jährige: "Wir werden die Sache aufarbeiten, wir werden die Woche hart arbeiten. Ich kenne meine Mannschaft, ich weiß, was sie kann. Das ist jetzt die Delle, aber wichtig ist, dass du einen kühlen Kopf behältst." Als Mutmacher hilft der Blick in die jüngste Vergangenheit – im Mai entschied Chemie in Probstheida das letzte Aufeinandertreffen mit 2:0 für sich.
mhe