Fußball | EURO 2024 Türkei gewinnt letztes Leipzig-Spiel - Stadt weiterhin im Fokus
Mit glücksbeseelten Türken ist das letzte Spiel der EURO 2024 in Leipzig zu Ende gegangen. Vorbei ist das Turnier in der Messestadt damit aber noch lange nicht. Vielleicht fällt in Sachsens größter Stadt am Ende sogar die Entscheidung, wer Europameister wird.
Das letzte Spiel der Europameisterschaft in Leipzig hatte noch einmal sehr viel Dramatik zu bieten: Blitztor, Sturmlauf, Verteidigungsbollwerk und eine Glanzparade in der Nachspielzeit. Nach Abpfiff lagen fast alle Spieler ausgepowert und klatschnass auf dem Rasen im ehemaligen Zentralstadion.
Auf den ersten Blick war nicht klar, wer denn nun eigentlich gewonnen hatte. Die Österreicher hatten keinen Grund zur Freude, den Türken fehlte zunächst schlicht die Kraft. Durch das hart erkämpfte 2:1 stehen die Bosporus-Kicker im Viertelfinale gegen die Niederlande, für die vom ehemaligen RB-Trainer Ralf Rangnick gecoachte Alpenrepublik, die sich nach den starken Leistungen in der Gruppenphase zu einem Geheimfavoriten gemausert hatte, ist das Turnier dagegen vorbei.
Ronaldo, Xavi und Modrić begeistern die Zuschauer
So auch für das Leipziger Stadion. Denn die vier Spiele, für die die Messestadt als Austragungsort vorgesehen war, sind mit dem Dienstagabend absolviert. Los ging es vier Tage nach dem rauschenden Eröffnungsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Schottland mit der Begegnung zwischen Portugal und Tschechien. Der Besuch des alternden Superstars Cristiano Ronaldo - dem je nach Blickweise erst- oder zweitbesten Fußballer seiner Generation - sorgte nicht nur bei den Einlaufkindern für Ekstase.
Drei Tage später gab es das Aufeinandertreffen zwischen den Niederlanden und Frankreich. Und die Oranje-Fans, die schon bei ihrem ersten Spiel in Hamburg die Benchmark für einen Fanmarsch setzten, ließen sich auch in Leipzig nicht lumpen. Einzig das Spiel war kein allzu großer Leckerbissen. Der Torjubel des in der letzten Saison bei RBL kickenden Xavi Simons wurde nach Überprüfung durch den Videoschiedsrichter wieder einkassiert. So endete das vermeintliche Topspiel ohne Tore.
Dramatisch wurde es in Leipzig am letzten Spieltag der Vorrundengruppe B: Kroatiens Superkicker Luka Modrić verschoss erst einen Elfmeter, nur um wenige Sekunden später doch jubeln zu können. Doch ein Treffer Italiens in der achten Minute der Nachspielzeit stürzte die Kroaten und Modrić ins Tal der Tränen. Aus in der Vorrunde und damit wohl auch das letzte Spiel für den inzwischen 38 Jahre alten Ausnahmespieler und Fanliebling bei einem großen Turnier.
Knapp 38.400 Zuschauer im Schnitt
Und zum Abschluss noch der dramatische Sieg der Türkei, durch den es Ralf Rangnick verpasste, an seiner alten Wirkungsstätte ein weiteres Mal Großes zu erreichen. Die Partien in Leipzig wussten größtenteils zu gefallen, insgesamt 153.579 Zuschauer jubelten im mit 40.000 Plätzen kleinsten der zehn EM-Stadien ihren Idolen zu. Und die feierten größtenteils stets friedlich. Trotzdem kam es immer wieder zu vereinzelten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Besonders das Abbrennen von Pyrotechnik und die damit eingehende Gefährdung anderer Menschen kritisierte die Polizei, die aber "ein positives Fazit aller vier Spieltage zieht und die Polizeieinsätze noch lange in guter Erinnerung behalten wird", wie es in einer offiziellen Mitteilung von Dienstagabend (2. Juli 2024) hieß. Polizeisprecher Olaf Hoppe sagte dem MDR: "Üblicherweise geht es in den Einsätzen viel gegen die Polizei. Hier bekommt man sehr positives Feedback."
Anfangsverdacht wegen rechtsextremem Gesang
Ganz ohne Negativ-Schlagzeilen ging es beim letzten Leipziger Achtelfinale aber nicht zu. Rund um das EM-Spiel wurden einer ersten Bilanz der Polizei zufolge 30 Straftaten registriert. Zudem gehe man "einem Anfangsverdacht" nach. Das Schweizer Fernsehen zeigte österreichische Fans, die zur Melodie "L'amour toujours" rechtextreme Parolen sangen. Im Stadion sorgte der türkische Torschütze Demiral mit einem so genannten Wolfsgruß, dem Gruß einer türkischen rechtsextremen Organisation, für einen Skandal.
Änderungen im Stadion
Zurück zum Positiven: In der Leipziger Fußball-Arena selbst wird es nach dem Abschluss der EM-Spiele aber nicht weniger betriebsam. Mit dem Auszug der UEFA beginnen die Umbauarbeiten und Vorbereitungen auf die anstehende Saison für RB Leipzig. Das bedeutet, dass die alte Pressetribüne wiedererrichtet und die provisorische abgebaut wird. Gleiches gilt für die sogenannten "Pitch-Studios". Die Sitzschalen hinter den Toren werden wieder entfernt, dabei wird gleich der Stehplatzbereich in Sektor B erweitert. Banden mit Sponsoren, die während der EM nicht gezeigt werden durften, kommen wieder an ihren Platz. Es ist also viel zu tun, bis die Bundesliga Ende August wieder startet.
Blick auf die für die EURO erreichtete Pressetribühne im Leipziger Stadion.
Party geht in der Fanzone weiter
Die Fußball-Begeisterten können die EM auch weiterhin im Stadtzentrum auf der Fanzone verfolgen. Das Areal auf dem Augustusplatz mit seinen Großbildleinwänden hat sich zu einem echten Zuschauermagnet entwickelt. Und das trotz teils sehr schwieriger Wetterbedingungen, die auch zu einer zeitweisen Schließung des Festes geführt haben.
Trotzdem strömten schon vor dem letzten Leipzig-Spiel knapp 200.000 Menschen zu den Spielen, Konzerten und weiteren Angeboten. "Das ist einmalig. Das ist mit 2006 nicht zu vergleichen", zieht Stefan Schmidt, der Projektkoordinator der Fan Zone Leipzig, ein positives Zwischenfazit. Er erhofft sich auch weiterhin gute Stimmung, die natürlich auch mit dem Abschneiden des DFB-Teams zusammenhängt: "Wir haben ja noch ein bisschen bis zum Finale und hoffen, dass die deutsche Nationalmannschaft noch ein Stückchen weiterkommt." Die besondere Stimmung auf dem Fanfest habe seiner Meinung nach vor allem mit der "familiären Atmosphäre auf dem Platz" zu tun. Von Oberbürgermeister Burkhard Jung habe es für die Organisatoren entsprechend schon viel Lob gegeben.
Mehr als 200.000 Fans strömten bisher auf die Fanzone am Augustusplatz.
Warme Worte auch von OK-Chef Lahm
Auch Turnierdirektor Philipp Lahm, Weltmeisterkapitän von 2014, machte sich ein Bild vor Ort und war von sichtlich angetan. "Hier die Fanzone zu sehen, ist unglaublich. Ich finde das wunderschön mit dem Brunnen in der Mitte", sagte Lahm mit Blick auf den Augustusplatz in Leipzig beim Interview mit SPORT IM OSTEN. Die Begeisterung sei "genau das, was wir uns wünschen", erklärte Lahm bei seinem Besuch.
Entscheidet sich in Leipzig, wer Europameister wird?
Auch fernab von Stadion und Fanzone bleibt Leipzig weiter im Blickfeld der EM. Denn bei den noch sieben ausstehenden Spielen, wird auch immer wieder die Leipziger Messe in den Blickpunkt rücken. Neben dem Internationalen Medienzentrum ist dort weiterhin die Zentrale der Videoschiedsrichter (VAR) eingerichtet. Diese sorgten mit ihren Millimeter-Abseits- und Handspiel-Entscheidungen schon bei einigen Spielen für Freude auf der einen und Frust auf der anderen Seite. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass eine kalibrierte Linie, die in Leipzig gezogen wird, den Ausschlag gibt, wer am Ende den Pokal in die Luft stemmen darf.
rac