Fotomontage/Portrait von Trainer Jürgen Klopp vor Red Bull-Logos

Fußball Multi-Club-Ownership: Red Bull, Jürgen Klopp und die schöne globale Fußball-Welt

Stand: 13.01.2025 12:50 Uhr

Die internationale Fußball-Strategie von Red Bull bekommt derzeit mehr Aufmerksamkeit als jemals zuvor. Der Grund ist klar: Jürgen Klopp, der charismatische und höchsterfolgreiche Trainer, ist seit Jahresbeginn für die weltweite Red Bull-Fußballfamilie verantwortlich – Head of Global Soccer heißt seine Position offiziell. Aber das Zusammenkaufen von Fußballvereinen auf der ganzen Welt ist keineswegs eine ureigene Red Bull-Strategie, im Gegenteil. Es ist ein dynamischer Trend im internationalen Fußball. Es gibt dafür sogar einen Fachbegriff: Multi-Club-Ownership.

Von Peer Vorderwülbecke

Im Jahr 2005 ist Red Bull bei Austria Salzburg eingestiegen, eine globale Fußballstrategie war damals nicht absehbar. Zu diesem Zeitpunkt gab es weltweit vielleicht eine Handvoll Investoren, die mehrere Clubs besaßen.

Kaufen von mehreren Klubs wird zum Trend

In den kommenden Jahren war Red Bull aber so etwas wie ein Trendsetter, kaufte, übernahm und gründete in wenigen Jahren drei weitere Vereine (2006 New York Metro Stars, 2007 Red Bull Brasil, 2009 RB Leipzig). Mittlerweile hat sich das Kaufen von mehreren Klubs zu einem Trend entwickelt, sagt Prof. Markus Breuer von der SRH Hochschule Heidelberg, der sich wissenschaftlich mit der Multi-Club-Ownership befasst hat. "Es ist ein wachsendes Phänomen, dass es in vielen verschiedenen Ligen weltweit gibt." Exakte Zahlen lägen nicht vor, aber Breuer geht von vier- bis fünfhundert Clubs aus, die sich in solchen Konstruktionen befinden.

Multi-Club-Ownership

Red Bull kontrolliert aktuell fünf Vereine auf mehreren Kontinenten.

Bekanntester Investor aus Abu Dhabi

Der vielleicht bekannteste Multi-Club-Investor ist die City Football Group aus Abu Dhabi. Scheich Mansour hat 2008 mit seiner Investment Firma Manchester City gekauft und die Mannschaft zu einer der erfolgreichsten der Welt gemacht - mit Investitionen von über einer Milliarde Euro. Was vielleicht aussah wie das Spielzeug eines Milliardärs, war in Wirklichkeit das Fundament für ein weltweites Investment: Nach Man City hat die City Football Group bis heute elf weitere Clubs erworben: In Indien, China, Japan, Brasilien, aber auch in Frankreich, Italien und Spanien. Der FC Girona spielt mittlerweile in der Champions-League.

"Red Bull und die City Football Group sind die Investoren, die den Fußball-Fans am ehesten bekannt sind", glaubt Wirtschaftswissenschaftler Breuer. "Aber daneben gibt es aber viele andere, die unterhalb des Radars agieren." Und das sind in der Regel klassische Finanzinvestoren. "Die kaufen Clubs, um sie nach vielleicht vier, fünf, sechs oder sieben Jahren wieder mit Gewinn zu verkaufen."

Zülch: Besitz von mehreren Clubs macht Sinn

"Am Ende geht es um Geld verdienen - bei allen Multiclub Ownership Systemen", bestätigt auch Henning Zülch, der an der renommierten Leipziger Handelshochschule Professor für Rechnungswesen ist – und ein Faible für das Fußballbusiness hat. Für die Clubs sieht er Investoren durchaus als positiv – denn eine Wertsteigerung entsteht nur, wenn der Club sich sportlich und strukturell gut entwickelt. "Wir brauchen Geld im System. Das will keiner hören. Aber wo soll das denn herkommen?", fragt Zülch und gibt gleich die Antwort: "Aus einer Markterweiterung. Nordamerika, Asien, Afrika. Identifikation in diesen Märkten schaffen, das kann ich nur, wenn ich vor Ort aktiv bin. Und dann macht so ein Multi-Club-Ownership durchaus Sinn."

Der Besitz von mehreren Clubs macht für Zülch aber aus weiteren Gründen Sinn. Stichwort: Effizienzsteigerungen. "Hebung von Synergien, die Optimierung von Abläufen und natürlich das Scouting von Spielern." Auch habe so ein Vereins-Konglomerat eine größere Marktmacht, wenn es um Sponsoringverträge gehe.

50+1-Regel - Vereine dürfen (eigentlich) nicht übernommen werden

Das hat Red Bull schon lange erkannt – und seit Ende 2023 auch der FC Bayern München. Der Rekordmeister hat sich als einziger Bundesligist neben RB bei einem Verein eingekauft - beim Racing Club de Montevideo. "Seither ist es um dieses Thema auffallend still", hat Markus Breuer von der SRH Hochschule in Heidelberg bemerkt. Möglicherweise, weil dieses Thema in der traditionsbewussten Fanszene in Deutschland kritisch gesehen wird. Aufgrund der 50+1 Regelung können Vereine in Deutschland allerdings nicht übernommen werden – auch wenn es Grauzonen gibt, die in gewisser Weise Red Bull in Leipzig genutzt hat.

Aus Red Bull wird FC Salzburg

Bei allen wirtschaftlichen Vorteilen existieren natürlich auch Gefahren für den Wettbewerb. 2017 standen sich erstmals zwei Vereine desselben Investors in der Champions-League gegenüber: Red Bull Salzburg gegen RB Leipzig. Die Uefa hatte sich schon damals mit diesem Thema befasst. Salzburg darf seither in der Champions-League nur als FC und nicht als Red Bull Salzburg antreten. Außerdem mussten strukturelle Verflechtungen zwischen den beiden Klubs aufgelöst werden. Am Ende durften beide Klubs in der Königsklasse starten. Auch die City Football Group ist mittlerweile betroffen: Seit dieser Saison hat die Uefa veranlasst, dass der FC Girona von einer Art Treuhänder geführt wird.

Logo FC Salzburg (UEFA-Version von Red Bull Salzburg)

Salzburg darf in der Champions League nicht als Red Bull auftreten.

18 Spieler von Salzburg nach Leipzig für 200 Millionen Euro

Das Thema Wettbewerbsverzerrung hat Markus Breuer schon in einem wissenschaftlichen Aufsatz thematisiert. Er gibt aber Entwarnung: "Bis heute existieren keinerlei Anzeichen von Manipulationen bei Spielen zwischen Klubs vom gleichen Besitzer." Intensiver wird die Situation bei Spielertransfers zwischen solchen Klubs beobachtet, bestätigt Breuer. "Das ist grundsätzlich legitim. Kritisch wird das Ganze, wenn diese Transfers nicht zu marktüblichen Preisen vollzogen werden." Von Red Bull Salzburg sind in den letzten zehn Jahren 18 Spieler zu RB Leipzig gewechselt, insgesamt sind dafür fast 200 Millionen Euro geflossen. Verdacht auf irgendwelche Unregelmäßigkeiten gab es nie.

Zülch: Multi-Club-Ownership gehört die Zukunft

Henning Zülch glaubt, dass die Multi-Club-Ownership die Zukunft des internationalen Spitzenfußballs ist. Aber nur mit der nötigen Regulierung: "Wie attraktiv oder unattraktiv ist ein Wettbewerb, in dem am Ende nur zwei, drei Unternehmensgruppen gegeneinander spielen?", fragt er rhetorisch. Fakt ist allerdings auch, dass in der englischen Premier League bereits die Hälfte der Klubs zu Multi-Club-Systemen gehört – natürlich mit unterschiedlichen Besitzern.

Zülch weiß auch, dass gerade die traditionellen Fußballfans in Deutschland sehr sensibel auf das Thema Investoren reagieren, er spricht von einer "Anti-Stimmung"“. Trotzdem sagt er: "RasenBallsport Leipzig hat eine Vorbildfunktion. Es ist ein stark kritisierter Club in Deutschland, aber es ist ein Erfolgsmodell der Zukunft - ob man es will oder nicht."