
Krise bei RB Leipzig Marco Rose – Aus einer Identifikationsfigur
Marco Rose ist nicht mehr Trainer von RB Leipzig. Der Klub hat eine Identifikationsfigur durch einen alten Bekannten ersetzt. Über das Ende einer Romanze.
Die RB-Fans waren am Sonntag überrascht. Beim Spiel der Frauen gegen Freiburg staunten sie, hatte ihr Verein doch gerade Marco Rose als Trainer der Männermannschaft nach der Niederlage in Mönchengladbach freigestellt. Und dieses Staunen – es beschreibt die Misere des Bundesligisten, der sich zwischen der heiß gewünschten Identifikationsfigur und den Gegebenheiten des Business Profifußball entscheiden musste. Und wie so oft im Fußball zog die Romantik den Kürzeren.
Marco Rose: Gesicht der Stadt
Rose, geboren und aufgewachsen in Leipzig, gab 1997 beim VfB Leipzig sein Zweitliga-Debüt. Vater Jürgen spielte wie auch er bei Rotation, Großvater Walter wurde mit Chemie 1951 DDR-Meister. Mehr Leipziger Fußball geht kaum. 2013 wechselte Marco Rose von seiner ersten Cheftrainerstation bei Heimatklub 1. FC Lok nach Salzburg in den RB-Kosmos, von wo aus es später über Gladbach und Dortmund im September 2022 schließlich zurück in die Messestadt ging.

2013 trainierte Marco Rose noch Lok, die damals gegen RB unter Alexander Zorniger spielten.
Eine Story, wie man sie sich am Leipziger Cottaweg kaum zu träumen gewagt hätte. Und dann holte Rose gleich in seiner ersten Saison den zweiten DFB-Pokaltitel in Folge. Es gelang ihm, den FC Bayern im Supercup-Finale 2023 düpieren, sich zwei Mal in Serie für die Champions League qualifizieren und für insgesamt 934 Tage und 125 Pflichtspiele die Mannschaft anfüren – so lang und oft wie noch keiner seiner elf Vorgänger seit 2009.
Löw-Debüt am Mittwoch
Doch am Sonntag endete die Romanze. Zu schwach waren die Leistungen in einer mindestens durchwachsenen Saison. Nach dem desaströsen Ausscheiden in der Champions League gegen zwar starke Gegner folgte der Absturz auch in der Bundesligatabelle. Platz sechs, die Königsklasse in Gefahr, dazu gab es in den letzten fünf Pflichtspielen auf fremdem Platz kein eigenes Tor.
Die Ideenlosigkeit im Angriff und das Dauertief mehrerer Leistungsträger hat der Trainer mit zu verantworten, den von vielen als dünn kritisierten Kader nicht. Klar ist, dass RB den eigenen Champions-League-Ansprüchen hinterherhinkt und am Mittwoch (2. April, ab 20:45 Uhr in der Audio-Reportage und im Live-Ticker) im Halbfinale des DFB-Pokals in Stuttgart die letzte Hoffnung auf einen Titel am Leben gehalten werden soll. Jetzt ohne Rose.
Es ist kein Geheimnis, dass der über allem thronende RB-Aufsichtstratschef und Red-Bull-CEO Oliver Mintzlaff diese Entscheidung wohl lieber schon im vergangenen Herbst vollzogen hätte. Marcel Schäfer, Sportgeschäftsführer beim Bundesligisten, verteidigte Rose noch am Samstag nach der Enttäuschung gegen die Borussia.
Am Sonntag ließ er mitteilen: "Wir haben sehr lange an die Konstellation mit Marco und seinem Team geglaubt und bis zuletzt alles versucht, gemeinsam die Trendwende zu schaffen." Die Trendwende blieb aus, Rose wurde genauso vom Hof gebeten wie seine aus Thüringen und Sachsen-Anhalt stammenden Assistenten Alexander Zickler und Marco Kurth.
Auf der Suche nach dem regionalen Touch
Wie schwer es ist, Lokalkolorit in den Verein zu bekommen, erlebt RB seit Jahren. Aus dem teuren und hochmodernen Leistungszentrum hat bisher kein Spieler aus der Region den Durchbruch im Bundesligateam geschafft. Der im Sommer zu den Profis hochgezogene Viggo Gebel aus Schkeuditz kommt in der Liga auf 13 Minuten, stand in den letzten vier Spielen nicht im Kader.

Der erst 17-jährige Viggo Gebel aus Schkeuditz hofft auf den Durchbruch bei RB Leipzig.
Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass mit Tom Krauß – wie Rose Sohn einer hiesigen Fußballdynastie – möglicherweise ein anderes Eigengewächs aus Leipzig in der kommenden Saison die Champions-League-Hymne in Mainz statt in der Messestadt erklingen hört. Aber zur Situation gehört auch, dass RB weiterhin lediglich drei Punkte Rückstand auf den FSV und die Königsklasse hat.
Zsolt Löw: RB-Experte mit Ost-Vergangenheit
Mit Zsolt Löw übernimmt jetzt auf der Trainerbank ein Fachmann, der als Spieler im Fußballosten bei Energie Cottbus und Hansa Rostock seine Spuren hinterließ. Als Trainer durchlief der Ungar quasi alle Teams aus dem RB-Kosmos in Europa. Über Liefering und Salzburg kam der 45-Jährige nach Leipzig, assistierte an der Seite von Ralph Hasenhüttl und Ralf Rangnick bei RB.
Anschließend war er Assistent von Thomas Tuchel bei Paris Saint-Germain, dem FC Chelsea und beim FC Bayern. Zuletzt gehörte er zum Team des globalen RB-Fußballchefs Jürgen Klopp. Nun trägt der frühere ungarische Auswahlspieler erstmals in seiner Karriere die Cheftrainer-Verantwortung.

April 2018: Zsolt Löw an der Seite von Ralph Hasenhüttl beim RB-Auswärtsspiel in Mainz.
Anspruch: DFB-Pokalfinale und Champions-League-Quali
"Unser ganzer Fokus gilt den maximal neun verbleibenden Spielen in dieser Saison. Wir haben noch in zwei Wettbewerben die Möglichkeit, unsere Ziele zu erreichen. Wir werden alles daransetzen, das Pokalfinale in Berlin zu erreichen und das Maximale aus der restlichen Bundesligasaison herauszuholen", wurde Löw von RB am Sonntagnachmittag zitiert.
Der alte Bekannte soll die Identifikationsfigur Marco Rose ersetzen und bis zum Ende der Saison das Ruder herumreißen. Was im Sommer passiert, ist unklar.
jar/SpiO