Sportpolitik Große Pläne und viel Kritik an der geplanten Reform der Spitzensportförderung
Die Bundesregierung ist der größte finanzielle Förderer des Spitzensports in Deutschland. In den letzten Jahren ist die Fördersumme kontinuierlich angestiegen auf 300 Millionen Euro. Bei den Olympischen Spielen oder vielen Weltmeisterschaften der letzten Jahre hat sich das aber nicht positiv bemerkbar gemacht. Deshalb soll die Spitzensportförderung reformiert werden. Die Grundlage: ein Sportfördergesetz. Aber über den vorliegenden Entwurf wird heftig gestritten.
Knapp zwei Jahre haben Politiker, Sportfunktionäre und Athletenvertreter gemeinsam an der großen Reform getüftelt. Das Resultat: Der Entwurf für ein Sportfördergesetz. Den hat das Bundesinnenministerium Anfang März vorgelegt. "Dort wird zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik die Bedeutung der Sportförderung beschrieben," betont Steffen Rülke, der als Abteilungsleiter Sport den Referentenentwurf maßgeblich mitgestaltet hat. Mit Entwurf beschreite die Politik einen neuen Weg, "indem wir eine neue und moderne Sportagentur schaffen."
Sportagentur soll finanzielle und sportliche Planung verantworten
Diese Sportagentur ist das Herzstück der Spitzensportreform. Sie soll die Rechtsform einer Stiftung haben und die finanzielle und sportliche Planung in einer Hand verantworten. Zentrales Anliegen ist die Entbürokratisierung. Hier sind sich Politik und der organisierte Sport einig.
Denn das Personal, dass sich eigentlich um die Entwicklung des Spitzensports kümmern soll, muss sich häufig mit Anträgen und Verwaltungsarbeit herumquälen, weiß auch Olaf Tabor, im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) verantwortlich für den Leistungssport. "Im schlimmsten Fall sind an einem Förderprozess sieben Institutionen beteiligt."
Olaf Tabor ist im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) verantwortlich für den Leistungssport
Sportagentur legt Anforderungen an die Bundeskader zentral fest
Die Politik beklagt dasselbe Problem von der Geberseite. Deutschlandweit gibt es ein Dutzend unterschiedliche Förderwege, heißt es aus dem Bundesinnenministerium. Mit der Reform sollen diese Probleme der Vergangenheit angehören. Die neue Sportagentur soll in Zukunft der einzige Ansprechpartner für die Sportförderung sein. Auch sollen die Anforderungen an die Bundeskader zentral von der Agentur festgelegt werden. Das bislang noch geltende System der Potentialanalyse (Potas), soll grundlegend reformiert und ebenfalls von der Sportagentur übernommen werden.
Viel Kritik am Entwurf - Einfluss der Politik zu groß?
In der Theorie klingt das gut, in der Praxis gibt es auf breiter Front massive Kritik an dem Gesetzesentwurf. Vom Vorsitzenden der Sportministerkonferenz, von Athleten Deutschland, den Landessportbünden und – allen voran – vom DOSB.
Viele Verabredungen aus den Arbeitsgruppen von Sport seien nicht umgesetzt worden, schrieb der DOSB in einer ersten Stellungnahme. Außerdem kritisiert Olaf Tabor vom DOSB, dass das veröffentlichte Konzept "noch nicht zu wesentlichen Vereinfachungen und Reduzierungen von bürokratischen Hürden führt."
Und in der geplanten Struktur der Sportagentur kritisiert er den zu großen Einfluss der Politik. Denn bei den grundsätzlichen strategischen Rahmenbedingungen der Spitzensportförderung, dem Förderkonzept und bei der Bestellung und Abberufung des Vorstandes – da hat der Bund sich ein Vetorecht festgeschrieben. "Das halten wir nicht für erforderlich," sagt Olaf Tabor.
Im DOSB regt sich viel Widerstand gegen das geplante Gesetz.
Sport fürchtet um verfassungsrechtliche abgesicherte Autonomie
Das Innenministerium aber offensichtlich schon – schließlich geht es hier um Steuergeld. Im ersten Schritt um 100 Millionen Euro, später dann deutlich mehr. Also muss die Politik einen entscheidenden Einfluss haben, das hat auch der Bundesrechnungshof angemahnt. Der Sport dagegen fürchtet um seine verfassungsrechtliche abgesicherte Autonomie. "Natürlich geht es auch um Macht," kommentiert Steffen Rülke vom Bundesinnenministerium das Ringen um die neu zu schaffenden Strukturen. Denn diejenigen, die in den Strukturen vertreten sind, können die Spitzensportförderung in Zukunft gestalten.
Und da wollen auch die Athleten dabei sein. Nach der derzeitigen Vorlage ist nur ein Platz für die Athletinnen und Athleten vorgesehen. Und dieser Platz wird vom DOSB bestimmt. Maximilian Klein von der Organisation Athleten Deutschland ist damit nicht einverstanden. "Alle sagen immer, es geht um Athletinnen und Athleten und um Trainerinnen und Trainer. Wenn die so wichtig sind, dann müssen die auch in den Strukturen der Leistungssportreform vertreten sein."
Alle sind sich einig: Spitzensportreform ist zwingend notwendig
Das ist nur einer von mehreren Punkten, über die derzeit intensiv diskutiert wird. Im Vergleich zu der Fundamentalkritik nach der Vorstellung des Konzeptes, ist das schon ein Fortschritt. Politik, Sportfunktionäre und Athletenvertreter sitzen wieder an einem Tisch. Denn alle sind sich einig: Die Spitzensportreform ist zwingend notwendig. Oder wie Maximilian Klein es formuliert: "Diese Reform kann ein echter Gamechanger für den deutschen Spitzensport sein."