Fußball Christoph Franke - der geduldige Erfolgstrainer wird 80
"Er war ein Meister darin, das Maximum herauszuholen", führte den Chemnitzer FC und Dynamo Dresden in die 2. Bundesliga und prägte den ostdeutschen Fußball nach der Wende maßgeblich. Heute wird Christoph Franke 80 Jahre alt.
"Ich kann schon lange Zeit geduldig sein. Es bringt ja auch nichts, wenn man ständig ausflippt". Christoph Franke kann nach wie vor nicht viel aus der Ruhe bringen. Das war schon während seiner aktiven Zeit als Spieler und Trainer so und hat sich bis heute nicht geändert. Am 20. Dezember 2024 wird der Erfolgstrainer des FC Karl-Marx-Stadt (später Chemnitzer FC) und Dynamo Dresden 80 Jahre alt.
Christoph Franke steht für Erfolg - und Aufstiege. 1999 gelang ihm das in Chemnitz. Später auch in Dresden. Angefangen hat aber alles 1958 bei der BSG Aktivist "Martin Hoop" Mülsen, der Sportgemeinschaft seines Heimatortes. Dort startete Franke als 13-Jähriger seine Fußballkarriere, wechselte 1961 zur BSG Motor Zwickau und wurde zum DDR-Junioren-Nationalspieler. Zur Saison 1963/64 ging es für den talentierten Verteidiger zum SC Leipzig (später 1. FC Lokomotive Leipzig). Zwei Jahre später, am 28. März 1965, stand er erstmals in der DDR-Oberliga auf dem Platz.
Frankes "besonderes Spiel" gegen Eusebio
Seine internationale Sternstunde erlebte Franke 1966 mit Lok, als er im Achtelfinale des Messepokals gegen das Starensemble von Benfica Lissabon um Portugals Fußballidol Eusebio antrat. Franke gewann die Partie mit Lok am 21. Dezember 3:1. "Das war ein besonderes Spiel", erinnert er sich. Tatsächlich war die Anspannung so groß, dass er zwischenzeitlich sogar seinen Geburtstag vergaß. "Es war sicher die Aufregung vor so einer Weltklassemannschaft", erzählt Franke mit einem Lächeln 58 Jahre später.
Christoph Franke im Trikot von Lok Leipzig gegen Benfica Lissabon.
Nach 72 DDR-Oberligaspielen für Lok wechselte Franke 1969 zu Konkurrent FC Karl-Marx-Stadt. Auch hier etablierte er sich sofort, konnte den Abstieg am Ende der Saison allerdings nicht verhindern. Doch schon damals zeigte sich: Franke kann Aufstieg. Nach der direkten Rückkehr in die DDR-Oberliga blieb er bis 1978 beim FCK, ehe es ihn nach 163 Partien zum Abschluss seiner aktiven Karriere noch für drei Jahre zum Zweitligisten BSG Motor "Fritz Heckert" Karl-Marx-Stadt zog.
Zweitliga-Aufstieg mit dem "Trümmerhaufen" Chemnitz
Direkt im Anschluss begann Franke seine Trainerlaufbahn. Zunächst im Nachwuchs der "Himmelblauen". Mit den Junioren des FCK wurde er 1986 DDR-Meister. Zwei Jahre später stieg er zum Co-Trainer der Profis unter Hans Meyer auf. 1996 bekam Franke nach der Entlassung von Reinhard Häfner - aus dem FC Karl-Marx-Stadt war der Chemnitzer FC geworden - seinen ersten Cheftrainerposten, stieg aber kurze Zeit später mit dem CFC aus der 2. Bundesliga ab.
Christoph Franke hat gesagt: 'Wir brauchen mindestens drei Jahre, um wieder konkurrenzfähig zu sein.' Und er hat Wort gehalten. Torsten Bittermann | Aufstiegskapitän 1999 beim Chemnitzer FC
"Der Chemnitzer FC war ein Trümmerhaufen", blickt Torsten Bittermann, heutiger Teammanager in Chemnitz, auf die Zeit zurück. Umso "besonderer" war die Zweitliga-Rückkehr drei Jahre später. "Wir hatten den kleinsten Kader der ganzen Liga", erinnert sich Aufstiegskapitän Bittermann. "Christoph Franke hat gesagt: 'Wir brauchen mindestens drei Jahre, um wieder konkurrenzfähig zu sein.' Und er hat Wort gehalten. Mit Geduld, aber auch natürlich mit etwas Glück."
Christoph Franke als Anheizer der himmelblauen Aufstiegsparty.
Ballack: "Viele schöne Zeiten" unter Franke
Schon drei Jahre vor dem Aufstieg trainierte Franke einen gewissen Michael Ballack. Der spätere Kapitän der DFB-Auswahl legte in Chemnitz den Grundstein für seine Weltkarriere. 1996, der CFC war gerade abgestiegen, hatte Ballack bereits ein lukratives Angebot des 1. FC Kaiserslautern auf dem Tisch liegen. Doch er blieb noch für ein Jahr. Wohl auch wegen Christoph Franke.
"Ich blicke auf sehr viele schöne Zeiten zurück", sagt Ballack anlässlich Frankes Geburtstag zu SPORT IM OSTEN. "Zeiten, die von Respekt, aber auch Spaß und Leidenschaft geprägt waren." Seinen einstigen Trainer beschreibt er vor allem als "empathisch". Er habe den Spielern zugehört, sie aber auch mit der nötigen Autorität geführt. Der Kontakt ist bis heute nicht abgebrochen. Während Ballacks aktiver Zeit war Franke auch zu Gast bei seinem damaligen Verein in der Premier League, dem FC Chelsea. "Ein besonderes Erlebnis", meint Franke mit einem Lächeln.
Dank Schädlich zu Dynamo Dresden
Während Ballack Chemnitz bereits 1997 verließ, ging es für Franke erst 2001 weiter. Und zwar zu Dynamo Dresden. Den Wechsel hatte er einem engen Freund und damaligen Trainerkollegen zu verdanken: Gerd Schädlich. Ursprünglich war der Anfang 2022 verstorbene Schädlich Wunschkandidat bei der SGD, wollte aber seinen Vertrag bei Erzgebirge Aue erfüllen. Stattdessen brachte Schädlich Franke ins Spiel. Der wiederum stand in Dresden erneut von einer großen Herausforderung.
Christoph Franke (l.) gemeinsam mit Gerd Schädlich beim Zweitliga-Spiel zwischen Dynamo Dresden und Erzgebirge Aue 2020.
Noch bevor Franke loslegen konnte, trat Dynamo Dresdens damaliger Geschäftsführer Volkmar Köster an ihn heran: "Herr Franke, ehe wir mit dem Gespräch beginnen, möchte ich sagen: 'Wir sind pleite'". Und Franke? Machte das Beste aus der Sache. Mit durchschlagendem Erfolg: Innerhalb von drei Jahren schaffte er mit Dynamo zwei Aufstiege und führte den Verein von der Oberliga in die 2. Bundesliga.
Dynamo-Fans verhindern Franke-Entlassung
"Er war ein Meister darin, aus Wenig das Maximum herauszuholen", erklärt Bittermann, der seinem Trainer nach Dresden gefolgt war. Willy Lang, der gemeinsam mit Franke schon als aktiver Spieler auf dem Platz stand und später beim FCK Torwarttrainer war, wird noch deutlicher: "Das, was heute in Dresden ist, ist ihm zu verdanken"
Bei Dynamo blieb Franke bis 2005 und überstand auch eine Negativserie von neun Spielen ohne Sieg - obwohl die Entlassung eigentlich beschlossene Sache war. Doch die Fans protestierten erfolgreich. Franke blieb bis zum 15. Dezember im Amt, ehe er doch von seinen Aufgaben entbunden und durch Peter Pacult ersetzt wurde. Bis heute ist Franke der Dynamo-Trainer mit der längsten Amtszeit nach dem Mauerfall - und seit ein paar Jahren Ehrenmitglied bei der SGD. Deren Spiele verfolgt er bis heute. Für ihn steht fest, dass Dynamo dorthin gehört, wo er den Verein einst hingeführt hatte: in die 2. Bundesliga.
Mit Christoph Franke kam auch der Erfolg zurück nach Dresden.
Mit dem Sachsenpokal in den Ruhestand
Ebenso wünscht er sich natürlich eine Rückkehr des Chemnitzer FC in den Profifußball. "Aber die Verhältnisse sind kompliziert", weiß auch Franke. Der CFC war seine letzte Trainerstation. Zum Ende der Saison 2007/08 trat er die Nachfolge von Tino Vogel an, holte 17 Punkte aus den verbliebenen sieben Spielen und schaffte mit den Himmelblauen als Tabellenzweiter die Qualifikation für die neu eingeführte dreigliedrige Regionalliga. Krönender Abschluss sollte der Gewinn des Sachsenpokals sein. Anschließend wurde er ausgerechnet von Gerd Schädlich abgelöst.
Beide haben mit ihren Erfolgen den ostdeutschen Fußball nach der Wende maßgeblich geprägt, aus bescheidenen Mitteln viel herausgeholt. In Christoph Frankes Augen lässt sich ein leises Funkeln erkennen, wenn er an die Zeit zurückdenkt. Von seiner Ruhe und Gelassenheit hat er nichts eingebüßt, obwohl es dann doch Momente gab, die ihn "ein bisschen auf die Palme" bringen konnten. "Eklatante Fehler oder kein Einsatz", schmunzelt der Jubilar. In Erinnerung aber werden vor allem die Erfolgsjahre in Chemnitz und Dresden bleiben. Herzlichen Glückwunsch zum 80., Christoph Franke!
jsc