Omar Marmoush von Eintracht Frankfurt am Boden

Zwischenfazit zu Weihnachten Zwischenfazit: Angeknackste Eintracht braucht Erholung und einen Lerneffekt

Stand: 24.12.2024 09:18 Uhr

Nach Wochen und Monaten voller Leichtigkeit und Erfolge gerät Eintracht Frankfurt im Endspurt mächtig ins Schlingern und stolpert in die Winterpause. Das Zwischenfazit fällt noch positiv aus, die Hessen müssen aber die richtigen Schlüsse ziehen.

Von Mark Weidenfeller

Die Strapazen dieser seltsamen 1:3-Niederlage gegen den 1. FSV Mainz 05 waren Dino Toppmöller auf der Pressekonferenz nach der Partie am Samstag deutlich anzumerken. Der Trainer von Eintracht Frankfurt tat zwar alles, um irgendwie Zuversicht auszustrahlen und den Blick in die Zukunft zu lenken. Sein größtenteils ratloser Gesichtsausdruck sagte dann aber doch etwas anderes aus. "Es fühlt sich komisch an", fasste er die Partie passend zusammen. Eine Partie, die die vergangenen Wochen im negativsten Wortsinn perfekt abrundete.

Die Eintracht stolpert in die Winterpause

Denn: Die Eintracht ist nach furiosen Monaten zuletzt etwas aus dem Tritt geraten und war gegen Leipzig, Augsburg, Lyon und vor allem Mainz teilweise nicht mehr wiederzuerkennen. Vier der vergangenen fünf Spiele gingen verloren. Die Euphorie, die Teile der Fans schon vom Titel träumen ließ, ist erst einmal verflogen. "Wenn du fünfmal in Folge nicht gewinnst, fühlt sich das kurz vor Weihnachten nicht gut an", fasste Toppmöller zusammen. Auch das: passend.

Die Frankfurter Gefühlswelt, das wurde nach dem Duell mit den Rheinhessen sehr deutlich, ist angeknackst. Die Leichtigkeit ist genauso Vergangenheit wie der fast schon unheimliche Lauf. Wenn selbst Omar Marmoush mehrere Bälle in den Frankfurter Winterhimmel jagt, läuft irgendetwas schief. "Wir haben das Momentum nicht mehr auf unserer Seite, wir müssen uns alles hart erarbeiten", so Toppmöller. Die Eintracht ist kurz vor Weihnachten in der Realität angekommen und muss sich nun erst einmal sammeln. Doch wie ist das Geschehene einzuordnen?

Die Tabelle lügt nicht

Zuerst einmal sprechen die Zahlen natürlich weiterhin eine klare Sprache. Tabellenplatz drei in der Bundesliga und Tabellenplatz fünf in der Europa League sind eine Wucht, das Aus im DFB-Pokal schmerzt, wird in der Endabrechnung aber wohl zu verkraften sein. Klar ist: Die Eintracht hat sich nach einer sehr wackligen Rückrunde in der vergangenen Saison gefangen und deutlich weiterentwickelt. Die Defensive um Abwehrchef Robin Koch stand lange sehr sicher, die Offensive um Shootingstar Marmoush ist inzwischen europaweit bekannt.

Hinzu kam, dass Toppmöllers Ideen lange Zeit sehr gut funktionierten und sich fast alle Spieler nahtlos in das bestehende System einfügten. Die individuelle Qualität des Teams ist viel höher als in der vergangenen Spielzeit, Toppmöllers kommunikative und spielerische Veränderungen haben die gewünschten Effekte erzielt. Die Eintracht ist im Kreis der Spitzenteams angekommen. Der Beweis, dass sie genau dort auch langfristig bleiben kann, muss nun aber noch erfolgen. Und genau das ist das kleine Aber zum Jahresende.

Die Eintracht macht zu viele Fehler

Alles in allem war die Frankfurter Hinrunde fußballerisch wohl eine der besten der vergangenen Jahre, das Potenzial und die Talentdichte sind zudem so groß wie selten. Dass individuelle Qualität aber nicht immer ausreicht, haben die vergangenen fünf Spiele und vor allem die als absurd deklarierte Pleite gegen Mainz bewiesen. Die Hessen entschieden gegen den fast 70 Minuten in Unterzahl spielenden FSV zwar alle vermeintlich entscheidenden Statistiken für sich (18:3 Torchancen, 34:9 Torschüsse, 17:2 Eckbälle, 49:3 Flanken).

Zur ganzen Wahrheit gehört aber eben auch dazu, dass von 49 Frankfurter Flanken gefühlt 48 genau auf dem Schädel des Mainzer Abwehrchefs Stefan Bell landeten. Und sobald dann doch mal ein Ball durchrutschte, wurden die Chancen kläglich vergeben. Gepaart mit den bereits ausreichend thematisierten Patzern von Torhüter Kaua Santos reicht es dann eben auch gegen zehn Gegenspieler nicht. Vorne nicht effizient, hinten anfällig. Ein Muster, das sich durch den ganzen Dezember zog.

Krösche hofft auf Lerneffekt

"Wir haben viel Lehrgeld bezahlt und sehr viele einfache Fehler gemacht. Wenn du auf dem Niveau dranbleiben willst, darfst du das nicht machen", befand deshalb auch Markus Krösche. Der Sportvorstand, der auch in den Wochen des Erfolgs immer wieder auf die verbale Bremse getreten hatte, warb zwar für Verständnis und erinnerte mit Nachdruck daran, dass Fehler zu einer Entwicklung dazugehören. Die Eintracht, die mit einem Altersdurchschnitt von 22,95 das jüngste Team der Bundesliga ist, muss aber definitiv noch viel lernen.

Eine Erkenntnis, die nicht neu und keineswegs alarmierend ist, die aber erst jetzt richtig sichtbar wurde und dementsprechend ernstgenommen werden muss. Trainer Toppmöller und sein Team müssen die Weihnachtsfeiertage und die sehr kurze Winterpause, die bereits am 2. Januar endet, für maximale Erholung nutzen und dann die richtigen Schlüsse ziehen. Ganz oben auf der To-Do-Liste: Fehler abstellen, wieder einfachere Dinge tun.

"Wir werden mit neuer Energie angreifen und hart an uns arbeiten", versprach Toppmöller, der seinen Spielern zudem ein paar aufmunternde Worte mit in den Urlaub gab. "Ich habe ihnen gesagt: Wenn die Enttäuschung abgeschüttelt ist, können wir alle auf ein sehr gutes halbes Jahr zurückblicken." Trotz der vielen Patzer im Endspurt ist auch das absolut korrekt.