Weltcupfinale auf der Wasserkuppe Weltcupfinale auf der Wasserkuppe: Wie ein 15-Jähriger die Paragliding-Weltelite herausfordert
Ein junger Gleitschirmflieger aus der Rhön gilt beim Weltcupfinale auf der Wasserkuppe als spannendster deutscher Starter. In seiner Premieren-Saison bei den Erwachsenen ist der 15-Jährige in die Weltelite vorgestoßen. Nun will er seinen Heimvorteil nutzen und einen großen Coup landen.
Wie schwer das Präzisionsfliegen mit dem Gleitschirm ist, wird Zuschauern beim Training vor dem Weltcupfinale am Wochenende auf der Wasserkuppe schnell deutlich. Die mit dem Wind und riesigen Schirmen kämpfenden Piloten müssen in der Landezone auf einer Platte in Größe eines Pizzakartons landen. Und obendrein ist der anzuvisierende Zielpunkt kleiner als eine Euro-Münze. Dort gilt es als erstes mit der Fußspitze hinzutippen. Dabei geht es um jeden Zentimeter. Es wird digital gemessen.
Einem neuen Himmelsstürmer aus Hessen gelingen diese Kunststücke in der spektakulären Flugsportart (auch Paragliding genannt) bereits so gut, dass er im Laufe seiner Premieren-Saison rasch in die Weltspitze vorgedrungen ist. Dabei ist Linus Schubert erst 15 Jahre alt und damit der Jüngste im Weltcupzirkus. Der Newcomer darf erst seit diesem Jahr mit den Top-Piloten fliegen und Ranglistenpunkte sammeln.
Platz auf dem Podium anvisiert
Für das Weltcupfinale von Donnerstag bis Sonntag in Gersfeld (Fulda) auf Hessens höchstem Berg hat sich Linus Schubert große Ziele gesteckt: "Erster zu werden, wäre traumhaft. Aber schon ein Platz auf dem Podium wäre klasse und auch realistisch." Denn der 15-Jährige hat auf der 950 Meter hohen Wasserkuppe ein Heimspiel. Der höchste Gipfel in der hessischen Rhön ist sein Hausberg. Er ist wenige Kilometer weiter in Poppenhausen aufgewachsen. Auf der Wasserkuppe hat er fliegen gelernt, als er noch ein Knirps war.
Linus sagt: "Ich kenne die Verhältnisse hier oben gut." Die schnell wechselnden Winde - daran müsse sich die Konkurrenz erst gewöhnen. 80 Pilotinnen und Piloten aus 35 Nationen haben sich für die vier verschiedenen Wettbewerbe beim Weltcup-Finale qualifiziert. Die besten Sportler kommen vor allem aus Asien - China, Südkorea, Indonesien und Thailand. Aber auch einige Europäer mischen regelmäßig um die Top-Platzierungen mit.
Highlight auf Hessens höchstem Berg
Für die Gleitschirmflieger-Community in Deutschland - 40.000 haben einen Flugschein - ist es ein Highlight, solche hochkarätigen Wettkämpfe im Land zu haben. Viele machen Streckenflüge, aber auch die Disziplin "Accuracy" (Punktlandungen) ist eine beliebte Spielart weltweit für die 250.000 aktiven Paraglider. Nach 2011 und 2017 ist es erst das dritte Mal, dass das Weltcupfinale auf der Wasserkuppe steigt, wie der Ausrichter, der Verein der Rhöner Drachen- und Gleitschirmflieger Poppenhausen, mitteilte. Acht Deutsche sind am Start. Linus Schubert als Nachwuchshoffnung gilt als einer der spannendsten Akteure.
Die Wettbewerbe finden auf historischem Boden statt. Die Wasserkuppe ist der "Berg der Flieger". Vor rund 100 Jahren haben Flugpioniere erstmals internationale Flug- und Punktlande-Wettbewerbe veranstaltet. Noch heute erinnert das benachbarte Skigebiet Zuckerfeld an diese Ereignisse. Denn aufgrund der hohen Inflation in der 1920er Jahren lobte ein Unternehmer statt eines Preisgeldes wertbeständige Zuckersäcke für den besten Piloten aus. Seither trägt der Hang und der dortige Skilift den Namen Zuckerfeld. Und der liegt gleich neben der Wasserkuppe.
Fünfter der Weltrangliste
Die bisherigen Weltcups in dieser Saison waren in Thailand, der Türkei, in Kasachstan und zuletzt vor sechs Wochen in Indonesien. In der Türkei und in Kasachstan gelang Linus Schubert je ein dritter Platz. In diesem im Sommer wurde er auch Vize-Europacupsieger beim Wettbewerb auf der Schneekoppe (Tschechien). In der Nachwuchs-Weltrangliste (U26) ist er Erster und in der (Gesamt-)Weltrangliste ist er Fünfter.
Den Weg in die Weltspitze hat er so gut gefunden, weil er aus aus einer Gleitschirmflieger-Familie kommt. Vater Andreas Schubert ist Fluglehrer und betreibt eine Flugschule auf der Wasserkuppe. "Ich fliege schon mein ganzes Leben und habe die Begeisterung für diesen fantastischen Sport an meine Kinder weitergegeben", sagt der 52-Jährige. Neben Linus ist da noch sein älterer Bruder Lennard (18), der ebenfalls aktiv ist.
Gleitschirmflieger Linus Schubert auf der Wasserkuppe
Drei Familienmitglieder in den Top 50
Linus sagt: "Ich habe meinen Vater bewundert und meinem Bruder nachgeeifert. Ich wollte immer versuchen, besser als er zu sein. Das hat sich hochgeschaukelt und hat mich enorm gepushed." Mit dem gemeinsamen Fliegen hat Linus die Grundlagen gelegt. Und deswegen steht Linus Schubert als Fünfter aktuell in der Weltrangliste vor seinem Bruder Lennard (Platz 22) und seinem Vater Andreas (Rang 43). "Drei Mann in den Top 50 der Weltrangliste - es gibt keine andere Familie, die das weltweit geschafft hat", sagt Andreas Schubert.
Andreas Schubert verfügt zwar über viel Erfahrung. Aber sein Jüngster Linus habe ein besonderes Talent entwickelt, wenn es darum geht, die Wetterverhältnisse zu lesen, den Wind zu spüren und mit großem Geschick den Schirm zu lenken, sagt er.
Mit Spezialschuhen zum Ziel
Gleitschirmflieger Linus Schubert auf der Wasserkuppe
Beim Präzisionsfliegen und dem punktgenauen Landen helfen dem so drahtig wirkenden Blondschof auch seine langen Beine. Beim Fliegen trägt Linus Schuhe mit einer vom Schuhmacher besonders präparierten Sohle. An der Fußspitze ist ein Kunststoffstollen angebracht, mit dem er den einen Zentimeter kleinen Zielpunkt in der Landezone besser treffen kann.
Damit will Linus den nächsten Schritt in dieser märchenhaft gut verlaufenden Premieren-Saison in der Paragliding-Weltelite machen. Doch er hat auch schon das nächste Highlight im Blick. In drei Wochen steigt in der Tatra in Bulgarien die WM des Weltverbands FAI. 120 Aktive gehen dort an den Start. "Da ist das Weltcup-Finale schon mal eine gute Vorbereitung."