DFB-Pokal gegen Magdeburg Kickers Offenbach: Mit neuen Träumen gegen ein altes Trauma
Auf dem Papier ist es nur eine DFB-Pokal-Begegnung, theoretisch geht es um den Einzug in die zweite Runde. Tatsächlich wäre ein Sieg gegen den 1. FC Magdeburg für Kickers Offenbach eine viel zu späte Revanche mit möglicherweise therapeutischer Wirkung.
"Für einen Viertligisten hat der DFB-Pokal immer eine große Bedeutung." Christian Neidhart weicht vor dem Erstrundenspiel gegen den 1. FC Magdeburg am kommenden Montag (18 Uhr) auf einen Allgemeinplatz aus. Der Trainer von Kickers Offenbach war ja auch 2015 nicht dabei. Gehört freilich habe er viel in den vergangenen Tagen von jenem Spiel im Mai vor neun Jahren. "Dass da noch was offen ist", hätten ihm vor allem Fans erzählt. Die waren damals schließlich mit dabei.
Erinnerungen an "die bitterste Niederlage meiner Karriere"
Ein Schicksal, das sie mit OFC-Profi Sascha Korb vereint. Dem gebürtigen Offenbacher ist es bei der Pokalauslosung kurz in die Glieder gefahren. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir nicht sofort die bitteren Bilder durch den Kopf gegangen sind", sagt der heute 31-Jährige dem hr-sport. Gute neun Jahre ist es inzwischen her, dass der FCM zuletzt zu Gast war am Bieberer Berg. Zum Rückspiel in der Aufstiegsrelegation zur 3. Liga. Die Kickers verloren mit 1:3. "Es war für mich und für viele andere auch damals die bitterste Niederlage meiner Karriere. Ich bin hier in der Stadt geboren, ich wollte unbedingt mit dem Verein zurück in die 3. Liga", sagt Korb. Der Traum platzte dramatisch.
Das eigentliche Trauma erklärt sich aus dem Fortgang der Geschichte. Heute trennen beide Klubs Welten. "Wir hängen seit Jahren in der vierten Liga fest, Magdeburg ist ein gestandener Zweitligist", bilanziert Neidhart nüchtern. Der OFC nimmt gerade zum zwölften Mal Anlauf, um der Regionalliga zu entkommen. Magdeburg wirkt wie ein Kontrastmittel, das aufzeigt, wie es anders hätte laufen können.
Duell VW gegen Porsche
Eine viel zu späte Revanche würde daran nichts mehr ändern. Doch zumindest für die persönliche Bewältigung des 2015er Wirkungstreffers wäre es Korb ein besonderes Anliegen, am Montag für eine Pokalüberraschung zu sorgen. Dass das nicht einfach wird, erklären schon die zwei Spielklassen Unterschied. Neidhart macht es plastisch: "Porsche gegen VW vielleicht? Ich weiß nicht, ob man diesen Vergleich so ziehen kann", sagt der 55-Jährige.
Doch in der Außenseiterposition schlummert auch eine Chance. Offensivspieler Boubacar Barry spielt erst seit einigen Wochen in Offenbach. Er freut sich jetzt schon auf den Rollenwechsel: "In der Liga sind wir immer Favorit, wir gehen immer als Kickers Offenbach da hin. Jetzt können wir für eine Überraschung sorgen, jetzt sind wir mal der Underdog."
Neidhart kann Pokal
Das Erfolgsrezept für Pokalüberraschungen ist hinlänglich bekannt. Man nehme eine stabile Defensive, ein wenig Spielglück, viel Ausdauer und dann den Lautstärkeregler weit aufdrehen! "Jeder in Deutschland kennt die Stimmung in Offenbach, gerade wenn das Flutlicht angeht. Wir als Mannschaft versuchen, das einfach positiv für uns aufzusaugen und am Montag für eine Überraschung zu sorgen", verspricht Korb.
Als kühler Gegenpart ist Neidhart da vielleicht besonders wertvoll. Mit ansteckendem Selbstbewusstsein verweist er einfach darauf, dass er Pokal gut kann. Mit Rot-Weiss Essen oder Waldhof Mannheim habe er schon für Überraschungen gesorgt. "Ich hatte in der Vergangenheit immer ein gutes Händchen und vielleicht auch das Quäntchen Glück. Das ist schon so in mir drin, dass ich in so ein Spiel auch mit dem klaren Gedanken gehe, es gewinnen zu wollen." Die Offenbacher Fans könnten dann vielleicht wieder ein bisschen besser schlafen und davon träumen, dass alles besser werden kann.