Eintracht Frankfurt schlägt auch Heidenheim Eintracht Frankfurt schlägt auch Heidenheim: Weiter, immer weiter
Eintracht Frankfurt feiert gegen Heidenheim den siebten Sieg in Serie und jagt jetzt die Bayern. Der Flow der Mannschaft ist fast beängstigend, die Fans träumen immer lauter von der Meisterschaft.
Es wäre schon interessant zu wissen, wie viele Eintracht-Fans es an diesem Sonntagabend ein bisschen ernster meinten. Wie viele Fans sich im Gästeblock in Heidenheim kurz dabei ertappten zu denken, dass es in dieser Saison ja vielleicht wirklich … Wie viele kurz verstohlen zu Nebenmann oder Nebenfrau blickten, um zu sehen, ob diese das auch gar nicht mal mehr so ironisch meinten, was sie da gemeinsam sangen, mittlerweile ja schon zum dritten, vierten, fünften Mal in den letzten Wochen: Deutscher Meister wird nur die SGE.
Nun sind noch ein paar Monate zu spielen, bis im Mai irgendwo im Land – wahrscheinlich in München – die Meisterschale in die Luft gestemmt wird. Aber der Flow der Frankfurter Eintracht im Endspurt der Hinrunde der Bundesliga ist schon fast beängstigend. Mit dem 4:0 in Heidenheim fuhr die Eintracht den siebten Pflichtspielsieg in Folge ein, ein Sieg, der zu keiner Zeit in Gefahr schien, sondern eher noch höher hätte ausfallen können. "Es war eine super Leistung, vor allem nach dem Spiel am Donnerstag in der Europa League. Wir waren von der ersten Sekunde an da", freute sich Trainer Dino Toppmöller.
Kevin Trapp: "Einfach so weitermachen"
In der Liga war das 4:0 in Heidenheim bereits der vierte Sieg am Stück, die Eintracht verlor einzig das Auftaktspiel in Dortmund und beim Meister in Leverkusen (und beides eher unglücklich), seither reiht sie in schöner Regelmäßigkeit Spektakelspiele und dreckige Siege aneinander. In der Konsequenz heißt das: Platz zwei, nur vier Punkte hinter den Bayern. Deutscher Meister wird nur die SGE? "Das Beste, was wir jetzt tun können, ist einfach so weiterzumachen", bremste Keeper Kevin Trapp nach dem Spiel, angesprochen auf die Gesänge der Fans. Das ist sein Job, aber zuzutrauen ist dieser Mannschaft praktisch alles.
Denn ihr Erfolg fußt auf vielen Faktoren. Da wäre zunächst natürlich die brillante Offensive, "vorne haben wir eine unglaubliche Qualität", staunte Trapp. Er dürfte damit in erster Linie Omar Marmoush gemeint haben, der eine erneute Gala-Vorstellung aufs Parkett zauberte. Beim ersten Tor schlitzohrig ins kurze, bei seinem zweiten nach Sprint elegant in Thierry-Henry-Manier ins lange Eck. Der Mann ist ein Killer geworden.
Toppmöller: "Nene Brown hat sich das verdient"
Zur Erinnerung: Marmoush kam als besserer Ergänzungsspieler aus Wolfsburg und hat sich in nur anderthalb Jahren vom Außenspieler zu einem Neuner von Weltformat entwickelt, der auf sein schon zuvor nicht schlechtes Skillset – Technik, Tempo, Spielfreude – noch die Mittelstürmer-Fähigkeiten Laufwege und Torabschluss draufsattelte. Fraglich, ob es eine ähnliche Lernkurve in der Bundesliga überhaupt schon einmal gab. Dem Trainerteam der Eintracht kann man zu diesem Meisterstück nur gratulieren.
Neben Marmoush traf in Heidenheim auch Sturmkollege Hugo Ekitiké, Toppmöller hatte sich den Luxus geleistet, den hochbegabten Franzosen auf der Bank zu lassen, möglicherweise als Denkzettel für zu viele Zirkustricks in den Spielen. Es begann an seiner Statt Igor Matanovic, der noch ein wenig braucht. Andere hingegen sind da schon weiter, etwa Nathaniel Brown. "Nene war ein bisschen außen vor. Es macht mich schon stolz, wie er mit der Situation umgegangen ist. Er hat sich das verdient", lobte Toppmöller nach dem Spiel im Field-Interview.
Trapp: "Wir haben einen guten Mix aus Erfahrung und Talent"
"Das", meint nicht nur Einsatzminuten, sondern auch Tore und Vorlagen, gegen Heidenheim wurde Brown mit seinen drei Assists neben Marmoush zur prägenden Figur des Spiels. Vor einigen Monaten wurde er nicht einmal für den Europa-League-Kader nominiert, mit seiner Entwicklung in den letzten Wochen wirkt er wie ein Neuzugang mitten in der Saison, und zwar ein ziemlich spektakulärer.
Selbiges gilt übrigens für Nnamdi Collins, dem wohl auch die wenigsten vor der Saison überhaupt eine Rolle zugetraut hätten, der aber ebenfalls seit Wochen einen spektakulären Job macht. Was freilich auch daran liegt, dass sie – wie die anderen jungen Spieler auch – in ein funktionierendes Gefüge kommen. "Wir haben einen guten Mix aus Erfahrung und Talent", freute sich Trapp. Tatsächlich ist die Kaderplanung und -zusammenstellung nahe am Optimum.
Toppmöller: "Wie Kevin Trapp uns im Spiel gehalten hat, war wichtig"
Und so fallen bei Eintracht Frankfurt aktuell viele Puzzleteile ineinander. Eine treffsichere, aufregende Offensive um den aktuell vielleicht besten Bundesligaspieler Omar Marmoush. Ein zentrales Mittelfeld, in dem sich vier Hochkaräter tummeln – Altmeister Mario Götze, Ellyes Skhiri mit ansteigender Formkurve, Ausnahmetalent Hugo Larsson und Stratege Mo Dahoud – und in dem ein erst 19 Jahre alter und gerade wiedergenesener Oscar Höjlund mit einer starken Partie nach Einwechslung erste zarte Ansprüche anmeldet.
Sowie eine Defensive, die sich ligaweit kaum vor einer anderen verstecken muss. Was daran liegt, dass sowohl Robin Koch als auch Tuta noch einmal an Format gewonnen haben. Und nun an der Seite von Neuzugängen wie Arthur Theate und Rasmus Kristensen spielen, die jeder Mannschaft in der Liga guttäten. Ganz hinten Kevin Trapp nicht zu vergessen, der eine frühe Führung der Heidenheimer durch deren einzige Großchance verhinderte. "Wie Kevin Trapp uns im Spiel gehalten hat, war wichtig", lobte Toppmöller den Keeper, der in der Nationalmannschaft wundersamerweise hinter Torhütern zurückstecken muss, die nicht ansatzweise seine Klasse haben.
Nene Brown: "Es hat mir noch nie so viel Spaß gemacht"
Und natürlich ist diese Mannschaft dann auch mehr als die Summe ihrer Teile, praktisch in jedem Interview wird der gute Zusammenhalt betont. "Man sieht, dass wir viel Spaß auf dem Platz und in der Kabine haben", sage Trapp nach dem Spiel. "Es hat mir noch nie so viel Spaß gemacht in meiner noch jungen Karriere", freute sich Brown. Schon am Mittwoch geht der Spaß in Leipzig weiter, wenn die Eintracht im Pokal auf das kriselnde RB trifft. Ein gänzlich anderer Wettbewerb, gut möglich aber, dass auch dort das Lied von der Meisterschaft im Gästeblock erklingt.