Matchwinner und Anker Eintracht Frankfurt: Mario Götze wird zum Frankfurter Schweini
Mehr als zehn Jahre nach seinem Weltmeister-Tor blüht Mario Götze bei Eintracht Frankfurt noch einmal auf. Seine Spielweise hat sich grundlegend verändert. Wie wichtig der mittlerweile 32-Jährige ist, zeigte aber nicht nur das Spiel gegen Bremen.
Mario Götze sorgte in der vergangenen Woche für außergewöhnliche Schlagzeilen. Der Mittelfeldspieler von Eintracht Frankfurt veröffentlichte auf dem englischsprachigen Portal The Players' Tribune einen Brief an seine Kinder Rome und Gioia. Götze berichtete dort erstmals von der dramatischen Geburt seines Sohnes, der im Sommer 2020 in einer Notoperation gerettet wurde und sechs Wochen zu früh auf die Welt kam. "Sein Herzschlag war verschwunden", so Götze.
Der mittlerweile 32-Jährige schrieb weiter, dass er damals das Training bei Borussia Dortmund absagte und längere Zeit im Krankenhaus bei seinem Sohn blieb. Aufgrund der damaligen Corona-Regeln hätte er die Babystation bei einmaligem Verlassen nicht wieder betreten dürfen. "Ich bin in erster Linie ein Vater. An zweiter Stelle ein Fußballer. Dafür werde ich mich nie entschuldigen", so Götze. Der Junge, der Deutschland im Sommer 2014 zum WM-Titel schoss, ist erwachsen geworden.
Götze enorm wertvoll für die Eintracht
Mehr als zehn Jahre nach der goldenen Nacht von Rio, die Götzes Karriere nachhaltig beeinflusste, ist der Shootingstar von damals aber nicht nur ein anderer und reiferer Mensch. Götze hat sich auch fußballerisch komplett verändert. Das ganz große Versprechen, einmal besser als Lionel Messi zu werden, konnte er zwar nicht einlösen. Sein Wert für die Eintracht, die ihn nach schwierigen Jahren in Dortmund, beim FC Bayern und in Eindhoven zwischenzeitlich sogar zum Comeback in der DFB-Elf verhalf, ist aber nach wie vor immens.
Messbar und mit Zahlen belegbar ist dieser Wert allerdings nur selten. In Berlin schob Götze einen Ball in Thomas-Müller-Manier ins Tor und hatte damit entscheidenden Anteil am Punktgewinn, gegen Bremen malte Götze einen Ball in Mario-Götze-Manier ins Tor und sorgte damit für den wichtigen 1:0-Sieg. Dass Götze das Spielfeld als gefeierter Matchwinner verlässt, ist aber eher Ausnahme als Regel. Tore, Vorlagen oder Paraden sind einfach spektakulärer als die Spielweise des Frankfurter Leistungsträgers.
Götze macht den Schweini
Doch was macht Götze so stark und für Trainer Dino Toppmöller fast schon unersetzbar? Der 66-malige Nationalspieler ist auch unter Druck anspielbar, er sieht und findet Räume, er hat dank seiner Technik und Übersicht auch in schwierigen Situationen fast immer eine Lösung. Götze, der in den Anfangsjahren seiner Karriere vor allem in Eins-gegen-Eins-Duellen brillierte und durch seine Tempo-Dribblings auffiel, ist inzwischen zu einem Strategen geworden.
Ähnlich wie Bastian Schweinsteiger beim FC Bayern und in der Nationalelf oder auch Jermaine Jones bei der Eintracht hat sich Götze von einem reinen Offensiv-Spieler zu einem Mittelfeldspieler zurückentwickelt. Früher falsche Neun, jetzt wirklich mittendrin. Schweinsteiger war in der Blütezeit seiner Karriere deutlich defensiver orientiert, Jones kam schon immer fast ausschließlich über den Kampf. Was alle drei eint: Sie halfen und helfen ihren Teams in erster Linie durch ihre Erfahrung. Erst ordnen, dann rennen.
Götze hat einfach Spaß
"Ich bin ja gefühlt der Opa her", scherzte der zweifache Vater angesichts der vielen Youngster um ihn herum am Samstagabend bei Sky. Von einem Rentner-Leben mit Pantoffeln und Ohrensessel ist Götze zwar noch sehr viele Jahre entfernt, auch die grauen Schweinsteiger-Haare sind noch nicht zu erkennen. Einen Hauch von großväterlicher Fürsorge verströmt er aber schon jetzt. Der 32-Jährige hilft auf dem Platz seinen Nebenleuten und macht so auch die jungen Wilden stärker. Götze hält anderen den Rücken frei und bietet gleichzeitig eine starke Schulter zum Anlehnen. "Er tut uns gut", sagte Ansgar Knauff. "Er gibt uns Halt", bestätigte Nnamdi Collins.
Götze, der natürlich auch weiterhin regelmäßig mit gezielt eingesetzten Hackentricks oder sehenswerten Ballannahmen für ein Raunen im Stadion sorgt, hat sich auf und neben dem Platz verändert und ist in neue Rollen gewachsen. Körperlich muss er den hohen Ansprüchen hin und wieder Tribut zollen, in den kommenden Englischen Wochen wird er sicher die eine oder andere Pause einlegen müssen. Da Götze die schönste Nebensache der Welt inzwischen aber offenbar auch als genau diese ansieht, ist seine zwischenzeitlich verlorengeglaubte Lockerheit früherer Tage zurück.
"Es macht extrem viel Spaß bei der Eintracht mit dieser Mannschaft", betonte er passend dazu. "Und darum geht es auch immer: um Fußball und darum, Spaß zu haben."