Analyse Eintracht Frankfurt hängt in der ganz eigenen Wolke fest
Eintracht Frankfurt zeigt gegen Werder Bremen eine enttäuschende Leistung und schwächt sich selbst. Das Restprogramm ist brutal, Europacup-Platz sechs in arger Gefahr. Die Analyse in fünf Punkten.
Eintracht Frankfurt hat in der Bundesliga zum zwölften Mal Remis gespielt. Gegen Werder Bremen kamen die Hessen am Freitag nicht über ein 1:1 hinaus. Die Bremer Führung durch Milos Veljkovic (62.) hatte Tuta ausgeglichen (77.), der kurz vor Schluss mit Rot des Feldes verwiesen wurde (89.). Zuvor hatte bereits der Bremer Jens Stage die Rote Karte gesehen (74.).
1. Das letzte Mal "normale" Stimmung
Wenn man auch nicht viel Gutes über das Spiel zwischen der Frankfurter Eintracht und Werder Bremen am Freitagabend im Waldstadion sagen kann – die Stimmung war über weite Strecken überragend. Was wohl daran lag, dass die aktive Fanszene zu einem "vorerst letzten halbwegs normalen" Heimspiel aufgerufen hatte und sich nochmal ordentlich verausgabte. Aufgrund diverser Stadionverbote wollen sich die Fans in den kommenden Spielen eher auf sich als Gruppe und das Ausleben ihrer Freundschaften konzentrieren.
Was genau das heißt, wird man im nächsten Heimspiel gegen den FC Augsburg in zwei Wochen sehen. Ebenso laut wie am Freitagabend unter Flutlicht wird es aber wohl erst einmal nicht mehr. Im Saisonendspurt ein nicht zu unterschätzender Faktor.
2. Nnamdi Collins debütiert
Sehr viel bessere Rahmenbedingungen für ein Bundesligadebüt kann es eigentlich nicht geben. Das nämlich feierte Nnamdi Collins, seines Zeichens Innenverteidiger aus der Eintracht-U21. Collins, vor der Saison aus Dortmund transferierter U-Nationalspieler, kam für den verletzten Ellyes Skhiri in die Startelf und verteidigte rechts in der Dreierkette, für ihn rückte Tuta ins defensive Mittelfeld.
Und Collins machte seine Sache abgesehen von ein, zwei Wacklern im Stellungsspiel ordentlich, schaltete sich zu Beginn gar ein paar Mal mit nach vorne ein, nach 65 Minuten war dann Schluss. "Nnamdi hat ein gutes Bundesliga-Debüt gegeben", lobte Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche nach dem Spiel. Collins wird nun wohl erst einmal bei den Profis bleiben. Nicht, weil er sich durch seine Leistung unverzichtbar gemacht hat. Das hat, siehe Punkt 4, ein anderer für ihn erledigt.
3. Und täglich grüßt das Murmeltier
Debütant Collins wird dieses Spiel sicherlich in Erinnerung bleiben, den übrigen knapp 58.000 Menschen im Stadion wohl eher nicht. Warum? Weil Eintracht Frankfurt gegen Werder exakt genau so spielte wie seit Wochen. Stets bemüht, nach vorne aber viel zu harmlos, mit wenig Ideen und noch weniger Torchancen, am Ende mit einem unbefriedigenden Remis "Wir sind nicht zufrieden mit der Art und Weise, wie wir Fußball spielen und mit den Ergebnissen", sagte Krösche nach dem sage und schreibe 12. Unentschieden in dieser Saison.
Und so bleibt die Frankfurter Saison eigenartig zäh. Die Spiele sind oft bleiern, eine Spielidee ist nach wie vor nur mit viel Fantasie zu erkennen, es ist schlicht nicht klar, wofür Eintracht Frankfurt im Jahr 2024 steht. "Wenn du gegen Union und Bremen zuhause nur zwei Punkte holst, hat das Gründe", blieb Keeper Kevin Trapp nach dem Spiel im Vagen. "Wir sind Tabellensechster, aber irgendwie schwebt so eine negative Wolke über uns". Sollte gegen Stuttgart in der kommenden Woche verloren werden, dürfte aus der Wolke ein zünftiges Gewitter werden.
4. Die Eintracht schwächt sich selbst
Möglicherweise hätte der Abend noch einen anderen Verlauf genommen, hätte Tuta in der 89. Minute nicht einen kompletten Aussetzer gehabt und nach seinem völlig unnötigen Einsteigen gegen Felix Agu eine völlig gerechtfertigte Rote Karte gesehen. Tuta hatte bis dahin ein gutes Spiel gemacht und per Kopf den Ausgleich markiert, umso ärgerlicher sein Platzverweis.
Denn damit beraubte Tuta seine Mannschaft der Überzahl in den Schlussminuten, in denen die Hessen zwar auch nicht die Sterne vom Himmel spielten, Werder aber immerhin hinten reindrückten. Zudem wird Tuta nun zwei, vielleicht drei Spiele aussetzen, ob ein Talent wie Collins den Aufgaben in Stuttgart, gegen Augsburg und in München schon gewachsen ist, wird sich zeigen. "Das war nicht clever. Seine Rote ist bitter für uns, weil er ein wichtiger Spieler ist", sagte Trainer Dino Toppmöller nach dem Spiel.
5. Europa ist in Gefahr
"Das Restprogramm ist brutal. Aber wir sind kein Kanonenfutter", stellte Trapp nach Abpfiff zwar richtigerweise fest. Man muss aber auch kein Kanonenfutter sein, um aus den verbleibenden Spielen gegen den VfB Stuttgart, den Verfolger aus Augsburg, die Bayern, den kommenden Meister aus Leverkusen, Gladbach und RB Leipzig nur eine überschaubare Punktzahl zu holen. Die Big Points im Kampf um Platz sechs hat die Eintracht liegengelassen, gegen Bremen, gegen Union, eigentlich schon die gesamte Rückrunde.
Und ein Verpassen des Europapokals wäre nicht weniger als eine Katastrophe. Schon der DFB-Pokal und die Conference League wurden abgeschenkt, wenn es nun im vielleicht schlechtesten Liga-Mittelfeld der jüngeren Bundesligageschichte nicht mehr für Platz sechs reicht, würde das aus einer wackeligen Saison eine verkorkste machen. Schon am Sonntag könnte der Vorsprung auf Platz acht auf drei Punkte zusammengeschmolzen sein. Der sechste Platz sei weiterhin das Ziel, betonten Ansgar Knauff und Robin Koch unisono. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, verrieten sie indes nicht.