Lilien-Trainer Florian Kohfeldt war wütend auf den Schiedsrichter.

Darmstadts Negativserie Eine Frage von Qualität und Nervenstärke

Stand: 09.02.2025 09:09 Uhr

Der SV Darmstadt 98 schlingert durch die 2. Bundesliga. Doch Trainer Kohfeldt versucht dem Negativlauf mit "Souveränität" entgegenzuwirken.

Vier Spiele, drei Niederlagen, ein Punkt – und ein Trainerwechsel. Schon früh in der Hinrunde, Anfang September 2024, war der SV Darmstadt 98 am Tiefpunkt angelangt. Nichts ging mehr, die Last auf den Schultern der Spieler war riesig, der Trainer gab ihr schließlich pflichtbewusst nach. Torsten Lieberknecht ging, Florian Kohfeldt kam. Dessen Rückrundenbilanz liest sich aktuell wie folgt: vier Spiele, drei Niederlagen, ein Punkt, identisch also.

Nun steht der Darmstädter Trainer selbstverständlich nicht vor dem Rauswurf, auch freiwillig zurücktreten wird er nicht, die Parallelität der Ergebnisse aber ist auffällig. Wieder haben die südhessischen Zweitligafußballer einen miesen Start in eine Halbserie erwischt, wieder macht sich Verunsicherung breit. "Wir spielen nicht mehr so aus dem Gefühl heraus, sondern denken mehr nach", gab der Darmstädter Kapitän Clemens Riedel nach der samstäglichen 0:3-Niederlage gegen die SV Elversberg zu. Treffend analysiert.

Nervenstärke steht auf der Probe

Denn bemüht waren die Darmstädter, das war ihnen nicht abzusprechen, es fehlte jedoch vor allem an zwei wichtigen Dingen. Erstens: an Qualität (dazu gleich mehr). Zweitens: an Nervenstärke. Als die Partie nicht so lief, wie es sich die Lilien erhofft hatten, gerieten sie "in einen Negativstrudel" hinein, wie Riedel andeutete. Schon Einwurf-Entscheidungen oder simple Freistoßpfiffe trieben ihnen die Zornesröte ins Gesicht, es wurde diskutiert und gemeckert und gepöbelt, erstaunlich offensiv auch vorgetragen von Trainer Kohfeldt.

Kurzum: Der Fokus aufs Wesentliche, den eigenen Fußballvortrag, war verrutscht. Den negativen Höhepunkt setzte dabei Fabian Nürnberger, der im Wissen der Niederlage die Nerven verlor. Er trat und schlug und sah völlig zu Recht die Rote Karte. Ihm droht nun eine längere Zwangspause. Kohfeldt ging mit seinem Linksverteidiger hart ins Gericht: "Das ist das Dümmste, was ich seit langer Zeit auf dem Fußballplatz gesehen habe." Auch das, treffend analysiert.

Kohfeldt stärkt seine Mannschaft

Mit dem gesamten Team war Kohfeldt dagegen gnädiger. Er habe trotz des 0:3 eine Mannschaft gesehen, "die alles probiert hat, der aber nicht alles gelungen ist". Entsprechend sprach er seinen Spielern direkt nach dem fünften Sieglos-Spiel in Serie Mut zu. "Ich glaube an die Mannschaft", begründete der Coach seine Zuversicht und führte aus: "Dass solch eine Delle kommt, war vollkommen klar. Und wenn du drin bist, musst du Klarheit und Souveränität ausstrahlen."

Es läuft wahrlich nicht bei den Lilien, der letzte Sieg liegt bald zwei Monate zurück, datiert am 14. Dezember gegen Kaiserslautern. Die Mannschaft ist in der Tabelle auf Rang zwölf abgerutscht, am Sonntag-Nachmittag könnte sie sogar Dreizehnter sein. Der Vorsprung auf die Abstiegszone aber beträgt immerhin acht Punkte. Das schlechteste Rückrundenteam aber will wohl niemand in Darmstadt sein.

Auch die lange Zeit so famose Bilanz von Coach Kohfeldt erhält aktuell Schrammen. In 17 Zweiligaspielen als Lilien-Trainer hat er 24 Punkte eingesammelt. In der imaginären Tabelle einer halben Saison wäre er damit auf Rang zehn gelandet. Mehr Mittelmaß geht kaum. "Jetzt verstehen alle, was wir mit einer stabilen Entwicklungssaison gemeint haben", sagte Kohfeldt.

Viele Verletzte mindern die Qualität

Zur Wahrheit gehört: Viel hat der derzeitige Abschwung auch mit der personellen Situation zu tun, was auf den Aspekt der fehlenden Qualität einzielt. Gegen Elversberg fielen gleich neun Spieler aus, viele davon potenzielle Stammkräfte. So verteidigte etwa mit Marco Thiede rechts hinten der dritte Mann in der Hierarchie, im Mittelfeld gab der sonstige Kurzzeitspieler Merveille Papela sein Startelf-Debüt, vorne lief mit Fynn Lakenmacher und Oscar Vilhelmsson die zweite Garde auf.

Sergio Lopez hatte sich einen Tag vor dem Elversberg-Spiel mit Rückenschmerzen abgemeldet, Fraser Hornby wenigen Minuten vor dem Anpfiff ebenfalls mit körperlichen Problemen. "Wir haben in letzter Zeit schon verschiedenste Dinge verkraften müssen", haderte Kohfeldt.

Immerhin: Torjäger Isac Lidberg feierte ein unauffälliges 30-Minuten-Comeback, wird kommende Woche gegen Braunschweig bestimmt wieder ein Startelf-Kandidat sein. Auch einzelne, andere Profis könnten bis dahin zurückkehren. "Wir werden an Stabilität gewinnen", ist Kohfeldt zuversichtlich. Ob auch diese Analyse zutrifft, wird freilich noch zu beweisen sein.