BR24 Sport Zwischen Gold und Glück: Wellingers langer Leidensweg
Mit seinem emotionalen Sieg in Oberstdorf weckt Skispringer Wellinger Hoffnungen auf einen Tournee-Gesamterfolg. Dabei hat er seit Olympia-Gold in Südkorea viel durchgemacht.
Mit seinem umjubelten Skisprung-Erfolg vom Schattenberg weckte Andreas Wellinger Erinnerungen an fast vergessene Zeiten - und an die damaligen Teenie-Idole Sven Hannawald und Martin Schmitt. Begleitet von kreischenden Fans bahnte sich der überwältigte Olympiasieger am späten Freitagabend seinen Weg durch das komplett volle Zentrum von Oberstdorf, das zu einer großen Partymeile wurde. Es waren Szenen wie zur Jahrtausendwende, als in Deutschland ein riesiger Skisprung-Hype herrschte.
Der Ruhpoldinger könnte der erster deutscher Tournee-Gesamtsieger seit Hannawald 2002 werden. Sein Vorsprung ist mit umgerechnet 1,66 m zwar gering, der Japaner Ryoyu Kobayashi und der bisherige Dominator der Saison Stefan Kraft (Österreich) sitzen Wellinger im Nacken - doch der strotzt derzeit vor Selbstvertrauen. "Für mich ist jetzt die Herausforderung, dass ich genauso weiter springe", sagte der 28-Jährige: "Wenn ich das mache, dann ist alles möglich."
Wellinger: "Brutal schwerer Weg hierhin"
Dabei hat Wellinger einen langen und von Rückschlägen gepflasterten Leidensgeschichte hinter sich. "Der Weg hierhin war brutal schwer, das macht mich extrem stolz", sagte der Bayer nach dem Sieg in Oberstdorf.
2018 war er der Shootingstar der Skisprungszene - mit gerade einmal 22 Jahren krönte Wellinger frühzeitig seine Laufbahn. Er wurde in Pyeongchang Olympiasieger im Einzel von der Normalschanze. Es folgten zwei Silbermedaillen im Team sowie im Großschanzeneinzel. Schon vier Jahre zuvor war Wellinger mit 18 Jahren Teil des olympischen Gold-Quartetts von Sotschi.
Vom Olympiasieger zum WM-Zuschauer
Doch nur ein Jahr später die große Enttäuschung: Wellinger spielte bei der Nordischen Ski-WM in Seefeld keine Rolle. Auf der Großschanze in Innsbruck wurden seine Teamkollegen Karl Geiger, Stephan Leyhe, Markus Eisenbichler und Richard Freitag souverän Weltmeister. Wellinger war am Bergisel Ersatzmann und Zuschauer.
Im darauffolgenden Sommer zog sich der Skispringer beim Training in Hinzenbach einen Kreuzbandriss zu. Damit war klar: Der nächste Winter ist gelaufen. Kurz bevor er das Training für die Saison 2020/21 aufnehmen wollte, brach sich Wellinger bei einem Urlaub Ende März 2020 in Australien das Schlüsselbein
Nach langer Leidenszeit: Wellinger findet zu alter Stärke zurück
Es folgten Jahre harter Arbeit - die sportlich kaum belohnt wurde. Doch im Februar diesen Jahres meldete sich Wellinger nach seinem langen Leidensweg eindrucksvoll in der Weltspitze zurück. Dreieinhalb Jahre nach seiner Knieverletzung gelang ihm in Lake Placid der Überraschungssieg. Der Olympiasieger hatte zuvor seit Dezember 2017 nicht mehr ganz oben auf einem Podest im Weltcup-Einzel gestanden. Eine Woche später gewann er auch im rumänischen Rasnov.
Bei der WM in Planica wurde er Vizeweltmeister auf der Normalschanze und gemeinsam mit Selina Freitag, Karl Geiger und Katharina Althaus Weltmeister im Mixed-Teamwettbewerb. Wellingers Erfolge sind sehr hoch einzuschätzen. Denn in der sensiblen Sportart stellt eine so schwere Knieverletzung in den allermeisten Fällen eine massive und nachhaltige Karrierebremse dar.
Mit dem Auftaktsieg bei der Vierschanzentournee in Oberstdorf feierte Wellinger einen der größten Erfolge in seiner sportlichen Laufbahn. "Der steht ganz, ganz weit oben. Es ist schwer zu vergleichen mit einem Olympiasieg, aber es wird in einer ähnlichen Kategorie sein", sagte Wellinger.
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Quelle: BR24Sport 30.12.2023 - 11:54 Uhr