BR24 Sport NBA-Star Serge Ibaka beim FC Bayern: "Bin wie jeder andere"
Mit der Verpflichtung von NBA-Champion Serge Ibaka war dem FC Bayern München ein Coup gelungen. Es dauerte jedoch ein wenig, bis sich der 2,08-Meter-Mann im europäischen Basketball zurechtgefunden hat. Doch nun ist er ein absoluter Anführer.
Ein halbes Jahr ist es her, dass der FC Bayern Basketball die spektakulärste Verpflichtung der Vereinsgeschichte bekannt gab. Serge Ibaka wechselte an die Isar. 14 Jahre lang hatte Ibaka in der besten Basketball-Liga der Welt, der NBA, gespielt. Er war in fast all seinen Teams ein wichtiger Faktor, ein absoluter Star, der selbst neben Teamkollegen wie Kevin Durant, Russell Westbrook oder Kawhi Leonard strahlte und mitentscheidend dafür war, dass die Toronto Raptors 2019 ihre erste Championship holten.
Vier Jahre später ist der große NBA-Glanz vorbei. Doch eine herausragende Erscheinung ist Ibaka noch immer. Nicht nur wegen seiner imposanten Statur hinterlässt der 2,08-Meter große Center einen bleibenden Eindruck. Er kommt weltmännisch daher, schaut mit seinen wachen Augen auch Abseits des Courts genau, was um ihn herum passiert, und wie er die Menschen, die ihm gegenüberstehen, einschätzen kann. Und erklärt mit seiner weltmännischen Art nicht nur, wie er den Basketball sieht, sondern auch, wie er die Welt und seine Rolle darin definiert.
Ibaka: "Musste natürlich eine Message senden"
Und darin ist der größte Star, der jemals in die deutsche Basketballliga geholt wurde, gar nicht so besonders. "Wer ist Serge Ibaka? Ich bin wie jeder andere", antwortete der 34-Jährige bei einer seiner wenigen Pressekonferenzen auf die Frage, ob seine Teamkollegen gestaunt hätten, als sie ihn das erste Mal sahen. "Ich kann verstehen, warum man so denkt, wenn man von außen kommt. Aber das war wirklich nicht so." Er sei einer von vielen Spielern.
Auch wenn das freilich so nicht ganz stimmt. Auf dem Court ist Ibaka natürlich außergewöhnlich gut. Das hat er seinen neuen Mitspielern nach seiner Ankunft mit krachenden Dunks im Training beweisen: "Ich musste natürlich eine Message senden: Deswegen bin ich hier. Das ist aber normal, das ist die ehrgeizige Seite. Wenn du in eine neue Mannschaft kommst, musst du ein Ausrufezeichen setzen."
"Gute NBA-Spieler hätten Probleme, hier zu spielen"
Es hat ein wenig gedauert, bis der Kongolese sich beim FC Bayern eingelebt hatte. Sein Debüt verlief schleppend. Bei Auswärtsspielen fehlte er immer wieder, sodass manche schon unkten, der NBA-Star hätte in seinem Arbeitspapier eine Klausel, die kleinsten Hallen der BBL nicht bespielen zu müssen. Und auch wenn auf dem Court stand, tat er sich schwerer als erwartet. Teilweise war das seinem Trainingsrückstand geschuldet. Teilweise aber lag das auch an der Umstellung von NBA-Basketball zur europäischen Spielart.
"In Europa sind die Spiele extrem umkämpft. Viele sehr gute NBA-Spieler hätten Probleme, hier zu spielen", sagt Ibaka: "Nicht, weil sie nicht gut genug wären. Wegen der Regeln, dem Platz auf dem Court, wie intensiv hier gespielt wird. Fast jedes Spiel wird hier wie ein Play-off-Spiel gespielt."
Ibaka über Lasos Spielstil: "Es ist tough"
Und auch der Spielstil seines Coaches, der Ibaka überhaupt erst an die Isar geholt hatte, hat es in sich: "Wir spielen jedes Spiel eine Full-Court-Press. Das ist hart. Jedes Spiel von Anfang an, selbst im Training. In der NBA kannst du dir als Guard manchmal ein bisschen eine Pause nehmen. Hier hast du keine Sekunde Zeit. Es ist tough", sagte Ibaka, der das allerdings keineswegs als Beschwerde verstanden wissen wollte: "Genau deswegen macht es mir viel Spaß, hier zu spielen. Ich mag die Herausforderung."
Und so ist er mittlerweile ein absoluter Leader im Team des FC Bayern geworden. Auf dem Platz dirigiert er die Defensive, kämpft um Rebounds - und ist auch in der Offensive eine wichtige Anspielstation. In der EuroLeague ist der Center der Topscorer des Teams. In entscheidenden Spielmomenten ist er der "Go-to-Guy". So wie im EuroLeague-Spiel gegen Lyon, als die Franzosen kurz vor dem Schluss führten und Ibaka mit einem wilden Dreier das Spiel ausglich und die Münchner in der Verlängerung einen wichtigen Sieg holten.
Vorbild für Weltmeister Bonga und Co.
Doch einen ebnso großen Einfluss hat Ibaka neben dem Platz. Immer wieder beschreiben seine Teamkollegen, wie lang der Center täglich im Gym ist - und wollen ihn teilweise stoppen. "Meine Teammates und Coaches sagen mir immer wieder, ich solle nach Hause gehen, mich ein bisschen ausruhen. Aber Konstanz ist das, was mich hier hergebracht hat, also warum würde ich damit aufhören?" Das Resultat sieht man dem 34-jährigen Modelathleten an, doch bei seiner Work-Out-Routine stehe nicht die Physis im Vordergrund: "Es geht mehr um den mentalen Aspekt als um den körperlichen", erkärt Ibaka.
Auch vor und nach den Spielen findet man Ibaka im Kraftraum - und verändert dadurch auch die Arbeitseinstellung um ihn herum. Immer mehr FC-Bayern-Spieler sieht man lange nach der Schlusssirene in verschwitzten Klamotten aus dem Trainingsraum kommen, darunter auch Weltmeister Isaac Bonga. "Es geht nicht ums Reden, es geht um Taten. Die Jungs sehen mich, wie fokussiert ich jeden Tag im Training bin. Wie ich mich auf die Spiele vorbereite. Die müssen mich ansehen und denken: Dieser Typ lässt nie nach. Wir werden im mehr Leute im Trainingsraum nach dem Spiel. Es ist wunderschön", so der NBA-Star.
Wurfform: Ibaka lernt von Andreas Obst
In München ist man froh, einen derart fleißigen und nahbaren Star wie Ibaka in seinen Reihen zu haben. Doch wie es für Ibaka nach dieser Saison weitergeht, steht noch nicht fest. "Ich habe nie geplant, hier herzukommen. Es ist passiert. So weit, so gut. Ich kann mich nicht beklagen. Ich mag es, hier zu leben. Ich genieße es hier, ich habe Spaß mit meinen Teammates. Das sind super Typen. Wir haben eine tolle Atmosphäre in der Kabine. Das ist das allerwichtigste. Ich liebe es, für Pablo zu arbeiten. Wir sehen, was passiert. Vielleicht beende ich meine Karriere. Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht."
Um Ibaka doch von einem Verbleib zu überzeugen, hat der FC Bayern also einige Argumente. Eines davon hört auf den Namen Andreas Obst. "Ich lerne hier immer noch Sachen", sagte Ibaka: "Zum Beispiel von Andi. Jeden Tag im Training beobachte ich, wie er wirft, seine Beinarbeit." Doch das vielleicht wichtigste Argument, ist das, was in München den größten Eindruck auf Ibaka hinterlassen hat: "Das Oktoberfest", sagte Ibaka lachend und schiebt nach, was Münchner Fans vielleicht als Hoffnung für einen Verbleib des Stars werten könnten. "Ich kann das nächste kaum erwarten."
Quelle: BR24Sport im Radio 13.03.2024 - 12:55 Uhr