
Eintagesrennen Brügge - De Panne "Total bescheuert" - Sicherheitschaos im Radsport nimmt kein Ende
Verheerende Stürze, chaotische Streckenführungen und keine Lösung in Sicht: Vor den großen Nordklassikern wird wieder über Sicherheit im Radsport diskutiert.
Am Ende waren gerade einmal 16 Fahrer übrig, die um den Sieg bei Brügge-De Panne spurteten. Der große Rest des Pelotons? Zu Boden gegangen oder ausgebremst durch einen der vielen Massenstürze, ganze viermal krachte es auf den letzten fünf Kilometern. Das völlig chaotische Finale beim Eintagesrennen am Mittwoch (26.03.2025) in Belgien lässt die Sicherheitsdebatte im Radsport erneut hochkochen - und die zunehmend wütenden Fahrer kopfschüttelnd zurück.
"Das war eines der gefährlichsten Finals, die ich je gefahren bin", monierte der italienische Sprinter Jonathan Milan, der sich am Ende dem Kolumbianer Sebastián Molano geschlagen geben musste: "Die Strecke ist einfach sehr gefährlich mit den vielen Kurven, wenn am Ende jeder gewinnen will, dann passiert eben genau das."
Schwere Unfälle gibt es immer wieder
Stürze, Verletzungen, im schlimmsten Fall sogar Lebensgefahr: Vor den großen Nordklassikern rund um das legendäre Paris-Roubaix (13.04.2025), die in den kommenden Wochen sportliches Spektakel versprechen, ist das größte Problem des Radsports auf schmerzhafte Weise wieder in den Fokus gerückt.
Knapp zwei Jahre nach dem tödlichen Rennunfall von Gino Mäder und gut sechs Monate nach dem tragischen Tod von Muriel Furrer (beide aus der Schweiz) nach einem Sturz bei der Juniorinnen-WM hat sich die Sicherheitslage der Athleten offensichtlich nicht verbessert. Schwere Unfälle bei extrem hohen Geschwindigkeiten sind weiterhin an der Tagesordnung.
Gelbe Karten für Fahrer - aber die Unsicherheit bleibt
Die bisherigen Maßnahmen des Weltverbandes UCI, der sich der Sache angenommen hat, scheinen nicht zu fruchten. Wohl auch, weil sie ein bisschen zahnlos daherkommen. So hat die von der UCI ins Leben gerufene Arbeitsgruppe "SafeR" beispielsweise Gelbe Karten eingeführt, die Fahrer für gefährliches Fahrverhalten erhalten. Bei mehreren dieser Verwarnungen, die auch eine Geldstrafe nach sich ziehen, kann es zu einer Sperre des Fahrers kommen.
Die Gelben Karten kommen auch zum Einsatz, die Grundprobleme aber bleiben. Das stetig verbesserte Material, die optimierten Trainingsbedingungen, der höhere finanzielle Druck durch Auf- und Abstiegsmöglichkeiten in der World Tour: All das hat dafür gesorgt, dass die ohnehin atemraubenden Durchschnittsgeschwindigkeiten im Spitzenradsport in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind. Und die Veranstalter der Rennen kommen ihrer Verantwortung für die Gesundheit der Sportler immer wieder nicht nach.
Streckenführung bei Brügge-De Panne? "Total bescheuert"
Bei Brügge-De Panne hoffte man blauäugig auf die üblichen Winde, um das Feld vor dem Finale zu entzerren. Nur: Diese blieben diesmal aus - und viel zu viele Fahrer fuhren mit Highspeed in die viel zu engen Schlusskilometer hinein. Eine verwinkelte Streckenführung, die der Deutsche Max Walscheid, der nur ausgebremst und nicht zu Fall gebracht worden war, bei Radsportnews als "total bescheuert" bezeichnete.
Die UCI, die finanziell in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Ausrichtern steht, übt in den Augen vieler Aktiver zu wenig Druck aus. "Ich find's schade, dass sich die UCI nicht nach vorne bewegt. Mit ihrer Power macht sie nichts", kritisierte unter anderem Routinier John Degenkolb kürzlich in der Sportschau.
Beim Weltverband beruft man sich auf mögliche Sanktionen und Herabstufungen gewisser Rennen bei Sicherheitsbedenken. Einen durchschlagenden Ansatz für die Problemlösung aber hat die UCI noch nicht gefunden.