100 m Männer bei Olympia Lyles ist der Sprintkönig von Paris
Noah Lyles hat Wort gehalten und das prestigeträchtigste Olympia-Gold der Leichtathletik zurück in die USA geholt. Der Amerikaner gewann am Sonntag (04.08.2024) in einem historischen Fotofinish die 100 m vor Kishane Thompson aus Jamaika. Bronze holte Fred Kerley.
Für einen Moment hielt das ganze Stade de France gefühlt den Atem an. Mucksmäuschenstill war es, als die Topsprinter um Noah Lyles zum großen Showdown in die Startblöcke stiegen. Mit dem Startschuss entlud sich die Spannung und die 70.000 Zuschauer flippten aus, als sie Zeugen des Sprint-Thrillers von Paris wurden.
Thompson nur fünf Tausendstel zurück
Dank eines starken Schlussspurts und einer Tausendstel-Entscheidung schnappte sich Lyles in 9,79 Sekunden das ersehnte Gold und verwies den zeitgleichen jamaikanischen Shootingstar Kishane Thompson auf den Silberrang. Er lag nur fünf Tausendstel zurück. Es war die knappste 100-m-Entscheidung in der Geschichte der Olympischen Spielen der Neuzeit. Bronze ging in 9,81 Sekunden an Fred Kerley aus den USA. Für Joshua Hartmann war im Halbfinale Schluss.
100-m-Gold für die USA nach 20 Jahren Pause
Lyles hüpfte auf der violetten Bahn wie wild auf und ab, brüllte seine Freude und Erleichterung heraus - dann riss er sich seine Startnummer mit seinem Namen von der Brust und hielt sie in alle Kameras. "Seht her, ich habe es allen gezeigt", sollte das wohl heißen.
Mission erfüllt: Mit seinem Traumlauf hat Lyles sein Versprechen eingelöst und Olympia-Gold über die 100 m nach 20 Jahren wieder zurück in die USA geholt. 2004 in Athen hatte Justin Gatlin triumphiert.
Ich bin der Wolf unter den Wölfen.
"Genau das wollte ich, diesen harten Kampf gegen unfassbar starke Gegner", sagte Lyles nach seinem größten Triumph und brüllte: "Ich bin der Wolf unter den Wölfen."
"Bruder, ich glaube, du hast gewonnen"
Sicher war sich der Amerikaner aber zunächst nicht, dass er der schnellste Mann der Welt ist. "Ich bin zu Kishane gegangen und habe gesagt: 'Ich will ehrlich sein, Bruder, ich glaube, du hast gewonnen'", sagte der Trainingspartner von Gina Lückenkemper. "Ich war darauf vorbereitet, dass sein Name auftauchen würde, und als ich dann meinen Namen sah, dachte ich: 'Meine Güte, das ist ja unglaublich. Ich bin unglaublich.'" Als es vollbracht war, fiel er seiner Mutter auf der Tribüne um den Hals.
Fotofinish beim 100-m-Finale in Paris.
Lyles hatte sich im Vorfeld maximal unter Druck gesetzt, nur er, der dreifache Weltmeister von Budapest, könne Gold über die prestigeträchtigste aller Strecken mit nach Hause nehmen. "Je mehr Augen auf mich gerichtet sind, desto besser bin ich", sagte der 27-Jährige - und dann hielt er tatsächlich Wort.
Lost in Tokio 2021
Damit schloss Lyles auch persönlich seinen Frieden mit Olympia, bei den Pandemie-Spielen von Tokio litt er unter der sterilen Atmosphäre, er vermisste die Fans, seine Depressionen, die ihn seit seiner Jugend verfolgen, brachen wieder aus. Über 200 m reichte es für ihn so nur zu Bronze. "Das ist nicht genug", schwor sich Lyles danach. Nun folgte die eindrucksvolle Wiedergutmachung.
In Paris peilt Lyles noch drei Mal Gold an, über 200 m und mit den Staffeln über 4x100 und 4x400 m. Sein Ziel? Eine Legende werden, die Lücke von Usain Bolt schließen. Den ersten Schritt dazu hat er im Stade de France getan.