Spaniens Sergio Gomez bejubelt seinen Treffer
Reportage

Olympia 2024 Stimmungsvolle Fußball-Show zwischen Spanien und Usbekistan

Stand: 24.07.2024 18:32 Uhr

Die Olympischen Spiele von Paris sind eröffnet – beim ersten Fußballspiel zwischen Spanien und Usbekistan (2:1) flattert die Meldung eines Bombenalarms ins Stadion, es gibt aber auch überraschend guten Fußball der Außenseiter, ein starkes Spiel eines Ex-Dortmunders und echte Pariser Vorfreude zu bemerken.

Und dann stand da Eldor Shomurodov am Mittwochnachmittag (24.07.2024) um kurz vor 15 Uhr, er wartete geduldig auf die vermutlich bislang gewichtigste Szene in seinem Leben. Bis die Zuschauer im zu drei Viertel gefüllten Prinzenparkstadion auf Französisch von der Zehn auf Null heruntergezählt hatten - und der Schiedsrichter Dahane Beita aus Mauretanien zum ersten Mal in seine Pfeife blies.

Dann passte der usbekische Kapitän und Angreifer den Ball zurück in die eigene Hälfte und erklärte diese Olympischen Sommerspiele 2024 für eröffnet. Der Ball rollt, die Sportler rennen hinterher und führen ihre Künste vor in Paris. Zeitgleich startete übrigens auch die Partie Argentinien gegen Marokko in St. Étienne.

Shomurodov eröffnet außerhalb des IOC-Protokolls

Diese Eröffnungs-Geste ist ja anders als im offiziellen Protokoll vermerkt eigentlich gar nicht dem IOC-Präsidenten Thomas Bach, der Bürgermeisterin der Stadt Paris Anne Hidalgo oder dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vorbehalten. Sondern: den Fußballern, die den ersten Anstoß ausführen.

Denn sie starten wie gewohnt vor der Eröffnungsfeier am Freitag in ihr olympisches Turnier. Der 29-jährige Shomurodov, der beim AS Rom unter Vertrag steht, aber zuletzt nur von dort aus weiterverliehen wurde, schrieb im Prinzenpark, der Arena des französischen Topklubs Paris St. Germain, in der Partie gegen Spanien also Geschichte. Die Zuschauer jubelten, die Vorfreude in Frankreichs Hauptstadt auf dieses Event daheim war merklich zu spüren.

Nachmittag beginnt mit einem Bombenalarm

Und das, obwohl der Nachmittag im Prinzenpark eher unschön begann. "We wish you a warm welcome to the Olympic Games 2024", schrie der Stadionsprecher den etwa 20 Fans um 13.49 Uhr, mehr als eine Stunde vor Spielbeginn, im 45.000 Menschen fassenden Stadion zu. Die 1897 erbaute Arena startete einst als Radvelodrom in sein erstes Leben und war bereits Zielort der Tour de France. Doch zur gleichen Zeit verbreitete sich auch die Meldung, dass in den Straßen um den Prinzenpark ein verdächtiger Gegenstand gefunden wurde – das Wort „Bombenalarm“ machte die Runde.

Erst einmal ruhte der Verkehr, die Straßen wurden abgeriegelt. Viele Fans erreichten das Eröffnungsspiel erst unmittelbar vor oder nach dem Anpfiff. Schon in den vergangenen Tagen waren immer wieder verdächtige Gegenstände aufgetaucht, da auch die Kontrollen zum Start der Spiele ein Maximum erreichen.

WM-1998-Stimmung mit "Samba de Janeiro"

Weiteres zur Situation erfuhr man im Stadion erst einmal nicht, später gab es jedoch Entwarnung. Die Zuseher wurden vom Stadion-DJ ohnehin mit "Samba de Janeiro" in WM-1998-Stimmung versetzt (Deutschland gewann damals in diesem Stadion 2:0 gegen die USA) sowie vom Stadionsprecher zu "España, España, España"- und "Us-us-us-Usbekistan"-Rufen animiert. Bei ersterem rief fast das gesamte Rund, bei zweiterem machte trotz mehrerer Aufrufe keiner mit. Kein Wunder, schließlich sah man zum Anpfiff vor allem einige spanische Flaggen – und exakt zwei usbekische, eine davon in der Kurve direkt neben einer kasachischen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Marktwert der beiden Teams, Usbekistan: 26,55 Millionen Euro – Spanien: 370,30 Millionen Euro. Mit dabei auch zwei in Deutschland frisch gekürte Europameister in der Startelf: die Mittelfeldspieler Alex Baena vom FC Villarreal und Fermin Lopez vom FC Barcelona. "Wir sind sehr glücklich, dass wir sie haben und dass sie einen so wichtigen Titel gewonnen haben“, sagte Spaniens Trainer Santi Denia.

Von wegen einseitig für Spanien - Shomurodov gleicht aus

Doch so einseitig wie vielleicht vermutet wurde das Eröffnungsspiel nicht. Zwar gingen die im Titelkampf mitfavorisierten Spanier nach einem mittelprächtigen Beginn im Stile einer Spitzenmannschaft in Führung, "eine komplizierte Partie“ war es für den früheren Dortmunder Sergio Gomez, sagte er hinterher. Er flankte einen Freistoß von Linksaußen an den ersten Pfosten, wo der Torjäger und Kapitän Abel Ruiz den Ball verlängerte – direkt in den Fuß des Torschützen zum 1:0, Marc Pubill (29. Minute). Das olympische Fußballturnier mit U23-Spielern und drei Älteren ist ohnehin meist eines ohne große Stars. Der größte Name im Rund war daher der französische Nationalspieler Presnel Kimpembe, der PSG-Innenverteidiger wurde vor der Partie eigens begrüßt.

Usbekistan, allen voran Shomurodov, hielten beim lockeren Kick unter der Hauptstadtsonne Frankreichs aber überraschend gut mit, der 29-Jährige grätschte erst nur knapp am Ausgleich vorbei – und traf dann per Elfmeter zum Halbzeit-Remis (45.+3), das spanische Innenverteidiger-Talent Pau Cubarsi, mit 17 Jahren schon Stammspieler des FC Barcelona hatte zuvor folgenschwer gefoult.

"Usbekistan" statt "Us-us-us"

Ein frischer Popcorn-Duft bahnte sich so langsam seinen Weg in die Nasen der Zuschauer. Und Usbekistans kleine Fangemeinde schlug auf eine kleine Trommel ein – und entfachte nun ihre ganz eigene Wucht.

Als die Gruppe merkte, dass ihre Mannschaft hier keinesfalls chancenlos ist, wurde sie lauter. "Usbekistan, Usbekistan“ hallte nach einer knappen halben Stunde durchs Rund. Der eifrige Stadionsprecher dürfte in diesem Moment kurz ertappt geschluckt – und gemerkt haben, warum sein „Us-us-us...“-Vorlauf auf so wenig Gegenliebe stieß.

Sergio Gomez entscheidet die Partie, dann legt der Stadion-DJ wieder auf

Das Remis hatte trotzdem nicht allzu lange Bestand, denn der frühere Borusse und aktuelle San-Sebastian-Spieler Gomez prägte die Partie weiterhin. Erst verschoss er einen Elfmeter (59.), dann brachte er sein Team mit einem fein überlegten Elfmeter-Schuss und einer mindestens genauso feinen Kombination zuvor aus dem Spiel heraus trotzdem 2:1 in Führung (62.).

Fußball spielen können sie, die jungen Spanier. Kurz nach ihrem Treffer schwappte die Freude auch auf die Tribünen über, die Zuschauer starteten minutenlange "LaOlas" – Stimmung können sie, die Pariser. Und: Trommeln und gefährliche Gegenangriffe über Shomurodov setzen können sie, die Usbeken, die kurz vor dem Ende noch auf ein mögliches 2:2 drängten, aber ohne Erfolg blieben. Bis zum Abpfiff der Stadion-DJ was auflegte? Genau, "Samba de Janeiro". Nach dieser kleinen Tanzeinheit am Mittwochnachmittag dürfen sich die kommenden Gegner der beiden Mannschaften, Ägypten und die Dominikanische Republik, durchaus in Acht nehmen.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Olympia 2024 | 26.07.2024 | 18:00 Uhr