Rad-WM in Glasgow Förstemann und Ulbricht holen Silber im Tandem-Sprint
Robert Förstemann und sein sehbehinderter Partner Thomas Ulbricht haben bei der Rad-WM in Schottland am Montag (07.08.2023) Silber im Tandem-Sprint geholt.
Das Duo musste sich in Glasgow im Finale der Startklasse B wie im Vorjahr den Briten Neil Fachie und Matthew Rotherham geschlagen geben. "Pilot" Förstemann und Ulbricht verloren die ersten beiden Läufe, einen entscheidenden dritten konnten sie nicht erzwingen. Nach Bronze im Zeitfahren über die paralympischen 1.000 m ist es in Schottland die zweite Medaille für die beiden Tandem-Partner.
"Eine Medaille fehlt noch. Im ersten Moment sind wir enttäuscht. Wir waren nah dran, haben ein schönes Rennen geliefert", sagte Ulbricht. Förstemann fügte hinzu: "Wir sind heiß. Wir freuen uns, dass eine Entwicklung zu sehen ist. Der Thomas fährt eigentlich erst seit eineinhalb Jahren Rad. Er macht das fantastisch, er ist ein toller Schüler. Wenn man sieht, dass die Lücke nach vorn immer knapper wird und die Briten langsam richtig Stress kriegen, dann puscht uns das natürlich und macht Lust auf mehr."
Förstemann, der 2012 im Teamsprint bei den Olympischen Spielen in London die Bronzemedaille gewann und seitdem mit seinen mächtigen Oberschenkeln für Aufsehen sorgt, ist seit zwei Jahren der Guide des früheren Para-Leichtathleten Ulbricht.
Silber auch für Senska
Im Scratch der Startklasse C1 sicherte sich der siebenmalige Straßen-Weltmeister Pierre Senska die Silbermedaille. Der 35-jährige Berliner musste sich nur dem Spanier Ricardo Ten Agiles geschlagen geben.
BMX-Freestylerin Kim Lea Müller hat im Park-Wettbewerb dagegen erneut eine Medaille knapp verpasst. Die 21-Jährige aus Oldenburg erhielt im Finale der olympischen Disziplin für ihren besten Lauf 69,00 Punkte und landete damit auf Rang zehn. Im Vorjahr hatte Müller den vierten Platz belegt. Die Goldmedaille ging zum fünften Mal an die US-Amerikanerin Hannah Roberts.
Förstemann: 80 Zentimeter Oberschenkelumfang
Die dicksten Oberschenkel hat Robert Förstemann immer noch. 80 Zentimeter Beinumfang waren es vor einigen Wochen in der Kraftphase, berichtet er: "Da waren sie größer als früher."
Der 37-Jährige fällt bei den Rad-Weltmeisterschaften in Glasgow aber nicht nur wegen seiner Muskelberge auf, sondern auch durch die sportlichen Erfolge mit Ulbricht.
"Ich bin mehr Teamplayer geworden"
Förstemann, einst Weltmeister und Olympia-Dritter im Teamsprint bei den Bahnradprofis, ist vor einigen Jahren zum Para-Sport gewechselt. Als Pilot navigiert er seinen Partner durch das Holzoval. "Mittlerweile macht das mehr Spaß als früher", sagt der Thüringer, "früher bin ich immer für mich alleine gefahren, jetzt fährt man mit jemandem zusammen. Ich bin mehr Teamplayer geworden."
Der Seitenwechsel habe ihn als Mensch weiterentwickelt. "Ich schaue durch den Para-Sport auch über meinen Tellerrand hinaus. Man sieht, dass es viele Menschen im Leben nicht so gut hatten wie wir als Leistungssportler. Wenn du die Leute unterstützen kannst und noch ein bisschen was Gutes machen kannst durch viel Power in den Beinen, ist das eine gute Sache."
Power in den Beinen hat Förstemann immer noch im Überfluss. Kniebeugen mit einer mehr als 250 Kilogramm schweren Hantel auf den Schultern - für den Familienvater kein Problem. Auf seinem Instagram-Profil sind die Trainingsvideos von "Quadzilla", so sein passender Spitzname, zu bestaunen. "Ich habe nie so viel Kraft wie aktuell gehabt. Wir müssen 200 Kilo aus dem Stand beschleunigen und mindestens 42 Sekunden weiterfahren. Das ist Leistungssport vom Feinsten", sagt Förstemann.
Dem kann Ulbricht nur zustimmen. Der frühere Leichtathlet ist glücklich, Förstemann an seiner Seite zu haben. "Robert ist unfassbar stark. Mit seiner Erfahrung haben wir auch einen Sturz verhindern können", sagt der sehbehinderte Ulbricht. Ohne ihn hätte er mit dem Radsport nicht angefangen.
Berühmt geworden für die riesigen Oberschenkel
Bei Förstemann war Radsport schon immer die große Leidenschaft. Bis 2018 gehörte er der deutschen Bahnrad-Nationalmannschaft an. Im Teamsprint war er lange Zeit der Anfahrer, wurde Weltmeister, Europameister und sammelte nationale Erfolge. So richtig berühmt wurde er 2012 bei Olympia in London, als seine riesigen Oberschenkel sogar in der Yellow Press auf der Insel Schlagzeilen machten.
Olympia ist immer noch das Ziel, nun halt die Paralympics im Behindertensport. In Paris 2024 will das Duo eine Medaille über die 1.000-Meter-Distanz holen. "Nächstes Jahr wollen wir unter eine Minute kommen. Das muss das Ziel sein für Paris", sagt Ulbricht. Den Rückstand zu den Briten haben sie nach und nach verkleinert, in Glasgow waren es nur noch sieben Zehntelsekunden.
Vorher gilt es aber noch, sich zu qualifizieren. "Bei den letzten zwei Weltmeisterschaften haben wir jeweils eine Medaille geholt. Jetzt haben wir im März noch mal eine WM in Rio. Wenn wir da auch noch mal eine Medaille holen, sind wir auf jeden Fall dabei", erklärt Förstemann. Für das große Ziel wird er weiter hart trainieren. Die Oberschenkel sind dabei sein größtes Kapital.