Leistungssport Deutsche Trainer fordern bessere Bezahlung
Deutschlands erfolgreichste Trainer bei Olympia in Peking fordern im Vergleich zu ausländischen Kollegen eine bessere Bezahlung. Nur so könnten Abwerbungen gestoppt und Medaillenziele erfüllt werden.
Deutschlands Trainer des Jahres fürchtet den Ausverkauf in seinem Berufszweig. Nur eine bessere Bezahlung der besten deutschen Übungsleiter könne eine Abwerbung aus dem Ausland verhindern, mahnt Bob-Cheftrainer René Spies.
Woanders gibt es mehr Geld
Ohne eine adäquate Entlohnung ist auch das Spitzenniveau im deutschen Leistungssport künftig schwer zu halten. "Man sieht in verschiedenen Sportarten, und da müssen wir nicht weit schauen, wenn ein Georg Hackl ins Ausland geht, dann wird es ganz schwer, deutsche Trainer im deutschen System zu halten, weil international viel, viel mehr bezahlt wird", sagte Spies der Deutschen Presse-Agentur.
Nach Ansicht des Bob-Erfolgstrainers geht es längst nicht mehr um Kleckerbeträge. "Da reden wir nicht über 10, 20, 30 Prozent, sondern über 200 und 300 Prozent teilweise. Das ist so bei unseren Sportarten. Und das bei Nationen, die noch nicht einmal unter den Top-4-Nationen gehören."
Seit Peking nichts passiert
Schon bei den Olympischen Winterspielen in Peking, bei denen sein Team im Vorjahr drei von vier möglichen Goldmedaillen holte, warnte Spies vor dieser Fehlentwicklung. Passiert sei seitdem nichts. "Im Moment ist es so, dass es keine Trainergehaltsanpassung gibt. Es ist ein grundsätzliches Problem, was sich vom Stützpunkttrainer bis zum Bundestrainer zieht. Für mich ist es immer noch so, dass es keine adäquate Bezahlung gibt für deutsche Trainerinnen und Trainer", sagt der 49-Jährige, der vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) als Trainer des Jahres 2022 geehrt wurde.
Für den DOSB ist das Problem nicht neu. Der Dachverband habe bereits 2019 ein Konzept zur Verbesserung der Situation vorgelegt, die Ideen würden aber nicht umgesetzt, hieß es auf dpa-Anfrage. Längst mögliche Anpassungen der Trainergehälter nach oben wie auch eine bessere Vergütung aus Bundesfördermitteln seien nicht ausreichend umgesetzt worden.
"Auch bei den Festanstellungen reichen die Verbesserungen noch nicht aus. Das alles muss jetzt angegangen werden. Und zwar nicht nur bei den Trainern allein, wir müssen das Leistungssportpersonal insgesamt in den Blick nehmen", teilte der DOSB mit.
Nicht mehr als zehn Tage Urlaub im Jahr
Die eigentliche Bilanz werde trotz der Mega-Erfolge "noch desaströser, wenn man sich die Arbeitszeiten anguckt". Mehr als zehn Tage Urlaub im Jahr seien oft nicht möglich. Zudem belaste die Sorge um den Anschlussvertrag.
"Es muss klar sein, dass es ohne Trainer und Trainerinnen nicht geht, sie nach den Sportlern die wichtigsten Personen sind, um eine Leistung zu entwickeln. Da ist sehr viel verschlafen worden in den letzten Jahren. Hier muss man unbedingt ansetzen, denn es ist ein strukturelles Problem des gesamtdeutschen Sports", sagt Spies. Er selbst bekam bei der Verlängerung seines Vertrags bis Olympia 2026 eine höhere Dotierung ausschließlich aus Mitteln des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD).
Rodel-Erfolgstrainer Norbert Loch kennt das Dilemma. Er musste nach dem Wechsel von Rodel-Ikone Georg Hackl nach Österreich vehement um den Verbleib von Olympiasieger Patric Leitner kämpfen, der auch bessere Angebote im Ausland hatte. "Diese Gelder können wir über Sponsoren nicht regenerieren. Das geht bei uns nur bedingt", sagt Loch.
Die Problematik habe er als Mitglied der DOSB-Trainerkommission mehrmals vergebens angesprochen, sagt Loch. Auch BSD-Vorstandschef Thomas Schwab forcierte immer wieder die Gespräche beim deutschen Dachverband.
Gespräche gescheitert
Skeleton-Bundestrainer Christian Baude, der mit Doppel-Gold für Christopher Grotheer und Hannah Neise sowie Silber von Axel Jungk drei Medaillen in Peking holte, sieht ebenso ein finanzielles Manko. "Wir wollten mit Blick auf Olympia 2026 unser Trainerteam mit Topleuten stärken. Doch spätestens beim Thema Bezahlung sind die Gespräche gescheitert", sagt Baude.
Im Biathlon ist es seit Jahren üblich, dass sich die stärksten Nationen Trainer aus dem Ausland sichern. Vor dieser Saison machten erstmals auch die Deutschen mit, um nicht komplett den Anschluss zu verlieren. Aus Norwegen holte der Deutsche Skiverband Sverre Olsbu Röiseland als Disziplintrainer für die Frauen und für das Männerteam den Slowenen Uros Velepec. Zwar ist über die Gehälter nichts bekannt, bei den Skijägern geht es im Weltcup aber um viel Geld. Und einen Coach wie Röiseland aus dem erfolgreichsten Verband der vergangenen Jahre loszueisen, dürfte zumindest nicht günstig gewesen sein.