Wettmanipulation am grünen Tisch Snooker-Star Yan Bingtao suspendiert
Masters-Champion Yan Bingtao ist der nächste Snooker-Spieler, der wegen möglicher Ergebnismanipulation suspendiert wurde. Snooker gilt als besonders anfällig für sogenanntes "Match-Fixing".
Jason Ferguson verpackte die schlechten Nachrichten mit typisch britischem Understatement: "Natürlich sieht es heute morgen nicht besonders gut aus", sagte der Präsident des Snooker-Weltverbandes WPBSA in der BBC zur Suspendierung des Spitzenspielers Yan Bingtao, die den Snooker-Sport erschüttert. "Wir machen enorme Fortschritte. Unser Sport wird zu 99,99 Prozent mit sauberen Absichten gespielt."
Ob es wirklich nur die vom Verbandschef taxierten 0,01 Prozent sind, die mit betrügerischen Absichten am Snooker-Tisch stehen, wird sich noch zeigen. Mit Yan Bingtao hat der Kreis der verdächtigten Spieler in jedem Fall die Weltspitze erreicht: Der 22 Jahre alte Chinese wird aktuell in der Weltrangliste auf Platz 16 geführt, im Vorjahr gewann er das Masters, eins der drei wichtigsten Major-Turniere im Snooker.
Yan Bingtao suspendiert - mit fünf weiteren Spielern
Vor Yan Bingtao waren schon fünf weitere chinesische Snooker-Profis gesperrt worden. Als Ergebnis einer größeren Untersuchung, die seit Oktober läuft und sich mit möglichen Ergebnisabsprachen und Wettbetrug befasst. Diese Ermittlungen, so Verbandschef Ferguson, haben nun "neue Erkenntnisse" erbracht, die auch Yan Bingtao belasten. So belastend, dass sie zu der "harten Entscheidung" geführt haben, ihn zu suspendieren, wie Ferguson mitteilte.
Snooker - besonders anfällig für Ergebnismanipulation
Snooker, die wohl anspruchsvollste Billard-Disziplin, gilt als besonders anfällig für Ergebnismanipulation, aufgrund der Eigenarten und der Zählweise des Spiels: Ein Snooker-Match geht wie im Tennis über eine bestimmte Zahl von Gewinnsätzen, im Snooker "Frames" genannt. Die Kugeln müssen dabei in einer bestimmten Abfolge versenkt werden, die 15 roten Kugeln immer im Wechsel mit einer der anderen Farben (gelb, grün, braun, blau, pink und schwarz). Bis der Tisch abgeräumt ist oder ein Spieler, bei maximal erreichbaren 147 Punkten, uneinholbar vorne liegt.
Entscheidend für den Gewinn eines Satzes sind dabei meistens hohe Serien von Punkten. Doch schon kleinste Fehler beim Lochen oder beim Stellen auf die nächste Kugel können dem Gegner die Chance auf einen Einstieg in eine eigene hohe Serie bieten - und auf den Gewinn des Frames. Dies passiert auch den Größten des Sports, im Zuge eines langen, mental extrem beanspruchenden Matches, das je nach Turnier auch über mehr als 20 oder sogar 30 Frames gehen kann. Ob ein Spieler dann eine Kugel aus Konzentrationsmangel verschlägt, oder ob er womöglich aus Absicht den Satz abgeben will, lässt sich von außen kaum nachvollziehen.
"Match-Fixing"-Verdacht auch gegen frühere Nummer eins Higgins
Wie anfällig Snooker für möglichen Wettbetrug ist, zeigte auch der bislang prominenteste Verdachtsfall: John Higgins, die frühere Nummer eins der Weltrangliste. Higgins soll im Jahr 2010 bei einem Treffen mit "News of the world"-Reportern, die sich als Turnierveranstalter ausgaben, über die Möglichkeit von fingierten Ergebnissen gesprochen haben. Higgins, so der Bericht der Zeitung, sollen 260.000 Pfund geboten worden sein, dafür sollte er im Gegenzug bei vier bestimmten Turnieren einzelne Frames abgeben. Der "Zauberer von Wishaw", wie der Schotte in der Snooker-Szene genannt wird, kam am Ende mit einer Geldstrafe davon, nachdem nicht Higgins, sondern seinem damaligen Manager der Betrugsversuch angelastet wurde. Doch es gab davor und auch in der Folge weitere Ermittlungen gegen Snooker-Größen wegen des Verdachts von "Match-Fixing".
Snooker mit Verbindungen in Sportwettenbranche
World Snooker betont, Verdachtsfälle in der Vergangenheit konsequent verfolgt zu haben. Auch die aktuell aufgedeckten Fälle seien auf die eigenen Ermittlungen zurückzuführen, hieß es. Der Verband arbeitet mit dem Datendienstleister Sportradar zusammen, das Unternehmen zeigt auch in anderen Sportarten wie Tennis verdächtige Wettaktivitäten an. Im Snooker wiederum ist die Profi-Tour selbst stark mit der Sportwettenbranche vernetzt, bei den großen Turnieren firmieren Wettanbieter als Namenssponsoren.
Dass aktuell insgesamt sieben Profis aus China suspendiert sind, birgt zusätzliche Brisanz: China ist ein wichtiger Markt für World Snooker, mit eigenem TV-Deal, auch die teuren Snooker-Tische werden von einem chinesischen Sponsor geliefert. Bis zur Corona-Pandemie waren auch die China Open ein fester Bestandteil im Turnierkalender. Sollte das Event wieder in China gastieren, dürften einige der einheimischen Spieler womöglich fehlen.