Kriegsversehrter Tischtennisspieler

Invictus Games 40 Millionen Euro vom Bundesverteidigungsministerium

Stand: 08.09.2023 09:03 Uhr

Kriegsversehrte Sportlerinnen und Sportler treten in Düsseldorf zu den Spielen der "Unbesiegbaren" an. Für das Verteidigungsministerium sind die Spiele ein Ereignis, für Kritiker ein überteuertes Familien-Sportfest - finanziert durch Steuergelder.

"Ich halte diese gesamte Veranstaltung für überflüssig und unnötig", sagt André Hahn, der sportpolitische Sprecher der Bundestags-Fraktion "Die Linke", im Gespräch mit der Sportschau. Über eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung hat Hahn herausgefunden, dass die Invictus Games in Düsseldorf (09.09.-16.09.2023) den Steuerzahler eine mittlere zweistellige Millionensumme kostet. Finanziert vom Bundesverteidigungsministerium.

Die Invictus Games sind ein mehrtägiges, internationales Sportereignis für Soldatinnen und Soldaten, die durch Verwundung, Verletzungen oder Erkrankung an Körper und Seele bleibende Beeinträchtigungen erlitten haben. Allerdings sind in Düsseldorf gerade einmal 500 Teilnehmehnde am Start, davon 37 aus Deutschland.

Zudem seien die sportlichen Leistungen in Vergleich mit anderen Sportveranstaltungen wie den Paralympics höchst fragwürdig, so der Linken-Politiker Hahn. Dort würden in der Regel deutlich bessere, sportliche Ergebnisse erzielt. Deshalb seien die Invictus Games nichts mehr als ein besseres Familien-Sportfest. "Dafür schleudert man 40 Millionen raus. Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen und deshalb lehne ich diese Veranstaltung auch wirklich strikt ab", sagt Hahn.

Verteidigungsministerium: "Wertschätzung unbezahlbar"

Für das Verteidigungsministerium als Veranstalter sind die Spiele dagegen ein Ereignis, um die Gesellschaft für den Preis von Frieden und Sicherheit zu sensibilisieren und zu informieren. Das Ministerium schreibt auf Anfrage der Sportschau: "Die Wertschätzung, die mit den Spielen für die Rehabilitation der Veteraninnen und Veteranen, für deren Familien und Freunden ausgedrückt werden kann, ist unbezahlbar."

Initiiert wurden die Invictus Games von Prinz Harry, der selbst als britischer Soldat in Afghanistan gekämpft hat. Die Idee verfolgt dabei den Ansatz, Sport sei die beste Reha-Maßnahme für die Wiedereingliederung in ein normales Leben. Wettkämpfe werden dabei in zehn Sportarten ausgetragen: Bogenschießen, Gewichtheben, Leichtathletik, Radsport, Rollstuhl-Basketball und Rollstuhl-Rugby, Rudern, Schwimmen, Sitzvolleyball, Tischtennis.

Wirklich unbesiegbar?

Sport inside

Nach den Special Olympics World Games in Berlin, den World Dwarf Games für kleinwüchsige Menschen in Köln und der inklusiven Kanu-WM in Duisburg sind die Invictus Games bereits die vierte wichtige internationale Sportveranstaltung für Menschen mit Behinderung in diesem Jahr in Deutschland. Deshalb begrüßt der Deutsche Behindertensportverband die Spiele, da sie für öffentliche Wahrnehmung sorgen würden.

Hahn kritisiert Imagekampagne

Die Bundeswehr und die Stadt Düsseldorf organisieren die Austragung gemeinsam. Das Motto: "A Home for Respect". Im Vordergrund der Spiele stehen laut Bundesverteidigungsministerium die Wettkämpfer, die mit ihrem Lebensmut trotz schwerer Beeinträchtigungen einen neuen Platz im Leben erringen wollen. Ziel der Spiele sei es unter anderem, die Teilnehmenden bei ihrer Rehabilitation zu unterstützen und die Belange und Schicksalsschläge der einsatzversehrten Soldatinnen und Soldaten in die Öffentlichkeit zu tragen.

Für André Hahn von der Partei "Die Linke", die sich selbst als grundsätzlich pazifistisch bezeichnet, ist das ein legitimer Aspekt. Allerdings nicht in dem Rahmen solcher Spiele. Vor allem, weil es hierzulande zum Beispiel an Geld für den Reha-Sport fehle, so Hahn: "Und insofern ist das wirklich der Kritikpunkt, dass es am Ende um eine Imagekampagne geht, auch zum Teil um Werbung für die Bundeswehr."

Dazu merkt das Bundesverteidigungsministerium an, dass die Teilnehmenden im Rahmen ihrer Auftragserfüllung pflichtbewusst durch den Einsatz ihrer körperlichen und psychischen Unversehrtheit einen hohen Preis bezahlt hätten.

Teilnehmende aus völkerrechtswidrigen Kriegen?

Die Bundesregierung konnte in ihren Antworten auf Hahns Kleine Anfrage nicht mitteilen, ob Teilnehmende aus anderen Staaten an völkerrechtswidrigen Kriegen beteiligt gewesen sind. Auch nicht, wie viele der 37 Teilnehmenden aus Deutschland ihre Schädigungen durch einen militärischen Auslandseinsatz erlangten. Hahn fordert deshalb von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die Schirmherrschaft über die Spiele zurückzuziehen.

Das Bundesverteidigungsministerium verweist auf die sportlichen Regularien der Invictus Games. Eine Erfassung und Differenzierung danach, wann, wie und wo die Schädigung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingetreten ist, ist demnach sowohl für die Aufnahme in das deutsche Team als auch generell für die Teilnahme an den Invictus Games unerheblich.

Es ist die zweite Ausgabe der Invictus Games, seit Beginn des russische Angriffskrieges in der Ukraine. Die Invictus Games haben laut der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage bisher noch keinen Beschluss zum Umgang mit Kriegsversehrten aus Russland und Belarus gefasst.