Protest für den Erhalt der 50+1-Regel, hier 2009 durch Fans des 1. FC Köln

Fragebogen an DFL Kartellamt prüft: Wie wird die 50+1-Regel gelebt? 

Stand: 16.12.2024 16:43 Uhr

Das Bundeskartellamt hat wie angekündigt eine Überprüfung der Anwendungspraxis von 50+1 im deutschen Fußball gestartet. Dafür musste die Deutsche Fußball Liga (DFL) einen umfangreichen Fragenkatalog beantworten.

Laut Deutschlands oberster Wettbewerbsbehörde ist es dabei um Fragen zur konsistenten Umsetzung der Regel in der Bundesliga gegangen. Aber auch diverse Unterlagen bezüglich der Umsetzung in der Praxis durch die DFL seien dafür angefordert worden.

"Wenn wir etwas wissen wollen, dann verschicken wir Fragebögen. Und diejenigen, die diese Fragebögen bekommen, müssen sie auch nach bestem Wissen und Gewissen beantworten", erklärte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, jetzt im Gespräch mit der Sportschau. "Diese Fragebögen haben wir im September zurückbekommen und gucken jetzt sehr genau darauf, wie 50+1 gelebt wird", erklärt Mundt weiter.

Die einheitliche Anwendung der Regel sei dabei zentral. 50+1 könne nicht bei einem Verein so und beim nächsten Verein anders angewendet werden. Denn falls dem so wäre, so Mundt, dann hätte ein Verein vielleicht einen Wettbewerbsvorteil. Das wolle das Kartellamt eben nicht, sondern dieselben Bedingungen für alle.

50+1-Regel
Die 50+1-Regel besagt, dass die Mehrheit der Stimmanteile an einer ausgegliederten Profiabteilung immer in den Händen des von Mitgliedern bestimmten Muttervereins liegen muss. Der Einfluss von Investoren wird somit begrenzt. Eine Ausnahmeregelung gilt für Bayer 04 Leverkusen und den VfL Wolfsburg. Begründet wurden diese Ausnahmen mit einer "ununterbrochen und erheblichen Förderung über mindestens 20 Jahre".

DFL will sich zum Stand des Verfahrens nicht äußern

Die Auswertung der umfangreichen und fristgerechten Antwort der DFL und der zur Verfügung gestellten Unterlagen finde derzeit statt, so die Behörde. Die Deutsche Fußball Liga wollte sich zum aktuellen Stand des Verfahrens nicht äußern.

In einer Antwort auf eine frühere Sportschau-Anfrage betonte die DFL, dass sie dem Kartellamt klar aufzeigen wolle, wie die Regel in der Praxis konsistent angewendet werde, "(…) auch zu in den Medien diskutierten und dem Bundeskartellamt aus dem bisherigen Verfahren bekannten Sachverhalten", so der Ligaverband damals wörtlich.

Kompromiss zu 50+1 nie finalisiert

Eigentlich hatten sich DFL und Kartellamt bereits auf einen Kompromiss bei der Regel verständigen können, der den Erhalt der 50+1-Regel vorgesehen hatte – allerdings ohne neue Ausnahmeklubs wie Bayer 04 Leverkusen oder den VfL Wolfsburg zu erlauben.

Die beiden genannten Klubs hätten weiter Bestandsschutz genossen, im Gegenzug dafür aber einigen Restriktionen zustimmen müssen. Unter anderem wären Ausgleichszahlungen an die DFL vorgesehen gewesen, sobald die finanzielle Unterstützung der dahinterstehenden Konzerne eine bestimmte Grenze überschritten hätte.

Doch dazu sei es nicht gekommen, weil sowohl ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) als auch der DFL-Investorenprozess neue Fragen aufgeworfen hätten.

Setzte sich Kind über das Weisungsrecht hinweg?

Vor allem das Abstimmungsverhalten von Hannover 96 beim DFL-Investorenprozess stehe für das Kartellamt dabei im Fokus. Denn der eingetragene Verein hatte den damaligen Geschäftsführer (und 96-Investor) Martin Kind öffentlich angewiesen, gegen den DFL-Investorenprozess zu stimmen. Dieses Weisungsrecht sieht die 50+1-Regel explizit vor. Ob das letztendlich so erfolgt ist, kann allerdings wegen der geheimen Abstimmung keiner nachvollziehen. 

Auch Andreas Mundt betont noch einmal, warum dies deshalb bei der Bewertung eine Rolle spielt: "Da muss das Bundeskartellamt schon einmal nachfragen: Ist die Regel auch bei dieser Entscheidung konsequent angewendet worden?"

EuGH-Urteil mit Einfluss auf Bewertung

Zudem müssten für die Behörde Verbandsregeln wie 50+1 transparent, objektiv, präzise und nicht-diskriminierend gestaltet sein und in der Praxis entsprechend durchgesetzt werden. Nicht zuletzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe das erst kürzlich nochmals bestätigt.

Grundsätzlich beurteilt die Deutsche Fußball Liga die Neuaufnahme des Verfahrens durch das Bundeskartellamt positiv. Denn dem Kartellamt zufolge stellt die Regelung auch nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Dezember 2023 nicht grundsätzlich einen Verstoß gegen die europäischen Wettbewerbsregeln dar. Das übergeordnete Ziel der DFL, die Rechtssicherheit der 50+1-Regel durch eine entsprechende abschließende Entscheidung des Bundeskartellamts nachhaltig zu erhöhen, könne damit weiter erreicht werden. 

Das Kartellamt werde jedenfalls im Anschluss an die Auswertung der Fragebögen entscheiden, ob damit eine hinreichende Grundlage zur Bewertung der Anwendungspraxis durch die DFL besteht oder weitere Ermittlungen erforderlich sind.