Andreas Wolff

Drama in Oslo Trotz Wolff-Gala - Deutschland verliert Viertelfinal-Krimi

Stand: 30.01.2025 07:17 Uhr

Die deutschen Handballer scheiden in den letzten Sekunden der Verlängerung aus der Handball-WM aus. Ein starker Andreas Wolff und ein nervenstarker Siebenmeter-Werfer Lukas Zerbe reichen am Ende nicht und Portugal gewinnt mit 31:30 n.V. (26:26, 13:9). Martim Costa trifft drei Sekunden vor dem Spielende zum Sieg.

Von Julie Bärthel

Das Überraschungsteam der WM steht damit erstmals unter den letzten Vier und trifft am Freitag in Oslo auf Top-Favorit Dänemark. Im zweiten Halbfinale trifft Gastgeber Kroatien am Donnerstag auf Europameister Frankreich. Für Deutschland ist der Traum vom dritten Halbfinale nach der Heim-EM 2024 (Platz vier) und Olympia 2024 (Silber) hingegen geplatzt. Damit geht das Warten auf die erste WM-Medaille seit dem Gold-Triumph 2007 weiter.

"Wir sind alle gerade mega enttäuscht", sagte Zerbe im Sportschau-Interview: "Ich bin stolz, wie wir uns zurückgekämpft haben, wir hatten es zum Schluss sogar in der eigenen Hand. Daraus müssen wir lernen."

Zerbe und Wolff halten Deutschland im Spiel

Vor 7.457 Zuschauern hatte der 29-Jährige mit seiner Coolness vom Siebenmeterpunkt - er traf alle seine sieben Versuche - dafür gesorgt, dass die lange Zeit schwache deutsche Angriffsleistung kaschiert werden konnte. Gerade einmal sechs Tore warfen die Deutschen in der ersten Hälfte aus dem Spiel heraus - nur dank Wolffs neun Paraden (am Ende 21) ging es mit 9:13 in die Pause.

"Die Hypothek von der ersten Halbzeit ist sehr, sehr groß, weil wir 30 Minuten überhaupt nicht im Spiel sind", sagte Kapitän Johannes Golla. Die Abwehr, lange Zeit mit einer tollen Leistung gegen die gefürchteten Costa-Brüder, bekam Martim Costa im letzten Angriff nicht zu fassen.

Deutsches Team ohne Durschlagskraft im Angriff

Francisco "Kiko" Costa traf am Ende acht seiner 15 Würfe, sein älterer Bruder Martim nur vier von zwölf - aber den entscheidenden nach 69:57 Minuten. "In dem einen Moment sind wir nicht kompakt genug, schaffen es nicht den Kontakt aufzubauen", ärgerte sich Golla. Dass es überhaupt in die Verlängerung ging, war einem Auf und Ab des DHB-Teams in den 60 regulären Minuten geschuldet. Wieder misslang der Start, trotz fünf Wolff-Paraden in den ersten fünf Minuten. Erneut fehlte dem deutschen Team die Leichtigkeit, die sie noch bei den Olympischen Spielen in Paris zu Silber geführt hatte.

Portugal gegen Deutschland - Analyse und Stimmen

Sportschau Handball-WM 2025, 29.01.2025 20:30 Uhr

Planloses deutsches Angriffsspiel

Ohne den angeschlagenen Juri Knorr, der nach seiner Grippe-Erkrankung auf der Bank saß, begann Deutschlands Angriff zu ungenau, zu langsam und zu ungestüm. Portugal startete mit einem 5:1-Lauf, Gislason reagierte und wechselte seinen 24-jährigen Top-Spielmacher ein (10.). Das DHB-Team arbeitete sich auf 6:7 heran (19.), ließ aber weiterhin kaum einen klaren Plan erkennen und leistete sich erneut zu viele Fehler. Anders als bei den quirligen Portugiesen waren kaum kreative Spielzüge zu sehen, auch das Spiel über den Kreis fehlte völlig.

Die Ansprache des Bundestrainer in der Pause schien gefruchtet zu haben, Knorr und Köster erzielten gleich zu Beginn der zweiten Hälfte wichtige Treffer (11:14). In der 34. Minute erlitt die portugiesische Defensive dann einen herben Dämpfer. Luís Frade erwischte Renars Uščins im Gesicht und erhielt folgerichtig die rote Karte. "Könnte ein Gamechanger sein!", kommentiert Weltmeister Johannes Bitter die Szene.

Deutscher 4:0-Lauf bringt erste Führung

Das vierte Tor von Kapitän Golla - endlich wurden die Kreisläufer in Szene gesetzt - stellte den Anschluss wieder her, Deutschland machte aus einem 16:18 ein 20:18 und lag erstmals in Führung. "Die wissen nicht mehr, was sie machen sollen", gab Gislason seinem Team in der Auszeit (43.) mit. Der treffsichere Zerbe glich in der 45. Minute per Strafwurf aus und brachte das deutsche Team wieder voll zurück in die Partie. Das empfanden die Portugiesen wohl auch so und schwächten sich mit unnötigen Zeitstrafen selbst. Lukas Zerbe (7/7) blieb eiskalt und traf in doppelten Unterzahlt zur Zwei-Tore-Führung der Deutschen (47.).

In der Schlussphase entwickelte sich ein wilder Schlagabtausch. Immer wieder war Wolff im deutschen Tor zur Stelle, aber vorne schlichen sich wieder leichte Fehler in das Offensivspiel ein. In der 52. Minute war dann das DHB-Team in doppelter Unterzahl, sofort nahm Gislason die Auszeit und mahnte: "Jetzt müssen wir richtig schlau sein!" Schlau war vor allem Regisseur Juri Knorr, der im Zeitspiel einen wichtigen Treffer erzielte (23:22). Portugal kämpfte sich aber zurück und rettete sich in Überzahl in die Verlängerung, weil die deutsche Offensive im letzten Angriff keinen Wurf mehr zustandebrachte.

Martim Costa entscheidet Verlängerung

Die Verlängerung eröffnete Juri Knorr mit seinem siebten Treffer. Auf der Gegenseite glich "Kiko" Costa mit seinem achten Treffer erneut aus (27:27). Der bis dahin glücklose Martim Costa brachte Portugal mit einem Doppelschlag sogar mit zwei Toren in Front, ehe Zerbe per Strafwurf verkürzen konnte (63.). Mit der 20. Parade eröffnete Wolff die zweite Halbzeit der Verlängerung - Zerbe verwandelte aus sieben Metern abermals eiskalt (29:29). Doch mit der Schlusssirene erzielte der bis dahin glücklose Martim Costa (4/12) das 31:30-Siegtor für die Portugiesen und sicherte seinem Team den ersten Halbfinaleinzug der Geschichte.

Portugal gegen Deutschland - das Re-Live

Sportschau Handball-WM 2025, 29.01.2025 20:30 Uhr