Ralf Rangnick, Trainer von Österreich, jubelt über den Sieg gegen Polen
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Österreich besiegt Polen Ralf Rangnick, der Kabinenflüsterer

Stand: 21.06.2024 23:41 Uhr

Lange zitterte Österreich. Auch weil Polen einen guten Plan ausgetüftelt hatte. Doch während Lewandowski diesen nicht veredeln konnte, drehte Österreichs Baumgartner auf - dank besonderer Doppel-Motivation seines Trainers.

Von Johannes Mohren, Berlin

Christoph Baumgartner wusste genau, wo er hinwollte. Und so zielsicher, wie er zuvor die Lücke in Polens Abwehr gefunden hatte, bahnte sich der 24-Jährige nun auch den Weg direkt in die Arme von Ralf Rangnick. Der Mittelfeldspieler der Österreicher und sein Trainer herzten sich überschwänglich. Das ÖFB-Team führte mit 2:1.

Rangnick, der Kabinenflüsterer

Dieser kleine Ausschnitt des großen österreichischen Jubelbildes in dieser 66. Minute zeigte, was für eine Last von der Mannschaft abfiel - und eben auch von Rangnick und Baumgartner. Es sind zwei, die ganz genau wissen, was sie aneinander haben. Im Verein bei RB Leipzig ist Baumgartner oft Reserve-, bei Rangnick unumstrittener Unterschiedsspieler.

"Er unterstützt mich tagtäglich brutal", sagte Baumgartner über seinen Nationalmannschafts-Coach. Da saß er kurz nach Abpfiff auf dem Pressepodium in den Katakomben des Olympiastadions. Es ist ein Termin, der zu den freudigeren Verpflichtungen zählt. Denn sie fällt immer dem Spieler zu, der als "Player of the Match" ausgezeichnet wird.

Baumgartner erzählte offen über das Innenleben der Kabine. Rangnick habe sich in der Halbzeitpause zwei, drei Minuten nur für ihn Zeit genommen und ihm gut zugesprochen: "Davor war es nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Mir hat etwas gefehlt. Er hat mir sehr viel Kraft gegeben. Was er für uns auf sich nimmt, ist beeindruckend."

Baumgartner: "Wir sind alle extrem erleichtert"

Seine Jubelroute in Rangnicks Arme war deshalb vorgezeichnet. Ein kleines Dankeschön, in einem besonders intensiven Moment. "Wir sind alle extrem erleichtert", sagte der Offensivspieler. Es sei ein "brutaler Druck" gewesen. Den habe er "gestern schon den ganzen Tag über gemerkt. Der Mittagsschlaf war sehr kurz. Da ist nicht viel gegangen."

Dem Spiel der Österreicher war dieses Defizit zunächst nicht anzumerken. Es war alles andere als müde. Die ersten 20 Minuten, sagte auch Rangnick anerkennend, "waren nahezu perfekt. Da hätten wir höher führen müssen." Doch es traf nur Gernot Trauner, der mit dem Freiburger Philipp Lienhart die runderneuerte Innenverteidigung bildete.

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Polens Probierz überrascht mit Aufstellung

Danach schlichen sich aber mehr und mehr Ballverluste ein. Die österreichische Souveränität? Im Eiltempo dahin. Polen nutzte das und wurde immer offensiver - und das, obwohl Stürmerstar Robert Lewandowski das Spiel seines Teams nur von der Bank aus dirigierte.

Sein Trainer Michal Probierz hatte mit der Aufstellung alle überrascht - Ralf Rangnick inklusive. Denn auch der hatte mit seiner Personal-Prognose danebengelegen. "Wir gehen davon aus, dass Lewa spielen und auch Karol Świderski anfangen wird", hatte Österreichs Coach bei der Pressekonferenz am Donnerstag gesagt. Ein Irrtum.

Piątek jubelt an alter Wirkungsstätte

Zwar setzte Probierz - anders als noch gegen die Niederlande - auf sein gewohntes 3-5-2-System mit Doppelspitze. Doch Polens zuletzt verletzter A-Sturm saß noch auf der Bank. Stattdessen startete an der Seite des Auftaktspiel-Torschützen Adam Buksa überraschend der Ex-Herthaner und Olympiastadion-Experte Krzysztof Piątek.

Und während Lewandowski, eng begleitet von den TV-Kameras, doch irgendwie im Rampenlicht stand - als Fotomotiv, als Analyst, als Einflüsterer - erzielte sein Vertreter das 1:1. Der 28-Jährige traf bei seinem EM-Debüt mit seinem ersten Torschuss. Und das ausgerechnet vor der Ostkurve, in der sonst die treuen Anhänger von Hertha BSC stehen. Dem Verein, für den Piątek einst spielte, aber nur wenige Glücksmomente erlebte.

Lewandowski kann nicht liefern

Das so wichtige Spiel war nun völlig offen. Und als sich Robert Lewandowski - gemeinsam mit seinem A-Sturm-Partner Świderski - in der 56. Minute für die Einwechslung bereit machte, schallten nicht nur direkt rhythmische Sprechchöre mit seinem Namen durchs Olympiastadion. Es schien auch so, als habe Probierz den perfekten Matchplan gewählt.

Polen gegen Österreich - die Analyse

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Aber es kam gänzlich anders. Für einen Push sorgte Lewandowski nur kurz auf den Rängen. Auf dem Spielfeld war ein mit Gelb bestraftes Foul seine auffälligste Aktion. Der 35-Jährige musste - mit nur neun Ballkontakten - wirkungslos zuschauen, wie die Österreicher die Initiative übernahmen und Polen Richtung EM-Aus manövrierten. Allen voran Christoph Baumgartner, den Rangnick nicht nur verbal gepusht, sondern ihn auch auf seine Lieblingsposition in die Mitte gezogen hatte.

Jubel-Emoji auf der Fahrt zum Spiel

Mit seinem Tor zum 2:1 hat Baumgartner nun in sechs der vergangenen sieben Länderspiele getroffen. Nur in der EM-Auftaktpartie gegen Frankreich legte er - trotz hervorragender Chance - eine unfreiwillige Pause ein. "Da hinterfragt sich jeder. Ich mich auch. Aber das ist einfach der Fußball, es funktioniert nicht immer alles zu hundert Prozent, wie man sich das vorstellt", sagte der 24-Jährige.

Gerade dann tut die Wertschätzung gut, die ihm der Trainer entgegenbringt. Sei es in der Halbzeitpause (Rangnick: "Ich habe ihm gesagt: Baumi, du bist für uns so ein wichtiger Spieler, wir brauchen dich mindestens mal in Normalform"). Oder aber auch schon auf der Fahrt zum Spiel. Da schickte der Coach seinem Unterschiedsspieler ein Emoji, wie er es nannte. Es zeigte Baumgartner jubelnd im Trikot von RB Leipzig.

Mit Blick auf die erste Hälfte, scherzte Rangnick befreit, sei das vielleicht "gar keine so gute Idee" gewesen. Doch das Spiel nahm ja noch seinen bekannten Lauf. Mit Marko Arnautovićs Elfmetertor zum 3:1 als Schlusspunkt. "Wir werden das genießen, und dann voller Fokus auf die Holländer", sagte Baumgartner. Er und sein Team wissen nun, wie die (Jubel-)Route zum Erfolg aussieht.