Granit Xhaka und Murat Yakin im Gespräch

Wundersames Comeback des Schweiz-Trainers Murat Yakin - fast gefeuert, jetzt gefeiert

Stand: 06.07.2024 00:03 Uhr

1:6 gegen Portugal, dann eine Quali zum Weglaufen und Stress mit Kapitän Granit Xhaka: Murat Yakin stand vor dem Aus. Alles vergessen - jetzt wird der Schweiz-Coach plötzlich gefeiert.

Harte Kritik der schweizerischen Öffentlichkeit, der Tod der Mutter, der drohende Rauswurf, und dann tauchten auch noch seine Luxusuhren bei einem Hells-Angels-Mitglied auf. Nein, einfach waren die vergangenen Monate für den Schweizer Nationaltrainer Murat Yakin wirklich nicht.

"Man kann schon sagen, dass ich zuletzt einiges erlebt habe", sagt der ehemalige Bundesligaprofi. Doch bei der EM hat sich das Blatt gewendet, aus dem heftig Kritisierten ist ein heiß Begehrter geworden. Das 1:1 gegen Deutschland, vor allem aber das 2:0 im Achtelfinale gegen Italien haben Yakins Ruf als Taktikfuchs gestärkt. "Yakin coacht bei dieser EM die Gegner mit schöner Regelmäßigkeit aus", schrieb die "Basler Zeitung", die Schweiz werde "in Taktik-Blogs als neues Hipster-Team gefeiert".

Vertrag läuft aus - angeblich Angebote aus Saudi Arabien

Sollte am Samstag (06.07.2024) 18 Uhr/Live-Ticker und Audiostream bei sportschau.de) in Düsseldorf gegen England sogar der Einzug ins Halbfinale gelingen, dürfte der Hype noch zunehmen. Besonders pikant: Yakins Vertrag mit dem Schweizer Verband läuft nach der EM aus, zuletzt soll es Angebote aus Saudi-Arabien gegeben haben.

Der 49-Jährige, der einst für den VfB Stuttgart und den 1. FC Kaiserslautern auflief, dementiert das. "Es gibt kein anderes Angebot", sagt er. Nach der EM werde er gemeinsam mit dem Verband "nach einer Möglichkeit suchen". Seine Verhandlungsposition ist jedenfalls bestens. Kaum zu glauben, dass Yakin noch im Herbst vor dem Aus stand.

Peinliche Quali: Nur vier Siege aus zehn Spielen

Schon nach der 1:6-Klatsche im WM-Achtelfinale gegen Portugal 2022 war der Gegenwind heftig geworden, die folgende EM-Qualifikation überstand die Schweiz nur mit Ach und Krach. Peinlich: In einer an Qualität wirklich überschaubaren Gruppe mit Rumänien, Israel, Belarus, Kosovo und Andorra gewann die Schweiz von zehn Spielen ganze vier.

Viele sahen in Yakin den Schuldigen. "Kritik gehört dazu. Ich hatte damals auch persönlich eine traurige und schwierige Zeit wegen des Todes meiner Mutter", sagte er später der "NZZ": "Ich bin lange genug im Geschäft dabei und weiß genau, wie es funktioniert. Aber ich muss mir nicht alles gefallen lassen."

Yakin erklärt Kontakt zu Hells-Angels-Mitglied

Hinzu kamen Schlagzeilen über den Kontakt zu einem Hells-Angels-Mitglied mit äußerst fragwürdigem Ruf. Dieses "hatte Ende 2020 aktiv Kontakt zu mir gesucht, weil er wusste, dass ich eine kleinere Uhrensammlung besitze. Er hat mir angeboten, beim Verkauf einzelner Uhren behilflich zu sein", sagte Yakin später der "NZZ". Doch Yakin wurde offenbar betrogen, als Geschädigter verlange er nun sein Eigentum zurück.

Bei der EM ist das alles in den Hintergrund gerückt. Auch die Dissonanzen mit Kapitän Granit Xhaka sind nach einer Aussprache ausgeräumt. Die Folge sind starke Auftritte der "Nati" und ein völlig neues Selbstvertrauen. So wie gegen Italien. "Als wir sahen, dass sie mit einer Viererkette kommen, wussten wir: Die machen wir platt", sagte Yakin später. England sollte also gewarnt sein.

Xhaka hat Adduktorenprobleme auskuriert

Auch deshalb, weil Xhaka rechtzeitig vor der Partie seine Adduktorenprobleme auskuriert hat. Der Kapitän musste im Training zuletzt etwas kürzertreten, doch am Abend vor dem Match stellte Yakin bei der Abschlusspressekonferenz in der Düsseldorfer Arena klar: "Er ist fit, und ich zähle voll auf ihn."