Rumänien vor EM-Achtelfinale Mit Hagi zurück auf der Weltbühne
Rumänien steht erstmals seit 2000 bei einem großen Turnier in der K.o.-Runde. Damals wie heute steht auf dem rumänischen Trikot mit der Nummer "10" der Name Hagi.
Gheorghe Hagi dürfte keine guten Erinnerungen an sein letztes Länderspiel haben. Im Viertelfinale der Europameisterschaft 2000 spielte Rumänien gegen Italien. Das Team um seinen 35-jährigen Altstar hatte zuvor in der Gruppenphase unter anderem Deutschland hinter sich gelassen.
Gegen Italien aber verlor Rumänien mit 0:2. Gheorghe Hagi sah die Gelb-Rote Karte nach einer vermeintlichen Schwalbe. Mit seinem 125. Länderspiel endete eine der erfolgreichsten Zeiten des rumänischen Nationalteams: Zwei EM- und drei WM-Teilnahmen, die untrennbar mit dem Namen Hagi verbunden sind.
Gheorghe Hagi bei seinem letzten großen Turnier 2000 in Aktion.
Ianis Hagi begeisterte 2019 bei der Junioren-EM
2019 fiel sein Sohn Ianis Hagi erstmals in der Fußballwelt auf. Rumänien stürmte als Überraschungsteam bis ins Halbfinale der U21-Europameisterschaft. Ianis Hagi war eine der Entdeckungen des Turniers, erzielte zwei Tore und bereitete ein weiteres vor. Deshalb und wegen seines Namens galt er fortan als heiße Aktie auf dem europäischen Transfermarkt.
Hagi wechselte zunächst für fast fünf Millionen Euro ins belgische Genk, ein halbes Jahr später weiter zu den Glasgow Rangers. Der technisch starke, schnelle Flügelspieler wurde Stammspieler in der schottischen Liga und überzeugte auch in der Europa League.
Lange Verletzungspause in jungen Jahren
Im Januar 2022 allerdings stoppte ihn eine Knieverletzung: Wegen eines Kreuzbandrisses fiel er ein komplettes Kalenderjahr aus. Bei den Rangers wurde Hagi anschließend nicht mehr glücklich. In der abgelaufenen Saison spielte er zur Leihe bei Deportivo Alavés in Spanien. Nur zwei Vorlagen gelangen ihm in "La Liga".
Auch im Nationalteam sind inzwischen andere aus dem U21-Jahrgang an ihm vorbei gezogen. Mit Radu Drăgușin von den Tottenham Hotspur hat Rumänien zudem wieder einen echten Star.
So stand Hagi bei dieser Europameisterschaft in Deutschland bislang nicht im Fokus. Erst im letzten Gruppenspiel gegen die Slowakei durfte er mal von Beginn spielen. Hagi holte einen Elfmeter heraus, den Răzvan Marin zum 1:1 verwandelte. Anschließend orchestrierte er die Feier vor den rumänischen Fans mit einem Megaphon.
"Hagis Kinder" prägen Rumäniens Nationalteam
Die Reise mit der Nationalmannschaft muss für ihn wie eine Klassenfahrt sein. Viele Teamkameraden kennt Ianis Hagi seit Jahren. Aus den Juniorennationalteams oder noch länger - mit einigen von ihnen spielt er zusammen, seit sie zehn Jahre alt sind. Dafür ist Vater Gheorghe verantwortlich. Die Legende hat einiges für den Fußball in ihrem Heimatland getan.
Gheorghe Hagi gründete 2009 eine eigene Fußballakademie und den zugehörigen Klub Viitorul Constanța. Der Spitzname des Vereins lautete fortan "Hagis Kinder", wegen der Konzentration auf die Nachwuchsförderung. Fünf aktuelle Nationalspieler Rumäniens lernten hier das Fußballspielen: Alexandru Cicâldău, Denis Drăguș, Răzvan Marin, Florinel Coman und Ianis Hagi.
"Er mag Druck" - sagt der Vater
Richtige Kinder hat Gheorghe Hagi nur zwei - eine Tochter und einen Sohn. Die Vergleiche mit dem Vater sind für Ianis Hagi deshalb unvermeidbar. "Wenn man einen so berühmten Vater hat, dessen Namen die Fans noch heute im Stadion rufen, hat man eine immense Verantwortung", sagt er in einem Interview mit der UEFA.
Sein Vater hat wenig dafür getan, um seinem Sohn die Bürde zu nehmen. "Er mag den Druck", sagte Hagi Senior zu Beginn der Profikarriere seines Sohnes "The Athletic". Als der Junior gerade mal 16 Jahre alt war, hatte er der "Times" bereits gesagt, sein Sohn werde eines Tages Kapitän der Nationalmannschaft sein.
Hagi mit der Kapitänsbinde - 24 Jahre nach dem Vater
Diese Prophezeiung ist kurz vor der Europameisterschaft schon Realität geworden. Im letzten Testspiel vor dem Turnier, gegen Liechtenstein, führte Ianis Hagi das rumänische Team erstmals als Mannschaftskapitän aufs Feld, 24 Jahre nachdem sein Vater die Binde letztmals abgelegt hatte. Es war aber eher ein symbolischer Akt. Im Turnier ist Nicolae Stanciu der Kapitän.
Am Dienstag (02.07.2024, 18 Uhr, live im Stream) tritt Rumänien gegen die Niederlande erstmals seit 2000 wieder in einem K.o.-Spiel bei einer EM an. Diesmal werden sich die Augen der Welt nicht automatisch auf die rumänische Nummer zehn richten. Dafür müsste Ianis Hagi schon etwas besonderes leisten.